Ab wann nicht mehr Auto fahren bei Demenz?

Mein Vater hat Demenz. Mir ist die Erkrankung seit 2003 bekannt. Seit wann er die Krankheit hat, weiß ich nicht genau, da meine Mutter vorher nicht darüber geredet hat.
Auch jetzt erfahre ich nicht viel über meinen Vater und seine Erkrankung.
Am meisten mache ich mir darüber Sorgen, dass er immer noch Auto fährt.
Wie ist das bei euch?
Ab wann sind eure Angehörigen nicht mehr Auto gefahren?
Ich merke das er sehr unsicher fährt, wie verträumt. Auch die Reaktion ist sehr verzögert. Mit meiner Mutter, die ihn betreut, kann ich darüber nicht reden. Sie sieht die Probleme nicht. Sie will auf ihre Bequemlichkeit nicht verzichten.
Ich weiß mir keinen Rat mehr.


Liebe Grüße Ines

Kommentare

  • Hallo Ines !
    Ich konnte meinen Mann überzeugen . Er fuhr innerorts nur noch 30 und auf der Landstrasse maximal 70. Das ist aber leider nicht immer so.
    Du könntest mit der Polizei reden. Vielleicht hilft es.
    Viel Glück!

    LG Trudel
  • Hallo Trudel!

    Mein Vater ist ja eine zeitlang von sich aus nicht mehr gefahren, aber dann hat meine Mutter so lange auf ihn eingeredet, dass sie ja sonst alle Einkäufe schleppen muss usw. und das er ja angeblich so gut noch fährt, dass er dann wieder gefahren ist.
    Er fährt in den Ortschaften recht schnell. Übersieht schon mal ne rote Ampel, wenn man ihn nicht darauf aufmerksam macht. Bei gleichrangigen Straßen guckt er links aus dem Fenster beim Fahren und träumt und von rechts kommen die Auto. Oder er fährt an einem 30iger Schild vorbei mit 50 km/h und eine Weile später bremst er abrupt ab, so das ihm schon mal ein eichfolgender aufgefahren ist. Aber niemand hat gemerkt, dass mein Vater Demenz hat Leider!
    Meine Mutter begleitet ihn auch nicht zu seinem Arzt, da sie den Arzt nicht leiden kann. Er wollte, dass sie auch zu ihm in Behandlung kommt, da sie starke psyschische Probleme hat, die sie aber nicht wahr haben will. Es ist einfach nur schlimm und ich steh da und kann nichts machen. Meine Mutter nimmt keine Hilfe an. Sie betreut nebenher noch ihre 94 jährige Mutter, meine Oma, die aber geistig noch recht fit ist. Meine Mutter vergleicht immer und beschimpft dann meinen Vater wenn er etwas verkehrt macht. Und wehe ich sage was.
    Hab ihr auch schon Info über Demenz angeboten, aber sie will das nicht lesen. Sie weiß angeblich alles und ich hab ja eh keine Ahnung was sie durch macht.
    Ich setze mich schon seit Jahren damit auseinander und hole mir Infos bzw. frage andere Betroffene. Meine Mutter redet aber mit niemanden und macht meinen vater wenn nur schlecht. Es ist zum Heulen!


    LG Ines
  • Hallo Ines-ich finde es wirklich unverantwortlich, wenn ein Demenzkranker noch Auto fährt.Da Du die einzige bist, die diese gefährliche Situation einschätzen kann bzw die Gefahr erkennt-rate ich dir dringend, etwas zu unternehmen-bevor Schlimmeres passiert.Es gibt z B in jeder Stadt soz Dienste-die auch Hausbesuche machen und vielleicht besser wissen, wie man geschickt vorgehen kann.Arzt oder Polizei wäre ebenfalls eine Anlaufstelle.Wenn die Demenz schon seit 2003 besteht, ist sie ja auch schon in ein bestimmtes Stadium fortgeschritten.Du solltest dir wirklich dringend Hilfe holen-und versuchen, ein Fahrverbot zu erwirken-bevor deine Eltern oder unbeteiligte Personen zu Schaden kommen.Nicht auszudenken!Leider gibt es in unserem Land trotz tausender überflüssiger Regeln-Gesetze und Vorschriften kein Gesetz , was die Fahrtüchtigkeit alter Menschen prüft.Es wird höchste Zeit-denn es gibt sooo viele Demenzkranke hier, die nicht ihre Grenzen sehen wollen und können.Viel Erfolg!Gruß Petra
  • Hallo Petra, ist alles nicht so einfach hier. Meine Eltern wohnen in einer anderen Stadt als ich. Mein Vater geht aber hier irgendwo zum Arzt. Von einer Psychologin wurde mir geraten mich mit seinem Arzt in Verbindung zu setzen und ihm mitzuteilen, dass mein Vater immer noch fährt. Aber auch der kann nicht viel machen, außer zu sagen, dass mein Vater nicht fahren soll. Da meine Mutter nicht mit hin geht, erfährt sie nur das was mein Vater erzählt und das ist je nach seiner Tagesform nicht viel.
    Polizei macht da leider nichts. Wir könnten ihn beim TÜV testen lassen, aber das kostet nicht gerade wenig und das Geld dafür haben wir leider nicht und meine Mutter würde das nicht zu lassen. Ich sitz echt zwischen zwei Stühlen. Ich weiß es muss dringend was passieren, aber wenn ich da was einleite rastet nicht nur mein Vater aus sondern auch meine Mutter. Ich bin selber schon seit Jahren psyschisch am Ende, mach auch eine Therapie, da es mit meiner Mutter seit Jahren Probleme gibt. Mir wurde mal gesagt meine Mutter sei Beziehungsgestört. Sie kommt nicht damit klar, dass nicht alle so funktionieren, wie sie es für richtig hält. Man darf keine eigene Meinung haben. Und wenn sie bei mir nicht weiter kommt, dann macht sie meine Kinder fertig. Hab ich schon alles mehrfach durch.
    Auch ich finde es schlimm, dass der Gesetzgeber da bis heute keine Regelung gefunden hat. Man ist als Angehöriger echt machtlos.
    Am schlimmsten ist es auch für mich, dass ich nicht wirklich erfahre wie weit alles bei meinem Vater ist und wie seine Tests vom Gedächnistraining ausfallen. Ich weiß nur sie sind schlechter geworden.
    LG Ines
  • Beim Alzheimertreff hab ich ein Paar kennengelernt. er ist krank und fährt noch Auto. Sein Enkel ist vor kurzem von einem 85 jährigen totgefahren worden.Er fährt.... Ich weiß auch keine Lösung. hab der Frau empfohlen , was am Auto kaputt zu machen. Obs hilft ??Ich wünsch es.
  • Hallo liebe Ines-ich kann sehr gut verstehen-wie du dich fühlst-so machtlos und aber auch verantwortungsbewußt...!Es gibt vielleicht noch eine Möglichkeit-über die Haftpflichtversicherung des Autos deines Vaters.Uns wurde damals gesagt, dass meine Mutter (Alzheimer)z B nicht mehr alleine auf die Straße gehen sollte-da-falls etwas passiert-die Privathaftpflicht nicht zahlen würde-wenn sie hinterher von der Krankheit erfahren.Kannst du es nicht geschickt umgehen-dass deine Eltern gar nicht mitkriegen, wer hinter der Vorsichtsmaßnahme steckt?Oder ruf doch mal eine Alzheimer-Beratung an-sieh auf jeden Fall zu, dass er nicht mehr fahren darf und du außen vor bleibst-soll deine Mutter auf andere Institutionen sauer sein. LG Petra
  • Hallo Petra, ich weiß leider nicht wo meine Eltern versichert sind. Mir wurde auch schon gesagt, dass seine Autoversicherung nicht zahlen würde, wenn er einen Unfall hat und sie erfahren das er Demenz hat.
    Aus meine Mutter bekommt man nichts raus.
    LG Ines
  • Hallo Ines,

    du könntest versuchen, über den Zentralruf der Autoversicherer die Versicherung deiner Eltern zu erfahren. Die Nummer ist 0180/25026. Eigentlich sind die dafür da, wenn man einen Unfall hatte, aber vielleicht helfen sie dir auch weiter. Man braucht dazu nur das Auto-Kennzeichen. Ich würde an deiner Stelle alles versuchen, um deinen Vater vom Fahren abzuhalten. Wenn wirklich ein Unfall mit Personenschaden passiert, sind nicht nur Unschuldige davon betroffen, sondern deine Eltern müssten dann eventuell auch ihr Leben lang zahlen und würden alles verlieren, was sie noch haben.

    Gruß,
    Pit
  • Hallo Pit, das ist natürlich auch eine Idee. Daran hatte ich noch nicht gedacht. Ist einen Versuch wert. Muss ich beim nächsten Mal aufpassen wie sein kennzeichen ist. Kenn das nicht wirklich auswendig.
    Ist mir schon klar, dass da denn Unschuldige beteiligt sind. Ist ja auch das Hauptargument bei den Diskussionen mit meiner Mutter. Sie ist der Meinung, da er Berufskraftfahrer war, kann er sich einschätzen. So ein schwachsinn, sorry. Er kann das schon lange nicht mehr.
    Meine Mutter hat ihn mal mit einem Zettel zum Einkaufen geschickt mit Auto. Er sollte mehrere Läden anfahren, die in der ganzen Stadt verteilt sind. Er war ewig weg, war aber nur in einem Laden. Keiner weiß wo er sonst noch war. Nicht mal danach war meiner Mutter klar, dass das nicht mehr geht mit ihm.
    Hört sich jetzt blöd an, aber manchmal wünsche ichmir, er würde sich unterwegs verfahren, so das er irgendwann von der Polizei aufgegriffen wird. Es soll nichts passierem, nur das er einfach mal weg ist, damit meine Mutter endlich begreift was los ist. Anders lernt sie es nicht. Solange sie nicht begreift, dass er nicht mehr in der Lage ist zu fahren, wird er nicht noch einmal aufhören.
    Was auch schlimm ist, er wandert ja nachts und könnte jederzeit aus die Wohnung und mit dem Auto weg.
    Oft findet ihn meine Mutter schlafend auf dem Klo. Zum Glück schließt er "noch" nicht ab. Steckt nämlich ein Schlüssel in der Tür. Das Bad hat kein Fenster. Man käme nicht an ihn ran.
    Sind so viele Dinge wegen ihm de mich fast wahnsinnig machen. Es ist schlimm zu wissen, was für Gefahren dort sind, aber man kann nichts machen, weil man immer auf Granit stößt. Und um so mehr ich bei meiner Mutter wegen Arzt usw. nachfrage, um so weniger erzählt sie. Ich kann nur warten, wenn von ihr was kommt.

    LG Ines
  • Hallo Ines-ich denke, du solltest dich dringend an den sozialen Dienst der Stadt-in der d Eltern leben, wenden.-Mir ging es im Frühjahr ähnlich wie dir.Mein Vater pflegte meine an Alzheimer erkrankte Mutter-beide sind über 80J.Du kannst dir nicht vorstellen-wie da manchmal die Post abging.Die Nachbarn meiner Eltern beschwerten sich bei mir über die Überlastung meines Vaters.Alle sahen es-nur er nicht.Ich will nicht in Details gehen-aber ich möchte dir helfen.Ich ging in meiner Not zum soz.Dienst unserer Stadt.Hier arbeiten Mitarbeiter, die in dieser Thematik geschult sind - Angehörige kompetent beraten und sofort Hilfe leisten.
    Sie machen auch Hausbesuche.Du kannst dort alle Probleme schildern und bitten-dich außen vor zu lassen.Sie können z B einen Hausbesuch machen und zur Erklärung sagen, dass sie anonym Informationen bekamen und deine Mutter unterstützen wollen.Bei uns hat das gut geklappt- Papa war sogar gesprächsbereit und ließ sich viel erklären.Mehr-als von seiner Tochter-also mir.Es ist so viel einfacher-denn dann bleibst du unbeteiligt und bist nicht die "Böse", hast aber trotzdem verantwortlich gehandelt.Du brauchst keine Bedenken haben-selbst in unserer Kleinstadt werden hier viele Angehörige von Demenzkranken beraten.Dafür sind die Leute da.Du brauchst Entlastung und das Gefühl-nicht alles selbst schultern zu müssen!Nur Mut!Gruß Petra
  • Liebe Ines,

    wie alt sind Deine Eltern? Das, was Du schreibst, klingt sehr schwer. Aber Du bist jetzt als Tochter gefordert, da einzugreifen - vielleicht auch gegen den Willen Deiner Eltern.

    Bei der Schilderung Deiner Mutter habe ich den Eindruck, sie weiß recht genau, was los ist, aber sie möchte die Augen schließen davor. Verständlich, aber es wird nicht lange gutgehen.

    Auch wenn es brutal klingt, aber ich habe, als meine Mutter (sie ist jetzt 80) die Demenz verschärft auftrat, unter Betreuung (mit mir als Betreuerin) stellen lassen, damit ich sie schützen kann - zur Not auch vor sich selbst.

    Es war zwar recht harmlos, was sie anstellte, aber sie hatte das "Hobby", über Versandhäuser Sachen zu bestellen. Abgesehen davon, dass das recht teuer werden konnte, die letzte Bestellung, die sie auslöste, waren 100 St. Unterhosen und mehrere Großpackungen Kondome.

    Es klingt sehr hart, aber ich habe das aus Liebe zu ihr getan. Inzwischen hat sie sich geistig völlig aus dem normalen Leben ausgeklinkt - und ich weiß, es war gut, dass ich da einen Hebel eingelegt habe. Ich kann ihr damit ein sorgenfreies, sie nicht überforderndes Leben ermöglichen.

    Ich würde Dir auch empfehlen, Dich umzusehen nach einer entsprechenden Wohnmöglichkeit, z.B. Betreutes Wohnen. Das würde Deine Eltern nicht auseinanderreißen, im Falle einer Verstärkung der Demenz ist Hilfe für Deinen Vater und Deine Mutter da und sie könnten in dem Rahmen, den die Gesundheit der Beiden zulässt, weiter zusammenleben.

    Ich wünsch Dir ganz viel Kraft, auch gerade bei den Schritten und Wegen, die Deine Eltern erstmal nicht als Hilfe betrachten werden - aber bei Demenz werden die Eltern zu Kindern und die erwachsenen Kinder werden zu den Eltern ihrer Eltern ... Der Verantwortung musst Du Dir bewusst sein.

    Liebe Grüße
    Brigitte
  • Hallo Brigitte!

    Mein Vater wird dieses Jahr 70. Wie gesagt, seit 2003 ist mir die Demenz von meinem Vater bekannt. Seit wann meine Mutter weiß, dass er Demenz hat, weiß ich nicht, denn sie redet nicht wirklich darüber.
    Meine Mutter würde nie mit meinem Vater in eine betreute Einrichtung geben. Sie würde auch nie meinen Vater dorthin geben. Sie will das unbedingt alleine machen, so wie sie meine verstorbene Oma, ihren verstorbenen Vater und auch jetzt ihre Mutter betreut.
    Sie ist mit den Nerven am Ende, macht alle dafür verantwortlich, aber will keine Hilfe.
    Sie vergleicht ihre Mutter, die mit fast 95 Jahren geistig noch total fit ist, mit meinem Demenzkranken Vater. Wie kann es sein, dass so ein alter Mensch noch so fit ist und ihr eigener Mann nicht. Sie beschimpft ihn deshalb, denn es kann nun mal nicht sein, dass ein wesentlich jüngerer Mensch kranker ist, als ihre alte Mutter.
    Will man ihr wenigstens durchs Tips Hilfe geben, dann wird man von ihr beschimpft, dass man keine Ahnung hat und das stimmt alles nicht.
    Das schlimme ist, sie redet immer vor meinem Vater schlecht über ihn. Was er wieder alles vergessen hat usw., wenn man dann aber sagt, dass das doch normal ist, dann ist man der Dumme, der keine Ahnung hat und das stimmt alles nicht.
    Mein Vater wandert oft nachts. Geht dann aufs Klo und schläft da ein. Meine Mutter schläft mit Ohrstöpsel, damit sie ihn nicht hört. Bis heute steckt immer noch ein Schlüssel in der Badtür. Bis jetzt hat er noch nicht abgeschlossen, aber ich denke, dass wird auch irgendwann passieren und dann? Man kommt so ins Bad nicht rein. Es hat kein Fenster. Ich habe schon oft gesagt, sie soll den Schlüssel weg machen, aber Vati schließt ja nicht ab.
    Auch der Autoschlüssel liegt immer griffbereit. Ich warte auf den Tag wo mein Vater mal weg ist. Vielleicht muss das erst passieren, damit sie sich endlich damit befaßt.
    Sie sollte ja auch beim Neurologen von meinem Vater mit in die begleitende Behandlung, aber sie geht nicht. Sie geht auch so nicht zu den Arztgesprächen. Sie ist der Meinung, mein Vater erzählt ihr alles. Das glaub ich nicht, denn gerade wenn er unter Stress steht vergißt er alles, bzw. erzählt was total anderes.
    Daher weiß ich auch nicht, wie der Stand bei meinem vater von Seiten des Arztes ist.
    Jetzt will meine Mutter demnächst meinen Vater samt Hund mit Auto in den Urlaub schicken, weil sie in ihrer Wohnung den Fußboden machen lassen will und die Wohnung renovieren lassen will. Wo ich das hörte bin ich fast explodiert. Bloß alles reden nützt nicht.
    Ich bin selber seit gut einem Jahr in psychologischer Bertreuung. Ich hab leider nicht die Kraft mich so für meinen Vater einzusetzen, wie es nötig wär. Ich muss selber sehen, dass ich selber erst wieder Kraft tanke.
    Vor kurzem haben wir auch noch erfahren, dass der Vater von meinem Mann Parkinson hat. Uns stehen also noch sehr schwere Jahre bevor.
    Mein Mann hat wenigstens noch Geschwister an seiner Seite, obwohl die nicht immer wirklich Hilfe sind, da sie eine andere Einstellung haben und sehr weit weg wohnen, aber er kann telefonieren. Ich habe aber keine Unterstützung, keine Geschwister und die sonstigen Verwandten hat meine Mutter schon vor Jahren vergrault bzw. wohnen sie weit weg und wissen nicht, dass mein Vater Demenz hat, denn in den Augen meiner Mutter ist das immer noch eine Schande und da redet man doch nicht drüber. Aber dann aufregen, wenn sie keine Hilfe bekommt bzw. manche Menschen nicht wissen wie sie mit meinem Vater umgehen sollen.

    LG Ines
  • War heute mit meinem Opa beim Neurologe und der meinte auf die Frage, wie es denn mit Autofahren aussieht "Über diese Frage reden wir nicht, die vergessen wir wieder, da sage ich nichts dazu, da äußere ich mich nicht, gehen Sie doch mal zum TÜV oder so". Bin immernoch baff, da mir dieser Arzt als besonders gut im Umgang mit Alzheimer empfohlen wurde...
  • Das Thema Demezkranker-fährt-noch-Auto hat auch mich Schweiß, Blut und Tränen gekostet!
    In meinen Fall kam erschwerend hinzu, daß die rein "handwerklichen" Fähigkeiten des Fahrens noch voll da waren. Geschickt wurde aus der engen Garage manövriert, und es ging ja "nur" um die paar gelegentlichen Kilometer zum Supermarkt.
    Allerdings wurden Fahrten vom Demenzkranken selbst schon vielfach gemieden: keine Fahrten bei Dunkelheit, Angst vor Glätte, Angst vor Autobahn, Spritzwasser, LKW´s, höheren Geschwindigkeiten.
    Das klingt eigentlich gut, oder?
    Und dennoch habe ich mir die Nägel abgekaut vor Angst, der Demenzkranke könne einem Radfahrer die Vorfahrt nehmen, einen Fußgänger zu spät bemerken o.ä.. Denn ansonsten war er schon sehr schwer dementiell beeinträchtigt: Wahrnehmung, Reaktionsvermögen, realistisches Einschätzen von Situationen oder Umgang mit Unvorhergesehenem klappte alles gar nicht mehr.
    Erschwerend hinzu kam die Wohnsituation auf dem Dorf, wo eine Selbstversorgung ohne Auto quasi unmöglich ist.
    Außerdem war das Auto immer noch das Symbol für Eigenständigkeit und Freiheit.
    Eine eigene Einsicht in die nachlassenden Fähigkeiten gab es natürlich nicht! Der Demenzkranke war immer noch der Ansicht, er habe das Autofahren dreihundertprozetig im Griff und sei ein guter und geschickter, verantwortungsvoller Fahrer. Nie, und nochmals nie hätte er einer freiwilligen Begutachtungsfahrt durch den Tüv oder einen Fahrlehrer zugestimmt! Hatte er nicht nötig! Er konnte doch perfekt fahren!
    Und wenn die Polizei den Lappen eizieht - na und? Man kann doch auch ohne Fürerschein durch die Gegend kurven!
    Und daß der Hausarzt vom Autofahren abrät? Haha. Welcher Hausarzt? Der Demenzkranke sträubte sich konsequent gegen Ärzte aller Art und mißtraute den Weißkitteln zutiefst.
    Irgendwann kapitulierte er dann vor der Armaturenbrettbeleuchtung, den vielen Lämpchen und sich bewegenden Zeigern. Das Auto sei "irgendwie nicht in Ordnung".
    Für mich war das der Zeitpunkt, an dem ich mich zum Handeln gezwungen sah.
    Aber wie???
    Eine Manipulation des Autos hätte er "gerochen", er war ohnehin schon mißtrauisch, wenn es mal nicht gleicht ansprang: "hast Du da was dran gemacht??"
    Dann war da noch eine charakterbedingte Hartnäckigkeit, verbunden mit der hohen Bedeutung, die das Autofahren für den Kranken noch hatte.
    Mit einem angeblichen Defekt des Fahrzeugs hätte er sich nicht lange oder gar dauerhaft zufriedengegeben.
    Die Lügerei wäre mir auch unwürdig vorgekommen, bzw. ich hätte es selbst gar nicht fertiggebracht und durchgehalten, einen nahen Abgehörigen so zu verscheißern. Ich habe den Autoschlüssel dann ganz schlicht und hart weggenommen und das auch klar benannt.
    Natürlich gab das heftige Enttäuschung, Gefühlsausbrüche, Szenen. Daß meine Sorge im Vordergrund stand, wurde nicht begriffen und nicht ernst genommen. Das darf man auch von einem Alzheimerpatienten natürlich nicht erwarten.
    Er fühlte sich gedemütigt und verraten, litt furchtbar unter dem "Vertrauensbruch" -- und ich litt natürlich mit.
    Vielleicht war die Art und Weise nicht gut, dennoch stehe ich zu dem Schritt. Denn wenn jemand die Verantwortung selbst nicht mehr einschätzen kann, und ER SICH SELBST UND / ODER ANDERE GEFÄHRDET, darf man nicht einfach aus Konfliktscheu die Augen zukneifen und das Thema verdrängen. Meine Meinung.
    Lieber bade ich den dadurch entstehenden Konflikt mit dem Kranken aus, als daß ich mit der Tatsache leben müßte, daß jemand zum Krüppel würde -- oder noch Schlimmeres.
  • Ja, es scheint als ob das Autofahren immer ein ganz grosses Thema ist. Ich finde, es ist irgendwo nachvollziehbar, denn viele der Menschen der aelteren Generation sind ohne Autos aufgewachsen und es steht fuer soviel: Lebenserfolg, Unabhaengigkeit usw. Bei uns war das so: Ich wohne sehr weit von meinem Papi, war einen Monat bei ihm, er drei Monate bei mir, ich wieder einen Monat bei ihm. Er ist fuenf Monate lang nicht gefahren, und waehrend dieser fuenf Monate haben wir alle gepriesen, wie wunderbar es ist, kein Auto fahren zu muessen, Taxi, superbequemes Doerflein usw. usw. Ich war ueberzeugt, dass es ueberhaupt kein Thema mehr waere. In der letzten Woche, als wir zusammen waren, hat er nach seinem Auto gefragt. Ich hab gefleht, gebettelt, geredet und geredet, gebettelt und gefleht bis mir die die Zunge in Fusseln hing. Aber ich habe kein einziges Mal gesagt, dass ER nicht mehr kann. Ich hab gefaselt, ueber die aggressiven Fahrer, wie sich die Zeiten veraendert haben und dass ich verrueckt werden wuerde, wenn ihn jemand ueber den Haufen faehr usw. Geredet, gefleht, gebettelt .... Er hat mich ebenso flehentlich und bettelnd angeguckt und gesagt: Och noe (und unausgesprochen: Tu mir das nicht an). Ich war so verzweifelt, dass ich angefangen habe zu heulen. Das einzige Mal ... Er hat mich vollkommen entsetzt angestarrt und mitgeheult. Heute weiss ich, dass wir beide ueber etwas anderes geweint haben als ueber die Fahrerei. Jedenfalls hab ich ihm gesagt, dass ich ich so sehr liebe und nicht schlafen kann, wenn ich solche Angst um ihn haben muss. Die Demenzerkrankung war schon sehr weit und ich dachte, ich verkauf die Karre, bloss weg mit dem Ding. Aber wie erklaeren, wie die Wuerde wahren ...?

    Am naechsten Morgen steht er an meinem Bett und sagt: Ich moechte nicht, dass Du weinen musst, hier ist mein Fuehrerschein!!! Ich hab gar nicht glauben koennen, dass er sich ueberhaupt erinnert. Aber die Liebe hat gesiegt, sie war staerker als die Demenz. Wir sind zusammen zum Strassenverkehrsamt gefahren, er hat mich angestrahlt und gefragt, was wir denn da eigentlich wollen. Es hat keine Rolle mehr gespielt. Ich hab ihn in den Arm genommen und ihm versichert, dass er ueberall hinkommen wird, wo er hin will. Das hat aber auch keine Rolle mehr gespielt. Er war gluecklich, denn er war schon da, wo er hinwollte. Wir waren zusammen! Ich war ihm in dem Moment so dankbar ... Demenz ist schwer, aber sie birgt auch ganz viele Zaubermomente, wenn man das Herz gaaaanz weit oeffnen kann. ich weiss, dass mein Papi und ich viel Glueck in allem hatten und haben, aber vielleicht helfen unsere Erfahrungen auch jemandem anderem. Das weare schoen.
  • Liebe Nenna, Du hast wirklich Glück gehabt, bzw. Weisheit und ein gutes emotionales Empfinden für Deinen Vater! Es ist sicher sehr ermutigend für viele, auch mal ein Beispiel zu lesen, wo diese schwierige Klippe gut gemeistert wurde.
    Die Psyho-Profis raten genau das, was Du instinktiv getan hast: sich mit dem Kranken zu verbünden, nicht gegen ihn, sondern MIT ihm zusammen gegen äußere Feinde kämpfen, nicht selbst zum Feind werden!
    Ähnliches habe ich in anderen Situationen mit meinem Vater auch erlebt, oft ist erst durch die Krankheit auch einiges möglich, was vorher gar nicht denkbar gewesen wäre.
    Dennoch möchte ich anmerken: gerade so eine wichtige Angeegenheit wie das Autofahren läßt sich nicht immer und bei jedem mit Liebe "knacken".
    Ich selbst habe auch schon erlebt, daß Vati auf solche emotionalen Situationen schlecht reagierte: peinlich berührt, verständnislos, ja sogar verunsichert und verstört.
    Autoritär "tröstend", im Sinne von: "Du kleines Dummerle, brauchst Dir keine Sorgen zu machen, verlaß Dich drauf, ich habe das alles voll im Griff!"
    Verdrängend, unwirsch, man solle nicht so ein Theater machen und den Kranken nicht mit solchen Szenen behelligen, davon lasse er sich ohnehin nicht weichkochen.
    Das finde ich gerade das Schwierige an der Demenzerkrankung, daß es keine allgemeingültigen Empfehlungen für den Umgang gibt! Und selbst bei ein und demselben Menschen kann eine Verhaltensweise heute für ihn super sein, morgen ganz schlecht.
    Also in Kurzform: Du hast es super gemacht Nenna! Und danke für die Besinnung darauf, daß es wirklich die erste Priorität ist, mit dem Kranken in Liebe umzugehen. Und dabei viel Ausdauer und Geduld zu bewahren!
    Und ein klitzekleiner Freispruch für alle Situationen, in denen diese "Methode" nicht zum Erfolg führte, daß niemand das dann als persönliches Scheitern und Versagen ansieht!
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