Wetterfühligkeit bei Demenz

Meine Schwiegermutter (90 Jahre) lebt seit einem Jahr in einer Wohngruppe für Demenzerkrankte.
Ihr geht es dort sehr gut und sie fühlt sich auch wohl. Sie hat Tage,in denen sie ganz gut drauf ist. Man kann sich sogar noch mit ihr unterhalten. Es sind zwar immer die gleichen Sätze und Antworten aber sonst geht es dann.
An anderen Tagen, besonders bei Sturm ist sie nicht wieder zu erkennen. Dann schreit und tobt sie, schläft mehrere Tage nicht und hat die schlimmsten Halluzinationen.
Ich hätte gerne gewußt, ob diese Wetterfühligkeit bei anderen Demenzerkrankten auch vorkommt.

Liebe Grüße
Luci

Kommentare

  • Hallo Luci,

    eine gewisse Wetterfühligkeit beobachte ich schon auch. Es ist mir aber nicht so deutlich, bei welchem Wetter sich dies verbessert oder verschlechtert. Oder ist die vielleicht bei meiner Mutter generell Schwankungen unterworfen, was ich manchmal eher denke.

    Gerade war ich wieder mindestens 40 Min. bei ihr und habe direkt neben ihr gesessen. Da hat sie kein einziges Wort gesprochen. Wenn ich selbst ihr Fragen stelle, muss ich froh sein, wenn nach meiner 3. Wiederholung der gleichen Frage mal 1 oder 2 Wörter kommen von ihr.

    Dann kann es aber auch gleich mal sein, dass ich nach 4 oder 6 Wochen mal eine Situation mit ihr erlebe, wo sie sich äußert, wo sie hin muss oder dass sie nicht hier wohnt usw.
    Ich kann dann immer selbst kaum fassen, dass so viele Worte "am Stück" zu artikulieren bei ihr noch möglich ist.

    Aber ich erlebe bei all dem nicht, dass sie laut schreit oder tobt. Schon eher erlebe ich bei ihr Unruhe, z.Bsp. wenn Personen bei uns klingeln oder mein Mann vom Dienst zurück kommt. Sie denkt dann oft, dass sie auch weg muss oder so.
    Dagegen wirkt sie manchmal recht apathisch (allerings auch eher nur für mich). Wenn jemand anderes kommt kann sie sich immer sehr "verstellen" und lässt erkennen, dass es ihr sehr gut geht. In der nächsten Minute kann sie dann regelrecht zusammenrutschen...

    Wenn der Arzt da ist und fragt sie, wie es ihr geht, antwortet sie immer, dass es ihr sehr gut geht. Kaum ist der Arzt weg, wird oft gestöhnt.

    Viel Kraft wünsche ich Dir für alles.

    Herzliche Grüße
    Christine
  • Hallo Christine,

    bei Schwiegermutter war es auch zu Hause schon so,
    sobald sich das Wetter änderte, wurde die Nacht zum Tag gemacht. Tagsüber war sie auch kaum zu beruhigen. Es kam sogar soweit, dass wir den Arzt rufen mußten, der ihr dann eine Beruhigungsspritze gegeben hat.
    Auch alle anderen Aufregungen, z. B. die Wochen vor ihrem Geburtstag verlaufen so.(wobei sie natürlich nicht weiss, wann sie Geburtstag hat, oder wie alt sie wird./Oma wurde je nach Gemütslage,90, 100 oder 200 Jahre)Vor lauter Aufregung und Vorfreude auf ihren Geburtstag bringt sie dann alles durcheinander, dann erkennt sie ihre eigenen Familienangehörigen manchmal nicht mehr, oder sie fragt, wo denn nun endlich ihre Mutter bleibt.Wir würden ihr doch verheimlichen,dass sie schon tot ist usw.
    Dann wenn z.B. wie jetzt ihr Geburtstag da ist, ist sie die Queen von der ganzen Gruppe. Sie läßt sich feiern, strahlt den ganzen Tag und alle Leute sagen, dass Oma doch so fit erscheint. Danach allerdings fällt sie wie ein Kartenhaus wieder in sich zusammen.
    Es ist schon komisch,wie unterschiedlich die Verfassung sein kann.
    Ich bin sehr froh, dass sie in Ihrer Wohngruppe so gut aufgehoben ist. Schon deshalb, weil sie nie allein ist. Sie bewohnt die Gruppe mit noch sieben Demenzerkrankten,wo die Krankheit aber schon weiter fortgeschritten ist.
    Natürlich haben wir immer wieder mal ein total schlechtes Gefühl dabei, aber zuhause hätten wir das nicht mehr geschafft. Schwiegermutter sitzt im Rollstuhl, ist inkontinent und benötigt eine 24 Stunden Betreuung, die wir besonders nachts nicht mehr leisten konnten.

    Liebe Grüße
    Luci
  • Liebe Luci,

    Ich kann Euch nachfühlen, wie Eure Situation ist, da ich so vieles, was Du berichtest auch so erlebe.

    So einen Zustand haten wir bis vor 1 - 2 Jahren. Inzwischen ist die Inkontinenz zwar auch viel stärker geworden, besonders die Stuhlinkontinenz, aber dafür sitzt oder liegt meine Mutter mehr als vor einigen Monaten und räumt kaum noch Schränke aus oder klopft am Fenster die Nachbarschaft zusammen.
    Ich merke, dass es einfacher ist, sie mal für 1 oder 2 Stunden allein zu lassen, als einer Menschengruppe auszusetzen. Besuche verkraftet sie nicht gut. Da ist sie hinterher fix und fertig.

    Die Wohnung haben wir bei ihr im Erdgeschoss so alzheimertauglich wie nur möglich gemacht (Sicherung vom herd raus, spitze Gegenstände entfernt, die meisten Schränke abgeschlossen usw.)

    Allerdings muss ich mindestens 2 - 3 x pro Woche die Reste der Stuhlinkontinenz aus Polstern od. Teppisch beseitigen (sie hat zear Windelpants dran, macht die vollen aber auch ab oder setzt sich auf das Klo oben drauf usw.)
    Man kann nie sagen, wie lang man diese Pflege machen kann, obwohl mein Mann mich an den Vormittagen oft unterstützen kann und ich noch einige Stunden außer Haus in dieser Zeit arbeiten kann.

    Aber es kann auch schnell mal der Punkt kommen, wo ich anders entscheiden werde und habe auch die volle Unterstützung meines Mannes und meines Bruders (der 150 km weit weg wohnt), für diese Entscheidung (unserer 4 Söhne, die auch weit weg wohnen, ohnehin).

    Nochmals liebe Grüße von Christine
  • Liebe Christine,

    es ist bemerkenswert,wie Du Dich um Deine Mutter kümmerst. Es ist rund um die Uhr kaum auszuhalten, die Pflege zu übernehmen.
    Wir hatten das Glück, dass Schwiegermutter morgens von einer lieben Helferin betreut wurde, da ich halbtags beschäftigt bin. Des weiteren hatten wir auch noch den Pflegedienst eingeschaltet, der kam abends.
    Trotzdem war es nach etwa einem Jahr nicht mehr möglich, Oma zu betreuen. Es war schon eine große Last, nicht einmal für den Wochengroßeinkauf das Haus verlassen zu können, dann mußte immer jemand anderes da sein. Irgendwann fehlt die Luft zum Atmen.
    Wir haben 3 Kinder, die uns auch brauchen. Ich habe gemerkt, dass ich bei der Kleinen (15 J) vieles durchgehen lassen habe, weil die Kraft zur Auseinandersetzung einfach nicht mehr da war(schönstes Zickenalter. Ich war so mit den Nerven am Ende,dass ich schon abends wenn ich ins Bett ging, darauf gewartet habe, dass Oma ruft. Dementsprechend war dann der Schlaf. Meistens wurde sie ein bis zweimal wach in der Nacht. Dann hat sie das ganze Hause wachgerufen. Mein Mann und ich haben uns dann abgewechselt. Nur morgens um 5:00 Uhr ging der Wecker und die Arbeit rief. Unsere Jüngste Tochter schlief zuerst noch neben Oma in einem Zimmer. Das ging dann auch nicht mehr. Unsere Große (Studentin) hat dann ihr Zimmer zur Verfügung gestellt(hatte dann aber während ihrer Besuche selber kein Zimmer mehr).
    Irgendwann war es dann soweit, dass ich nur noch geheult habe und meine eigene Mutter (die auch gepflegt hat) mir gesagt hat, so geht es nicht weiter. Daraufhin haben mein Mann und ich die Geschwister informiert und haben von ihnen großes Verständnis erhalten. Wir haben dann gemeinsam eine Wohngemeinschaft für Demenzerkrankte gesucht.
    Oma kam dann während unseres Urlaubes in die Kurzzeitpflege und blieb dann zur Langzeitpflege.

    Ich kann Dir nur sagen, liebe Christine, denke auch an Dich. Ich freue mich für Dich, dass Deine Angehörigen auch auf Deiner Seite stehen.
    Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als diesen Druck der Angehörigen auch noch aushalten zu müssen.

    Ganz viel Kraft wünsche ich Dir noch.

    Liebe Grüße
    Luci
  • Liebe Luci,

    Ihr habt auf jeden Fall alles richtig gemacht!!!
    Es ist bei einer Alzheimer-Erkrankung wirklich von Fall zu Fall unterschiedlich und kann auch plötzlich sich absolut verändern...

    Dass ich (wir) die Möglichkeit haben, zu jeder Zeit Mutter auch abzugeben, entspannt mich sehr.
    Auch könnte ich die Pflege wohl nicht leisten, wenn die Wohnbedingungen hier (wo wir selbst erst vor reichlich 6 Jahren hergezogen sind und Mutter vor reichlich 5 Jahren nachgeholt haben), nicht so absolut günstig für meine Mutter wären.

    Dies darf und will ich auch nie vergessen zu benennen.
    Trotzdem muss ich mich auch jederzeit auf geänderte Bedingungen einrichten und weiss, dass dann Entscheideungen ganz anders aussehen können.

    Unsere 4 Söhne sind alle zw. 25 und 31 J., 3 davon sind verheiratet und der jüngere unserer Zwillinge ist seit 8 Monaten mit seinem Studium fertig und wohnt auch nicht mehr hier (Landkreis Meißen), sondern im weiteren Umfeld von Köln.
    So haben wir z.Zt. keine Verpflichtungen mehr in der Kindererziehung.

    Sei herzlich gegrüßt von Christine
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