Wahnvorstellung

Hallo Zusammen!
Schon lange Zeit lese ich hier im Forum. Nun habe ich mal eine Frage. Bei meiner Mutter ( 71 Jahre) wurde vor 2 Jahren vaskuläre Demenz festgestellt. Seit einiger Zeit fragt sie immer, wenn sie Fernsehen schaut,warum der Mann/Frau sie so aschauen und was sie von ihr wollen?!Zuerst dachte ich sie mache einen Scherz, denn sie ist zur Zeit immer richtig gut drauf und macht viele Scherze mit uns Kindern.Aber gestern sagte sie es mir ganz ernst und sagte auch, sie ginge dann jetzt halt immer aus dem Raum, wenn sie wieder einer anspricht. Gehört dies auch zum normalen Krankheitsverlauf?
Sie lebt noch in ihrer Wohnung uns es kommt täglich jemand vom Pflegedienst für ca.2 Stunden und wir Kinder sind täglich da.Bisher klappt noch alles ganz gut so und wir möchten sie so lange es geht in ihrer Wohnung lassen.
Lieben Dank für Eure Antworten im voraus.
Ursula

Kommentare

  • Liebe Ursula,

    ich glaube, das, was Du gerade mit Deiner Mutter erlebst, gehört dazu. Sie kann in solchen Momenten nicht mehr unterscheiden, was an direkter Information für sie bestimmt ist, wer sie anspricht, und was gerade im TV abläuft und dass es nicht für sie persönlich bestimmt ist.

    So war es bei meiner Mutter auch, sie plapperte allerdings munter mit dem Sprecher im Fernsehen, was uns zuerst auch erheiterte, wir dachten, sie macht Spaß. Bis sie irgendwann eine Gerichtssendung anschaute und furchtbare Angst bekam, dass sie ins Gefängnis muss, weil die Richterin so streng mit ihr spricht. Da ist es uns auch ganz anders geworden und wir hatten Mühe, ihr die Situation so zu "verkaufen", dass sie sich wieder beruhigte.

    Wir sind nun darauf umgestiegen, ihr - von uns vorgeprüfte - harmlose DVDs zu zeigen, zum Glück hört sie sehr gern Musik, da bekommt sie Dauerbeschallung mit klassischer Musik, was ihr auch sehr gut gefällt. Es gibt auch so eine Trickfilmserie "Der kleine Maulwurf", die hat sie und kann sie immer wieder anschauen, zumal sie auch einen Plüschmaulwurf hat, der dann getröstet wird von ihr, wenn er im Trickfilm nicht gut wegkommt.

    Nimm mir bitte einen wirklich gut gemeinten Rat aus eigener Erfahrung nicht übel: Wenn sie noch in ihrer Wohnung leben kann, ist es gut. Aber habt keine Scheu davor, sie in eine gute Pflegeeinrichtung zu geben, wenn es für ihre eigene Sicherheit erforderlich ist. Ich habe auch lange mit mir gerungen und ein schlechtes Gewissen gehabt, doch ich weiß jetzt, dass ein zu langes Warten nur für alle eine Quälerei ist und meine Mum ist - mit inzwischen fortgeschrittener Demenz - in ihrer Senioren-Pflege-WG mit Demenz-Schwerpunkt glücklich. Sie fühlt sich wohl, das spüre ich und hilft auch, mit der Krankheit umzugehen, obwohl es schwer ist für die Kinder, wenn die Eltern wieder geistig zu Kleinkindern werden.

    Ich wünsch Dir ganz viel Kraft, für Dich, Deinen Alltag, Deine Mama und Deine Familie
    Brigitte
  • Hallo Brigitte!
    Lieben Dank für Deine Antwort.
    Das mit der CD ist ein guter Tip, den wir mit Sicherheit mal ausprobieren werden.Musik mag sie
    auch sehr gerne und singt dann immer laut mit. Das hätte sie früher nie gemacht, sie war immer ein sehr ernster Mensch. So oft wie sie an manchen Tagen lacht in letzter Zeit, hat sie an all den Jahren zuvor nie gelacht!
    Das wir irgendwann nicht mehr um eine Pflegeeinrichtung herumkommen, ist uns klar, aber wir haben auch Angst davor, denn oft hört man, dass es dann noch ein Stückchen weiter bergab geht mit den Demenz-Kranken.
    Wir versuchen immer uns in sie hinein zu versetzen,ob es ihr so gut geht oder nicht. Aber ich glaube als gesunder Mensch kann man es nicht.
    Es tut schon weh, wenn man sieht, wie sie sich zurück entwickelt, aber ich denke mal, das Gefühl kennen alle Angehörigen.
    Lieben Dank für`s "Zuhören"
    Ursula
  • Liebe Ursula,

    genauso ist es bei meiner Mutter auch. Früher war sie eine starke, durchsetzungsfähige, vielleicht ein bisschen zu ernste Frau; heute ist sie wie ein kleines Kind, freut sich, lacht viel ... viel mehr als früher. Sie hat von uns einen Plüschbiber geschenkt bekommen, mit dem spielt sie gern und plappert mit ihm, da lacht sie, freut sich und sieht glücklich aus.

    Hm, was Deine Sorge mit der Pflegeeinrichtung betrifft, das kann ich sehr gut verstehen, aber: wir haben, da meine Mum schon lange pflegebedürftig ist, mit ihr gemeinsam eine Senioren-Pflege-WG in einem Pflegeheim ausgesucht und dabei (es war wohl von uns das Gefühl im "kleinen Finger") darauf geachtet, dass das Pflegepersonal spezialisiert ist auf alterstypische Erkrankungen, d.h. auf z.B. Demenzerkrankungen, extreme Beweglichkeitseinschränkungen usw. Wir können guten Gewissens sagen, dass sich die Mama dort wohlfühlt, sie entsprechend ihres Gesundheits- und täglich unterschiedlichen Befindlichkeitszustands ganz liebevoll behandelt wird, dass mit ihr Beschäftigung erfolgt, also auch mit ihr gespielt wird und sie eine altersgerechte Kost bekommt. Wir haben uns das auch unangemeldet und zu den unterschiedlichsten Zeiten angeschaut, die Schwestern und Pfleger sind wirklich super - und Mamas Zustand wird nicht besser, das ist bei der Krankheit so, aber es tut ihr gut dort - und ich weiß eins: Diese Pflege hätte ich nicht so bewerkstelligen können.

    Das tut sehr weh, diese Entwicklung zu erleben, aber ich bin auf dem Weg zu lernen, dass es wirklichen Kontakt nur über die Gefühlsebene gibt - es ist das einzige, was die von Demenz Betroffenen auf ihre Weise verstehen, auch wenn es uns allen wohl sehr wehtut, nahegeht, nicht verstehbar ist.

    Ich wünsch Dir alles Liebe und viel Kraft und Mut und die Liebe zu Deiner Mum.
    Brigitte
Anmelden oder Registrieren, um zu kommentieren.