...und plötzlich fällt er um :(

Hallo erst mal, ich habe mich gerade hier angemeldet, weil ich an einen Punkt gekommen bin, wo ich wirklich den Austausch mit anderen Betroffenen brauche... hoffe ich bin hier richtig und bekomme Hilfe.

Mein Vater, 76Jahre alt, sein Leben lang ein gestanderner erfolgreicher Mann, bekam vor etwa zwei Jahren die Diagnose Demenz. Es zeichnete sich schon früher ab, doch ich muss gestehen, zu Anfang schob man manches Verhalten auf die Tagesverfassung, aufs Alter ...man vergisst ja schon mal etwas...
Nun, seit wir die Diagnose haben, haben wir (meine Mutter und ich) uns mit der Krankheit auseinander gesetzt und versuchen den Alltag zu meistern. Wir leben in einem Haus in getrennten Wohnungen, so bekomme ich täglich alles mit. Der Verlauf der Krankheit geht sehr langsam voran, er nimmt seine Medikamente, ist sehr friedlich und umgänglich ... ein Glück!!!

Nun stellt sich seit einigen Wochen das Problem, dass er plötzlich und unerwartet stock steif wird, sein Gesichtsausdruck versteinert, er optisch um gefühlte 100 Jahre altert, und einfach nach hinten umfällt oder in sich zusammen sackt. Er ist nicht ansprechbar, braucht teilweise einige Minuten um zu sich zu kommen, verdreht dabei ganz fürchterlich die Augen, ringt nach Luft... und weiß nicht was passiert ist.

Es passiert beim spazieren gehen, oder wenn er abends auf dem Sofa sitzt und aufstehen möchte oder wenn er einfach nur im Garten steht ... also vollkommen ohne ersichtlichen Grund.
Die konsultierten Ärzte sagen, er sei ansonsten völlig gesund, es sei der ganz normale Krankheitsverlauf ?!?!

Hat jemand Erahrung mit ähnlichen Vorfällen und vielleicht Hilfe für mich???
Würde mich freuen etwas zu lesen, denn ...ich glaube ich muss es nicht sagen... aber es ist verdammt schwer das einfach so zu akzeptieren.

Herzlichen Dank im Voraus
Grüße Danah

Kommentare

  • Hallo Danah,

    welche Ärzte habt ihr denn konsultiert, Hausarzt oder Neurologe? Es ist ja schließlich gefährlich für deinen Vater, wenn er plötzlich hinfällt, da nur zu sagen "das ist halt so", finde ich schon sehr dürftig.

    Mein Mann hatte Anfang dieses Jahres einen schweren Schub, er wollte sich dann einfach hinsetzen, wo er gerade war, egal ob ein Sitz da war oder nicht (inzwischen läuft er gar nicht mehr, also hat sich das Problem gelöst).

    Aber nach deiner Beschreibung klingt das für mich ein bisschen wie ein leichter epileptischer Anfall, sprich doch den Neurologen nochmal an, ob das sein kann und ob er dagegen Medikamente verordnen kann.

    Viele Grüße und viel Erfolg
    Christel
  • Hallo Danah 66,

    ich möchte den Kommentar von Gitte noch ergänzen: Frage den Neurologen dann gleich auch, ob es an den Medikamenten liegen kann. Mein Mann fiel auch ständig um und konnte sich dann nicht mehr auf den Beinen halten (von noch schlimmeren körperlichen und geistigen Symptomen ganz zu schweigen).

    Nach einem Krankenhausaufenthalt musste er dann im Pflegeheim - zunächst in Kurzzeitpflege, dann stationär - gepflegt werden, weil Neurologe, Pflegeberatung, Pfleger, Hausarzt und ... und ... und übereinstimmend sagten, der Zustand sei krankheitsbedingt und eine Pflege zuhause nicht mehr leistbar. Im Verlauf eines nötigen Krankenhausaufenthalts wurden sämtliche neurologischen Medikamente ersatzlos gestrichen, weil mein Mann nicht mehr schlucken konnte. Nach der Rückverlegung ins Heim wurden die Medikamente zunächst noch weggelassen. Mein Mann konnte dann ganz schnell wieder schlucken, gehen, Treppen steigen, mit Besteck essen usw.. Da seine Demenz kein Alzheimer war, sondern eine Form von FTD, traten seine aggressiven Verhaltensänderungen wieder auf, so dass man nach und nach die Neuroleptika wieder einsetzte, um meinen Mann sozialverträglicher zu machen. Danach kam es sehr bald wieder zu den schlimmen körperlichen Symptomen. Nach einem Sturz unter Medikamenteneinwirkung, Oberschenkelhalsbruch, künstlicher Hüfte, ist er schließlich an einer Lungenentzündung aus dem Krankenhaus gestorben.

    Mein Kommentar war jetzt vermutlich unnötig lange, aber ich bin jetzt noch - nach fast 11 Monaten - nicht darüber hinweg. Ich grüble noch immer, ob es nicht möglich gewesen wäre, meinen Mann mit weniger dämpfenden Medikamenten zu behandeln. Deshalb also meine Empfehlung, den Neurologen gezielt nach den Nebenwirkungen der Tabletten zu fragen.

    Herzliche Grüße
    Gunila
  • @Christel ... super, dass Du mir geschrieben habt, ganz ganz lieben Dank dafür!!

    Mir war klar, dass ich hier nicht nur allgemeine Dinge schreiben kann und freue mich um so mehr, dass sich ein Gespräch entwickelt...

    @ Gitte
    ...ich sage jetzt nicht mehr...es ist halt so, das habe ich vor der Diagnose gesagt, bis klar war, es ist wirklich krankhaft. Seit dem versuche ich Lösungen für die täglichen Probleme zu finden. Nicht einfach, da meine Mutter die Tatsache Demenz verdrängt und diesbezüglich recht beratungsresistent ist.

    Zuerst waren wir beim Hausarzt, weil uns das veränderte Verhalten immer stärker aufgefallen ist. Überweisung zum Neurologen erfolgte, dieser machte verschiedene Test und stellte die Diagnose und verordnete Medikamente. Die Nachsorge bringt irgendwie nicht viel ... man bekommt nur zu hören: das ist die Krankheit, damit müssen Sie leben. Das nenne ich dürftig und möchte mich nicht damit abfinden!!!

    Kommen gerade vm Kardiologen, weil ausgeschlossen werden soll, dass das Umfallen am Herzen liegt. Herz ist kern gesund ... und ja, auch ich habe an einen epileptischen Anfall gedacht ... wird Montag im KH abgeklärt.

    Wenn ich fragen darf ... wie war der Verlauf bei deinem Mann im letzten Jahr?

    Viele Grüße
    Danah
  • @Gunila

    ...auch Dir einen herzlichen Dank für Deine Antwort und definitiv nein zu Deiner Befürchtung, dass der Beitrag zu lang ist. Ich freue mich sehr darüber und es tut mir unendlich leid, dass Dein Mann verstorben ist. Ich denke, man ist auf die Meinung und Verordnung der Ärzte angewiesen. Natürlich kann man sich informieren und aus anderen Erfahrungen lernen, aber die tägliche Problematik hat man alleine zu Hause und muss damit zurecht kommen. Hut ab vor Deiner Leistung, Du hast sicher Dein Möglichstes getan um "Euer" Leben so gut und so schön zu gestalten wie möglich. Gegen die Lungenentzündung bist du machtlos und wenn ich es richtig verstanden habe, habt ihr einiges versucht um alles ein bisschen erträglicher zu machen. Selbstvorwürfe helfen nicht weiter ... ich habe mal einen tollen Spruch gelesen, der mir in vielen schlimmern Situationen geholfen hat:
    Mit den Flügeln der Zeit fliegt die Traurigkeit davon... ich wünsche Dir von Herzen, dass sie schnell schlagen...die Flügel der Zeit!!!

    bitte... mich würde interessieren wie lange der Verlauf bei Deinem Mann gedauert hat...

    Mein Vater bekommt Donepezil ... vielleicht das selbe Medi wie Dein Mann?? Ich denke, die Nebenwirkungen darf man sich bei keinem Medikament durch lesen, habs natürlich trotzdem getan ... Sympthome wie umfallen stand nicht dabei. Danke für den Hinweis ... ich werde ihn beherzigen...

    Herzliche Grüße
    Danah
  • Liebe Danah66,

    danke für Deine tröstenden Worte und - ja, die Traurigkeit fliegt mit der Zeit davon, wenn auch sehr träge.
    Die Gefühle sind gemischt, denn ganz sicher war der Tod für meinen Mann eine Erlösung - und wenn ich ehrlich bin, für mich und die Familie auch. Trotzdem....

    Was die Dauer der Krankheit betrifft, so ist das ein längeres Kapitel. Im Moment habe ich noch meine Enkelin zu Ferienbesuch. Nach ihrer Abreise werde ich noch einmal darauf zurückkommen. Mein Mann hatte mehrere Medikamente - vielleicht zu viele, aber Donepezil war nicht darunter. Die Listen der Nebenwirkungen der Medikamente sind meistens sehr lang und die Fallneigung läuft unter 'Gangstörungen'.
    Es war auch mein Eindruck, dass sich die Ärzte/Neurologen mit der Diagnose nicht sehr ins Zeug legen. Auch bei uns hieß es 'Sie können mir noch eine halbe Stunde weiterberichten, das ist halt die Krankheit'. Die Krankheit ist schrecklich genug, aber nicht alle Symptome kamen daher. Viele waren Nebenwirkungen, vielleicht auch, weil zunächst die Diagnose nicht stimmte. Es sollte zunächst Alzheimer mit frühem Beginn sein, dann Frontotemporale Demenz und zum Schluss die Unterform der FTD 'semantische Demenz'. Da war mein Mann aber schon im Heim und abgeschrieben. Der Neurologe hat nur noch Rezepte ausgestellt. Ein Interesse am Patienten war nicht mehr vorhanden - ebenso im Krankenhaus. Vom Heim kann ich das nicht sagen, da waren meine Erfahrungen nicht so schlecht. Aber man kennt ja die Personalsituation - die Pfleger/Innen klagten oft, dass sie nicht so mit den Patienten arbeiten und umgehen können, wie sie es sich bei der Berufswahl vorgestellt hatten.

    Es wird immer in den Broschüren geschildert, wie einfühlsam und differenziert man mit den Patienten umgehen soll und wie viel physische und psychische Unterstützung die Angehörigen benötigen. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass man als besorgte Ehefrau von den Ärzten brüsk abgebürstet wird. Auch als ich nach dem Tod meines Mannes unter den Nachwirkungen der schweren Zeit litt (währenddessen kommt man ja nicht dazu, an sich zu denken - der Absturz kommt danach), fiel meinem Hausarzt nur ein Antidepressivum ein (habe ich abgelehnt). Ein verständnisvolles Gespräch oder psychologisches Hilfsangebot war nicht drin.

    Da kommt wieder Dein Spruch von der segensreichen Wirkung der Zeit ins Spiel. Sie wirkt. Vielleicht sollte ich nicht mehr in das Forum gehen, da wird viel wieder aufgewühlt. Aber ich lese noch regelmäßig die Beiträge und manchmal fühle ich mich angesprochen - wie bei Dir.

    Herzliche Grüße und 'halt' Die Ohren steif' (habe ich oft gehört)
    Gunila
  • Liebe Gunila, ich freue mich sehr von Dir zu lesen ...obwohl ... nicht mehr ins Forum gehen, weil vieles wieder hoch kommt? Verstehe ich sehr gut und muss gestehen, ich habe mich gestern Abend gefragt, warum ist sie hier? Ich bin für mich zu dem Schluss gekommen, dass Du einerseits Dinge besser verarbeiten kannst, andererseits ... so tragisch Deine Geschichte auch ist... anderen Betroffenen mit Deinen Erfahrungen helfen kannst... wie mir vielleicht. Ein Forum ist dafür da sich auszutauschen, da sollte es schon ein Nehmen und ein Geben sein ... Es ist Deinen Erfahrungen geschuldet, dass Du Dich sehr gut in viele Situationen einfühlen kannst. Niemand kann Dir Deinen Schmerz nehmen, aber manchmal tut einfach drüber reden oder sich von der Seele schreiben gut ... würde mich freuen wenn Du dabei bleibst ... und es Dir gut tut ;)

    Ins Zeug legen tun sich die Ärzte ganz sicher nicht ...ich habe mal zum Neurologen gesagt, wenn mein Vater eine Grippe mit Fiber hat, schieben Sie wohl auch alles auf die Demenz. Er war nicht erfreut, gebracht hat es auch nichts...aber es musste raus... wir bekamen ein Rezept mit nuen Pillen und das wars. Was ich sehr grausam finde ist, dass die meisten Menschen meinen Vater nicht mehr wirklich für voll nehmen, dabei hat er auch noch lichte Momente, ist ein liebenswerter Mann und es tut weh zu sehen, dass kaum einer der weiß was er hat mit ihm spricht. Es geht alles über meine Mutter ... nicht sehr respektvoll und wenn man darauf aufmerksam macht, ziehen sich die Menschen zurück. Traurig aber wahr...

    Wie findet man heraus ob es die richtige Diagnose bezüglich der Form von Demenz ist? Du schreibst, bei Deinem Mann hat man zuerst eine falsche gestellt... ?!?!

    Ich finde es sehr schwer verschiedene Verhaltensweisen einzuordnen... möchte nicht wie die Ärzte alles in einen Sack tun und sagen... ist halt die Demenz...
    Ein Beispiel ... stell Dir bitte einen Teller vor... 3 Lammkotelette, 3 Kartoffeln und zwei Esslöffel grüne Bohnen. Ohne Worte legt er mir zwei Lammkotteletts auf meinen Teller, ein Stück Fleisch nimmt er in den Mund, kaut, entsorgt es dann in der Serviette, der Rest vom Essen bleibt mit den Worten "ich bin satt" auf dem Teller liegen.
    Schildert man dies dem Arzt, bekommt man Vitaminpräperate für etwaige Mangelerscheinungen und das wars. Andere sagen, das ist das erste Zeichen für "ich weiß nicht mehr wie man isst"
    Das ist nicht jeden Tag so, aber es passiert recht häufig. Da er bei 186cm 80kg wiegt, mache ich mir keine Sorgen, dass er verhungert, ich bin nur unsicher, ob ich etwas übersehe ... Ich hoffe, Du weißt was ich meine?!?!

    Ich würde mich freuen, Deinen erwähnten Bericht zu lesen wenn Deine Enkelin wieder nach Hause fährt...nicht, dass ich Dir wünsche, dass sie schnell fährt... ist immer toll wenn man die Jugend um sich hat :)

    Ich wünsche Dir einen tollen Abend, freue mich auf Deine Antwort und... ja... halt die Ohren steif!!!
    Liebe Grüße
    Danah
  • Liebe Danah

    Du fühlst dich offenbar von den Ärzten nicht ernst genommen. Das ist mir selber auch so ergangen.
    Unser Neurologe hat sich zwar ins Zeug gelegt, um alle möglichen Abklärungen machen zu lassen (unterdessen ist alles abgeklärt und eine Diagnose gibt es trotzdem nicht). Doch wenn es um die "Alltagsbegleitung" geht, ist er offensichtlich überfordert. Er versuchte dann meist, nach einem Medikament zu suchen, obwohl er selber nicht daran glaubt, dass es helfen könnte. So bin ich schliesslich (nach über einem Jahr) wieder zum Hausarzt zurückgegangen. Da fühle ich mich mit den Alltagssorgen ernst genommen. Hausärzte sind dafür da, dass sie ganzheitlich / interdisziplinär denken und arbeiten. Und allenfalls auch an Spezialisten weiterleiten wenn es nötig ist. Bei uns in der Schweiz ist es auch üblich, dass die Grundabklärung und Einstellung der Medikamente der Neurologe (oder Memory-Klinik) macht, danach wird man bei einer Demenzerkrankung aber vom Hausarzt betreut.
    Für die Problematik mit dem plötzlichen Umfallen, würde ich wohl auch zum Neurologen gehen, aber sonst ist es sicher gut, wenn man einen Hausarzt hat, der sich den Alltagssorgen annimmt und auch Hilfe leisten oder vermitteln kann, die nicht nur medikamentös ist.

    Liebe Grüsse
    prunella
  • Hallo Gunila,

    weißt du noch, welche Medikamente dein Mann bekommen hat? Mein Mann kann auch nicht mehr laufen, (nicht mehr stehen, kaum noch sprechen, ist komplett inkontinent) seit er 5 Wochen in der neurologischen Klinik war und "sozialverträglich eingestellt" wurde. Ich mache mir immer noch Vorwürfe, dass ich ihn überhaupt habe einweisen lassen... Er ist seit Anfang April wieder zu Hause, ich habe die Medikamente schon erheblich reduziert, aber leider nicht den gewünschsten Erfolg gehabt. Es ist eine echte Gratwanderung, einerseits soll er nicht wieder total ausrasten und toben, anderseits aber auch fit und ansprechbar sein... der Hausarzt ist damit total überfordert und sagt, ich kann ja ausprobieren, einen Neurologen, der Hausbesuche macht, gibt es bei uns nicht und einen Krankentransport zu einer Praxis möchte ich ihm nicht zumuten, ich habe auch kein Vertrauen mehr, dass er einen Vorteil davon hätte.

    Ob es nach 5 Monaten überhaupt nochmal möglich ist, Stehen und Laufen zu lernen, ist natürlich fraglich, trotzdem würde es mich interessieren, ob dein Mann die selben Medikamente bekommen hat.

    Aktuell bekommt mein Mann
    - Rivotril
    - Pipamperon
    - Trimipramin
    im Krankenhaus hat er zusätzlich Risperidon bekommen.

    Vielen Dank und liebe Grüße
    Christel
  • Liebe Christel - Gitte,

    als ich gestern Abend Deine Fragen gelesen habe, musste ich zuerst wieder in meinen Aufzeichnungen suchen. Man vergisst doch sehr schnell und erst ab der Zeit im Heim habe ich Zuzahlungsrechnungen vorliegen, in denen die Medikamente aufgeführt sind.

    Ich habe bereits mehrmals angesetzt, zu schreiben, aber immer wurden die Beiträge zu ausführlich - für mich und auch für die Leser. Deshalb eine möglichst knappe Ausführung zu den Medikamenten.

    Nach einem Aufenthalt meines Mannes Okt. 2010 in einer neurologischen Klinik zur Abklärung der Demenz war die - vorläufige und nur vermutete - Diagnose: Alzheimer mit frühem Beginn. Die Symptome stimmten nicht so ganz - konnten bei Alzheimer aber auch auftreten. Die diagnostischen Untersuchungen ergaben keine Auffälligkeiten im Gehirn und der Rückenmarksflüssigkeit. Die Diagnose erfolgte nur auf Vermutungen und mein Mann brach den Aufenthalt vorzeitig ab. Es wurde Risperidon verschrieben, das mein Mann bis zu seinem ersten totalen Zusammenbruch in zuletzt schnell steigender Dosierung einnahm. Ab ca. März 2012 kam noch Trazodon hinzu. Ich hatte während der ganzen Krankheitsgeschichte immer den Eindruck, dass sich die Medikamente im Körper ansammelten und schließlich zur Eskalation führten. In den beiden Krankenhausaufenthalten nach Zusammenbrüchen wurden die Medikamente abgesetzt, weil mein Mann nicht mehr schlucken konnte. Danach besserten sich die körperlichen Symptome (Gangunsicherheit bis zur Unfähigkeit, überhaupt zu gehen und zu stehen, Kreislaufzusammenbrüche, Unfähigkeit, aufrecht zu sitzen), traten aber wieder auf, als man wegen Halluzinationen, Angstzuständen, Aggressionen usw. wieder mit einer neurologischen Medikation anfing.

    Ab Juni 2012 - nun im Krankenhaus und dann im Heim - bekam mein Mann Quetiapin, Melperon und Trazodon. Dazu bei Bedarf (nächtlichen Unruhen) Tavor (Lorazepam) - dieser Bedarf trat lt. Pflegepersonal oft ein. Es kam auch auf die nächtliche Pflegeperson an - manche ließen ihn gewähren und beschäftigten ihn nachts und manche drückten in per Tavor einfach weg. Ich weiß nicht, was ich zuhause getan hätte. Die Pflegesituation zuhause war zuletzt vor dem Zusammenbruch (wörtlich/körperlich) so, dass ich wegen Schlafmangel und körperlicher Überbelastung auch nicht mehr konnte.

    Die Schwächezustände, Kreislaufzusammenbrüche, Atemlosigkeit bei geringster Belastung, Harn- und Stuhlinkontinenz usw. traten alle zunehmend bereits auf, als mein Mann 'nur' Risperidon bekam. Im Krankenhaus sagte man dann, dieses Medikament würde man dort nicht gerne geben, weil es Gangstörungen verursache. Später im Heim sagte mir die Pflegeleitung, alle derartige Neuroleptika verursache Gangstörung - und so war es auch. Bevor feststand, dass es sich um neurologische Ausfälle handelt, wurde kardiologisch alles abgeklärt, da auch Herzrhytmusstörungen aufgetreten waren, die nicht zu beheben waren. Aber es konnte festgestellt werden, dass die Zusammenbrüche nichts mit dem Vorhofflimmern zu tun hatten, sondern neurologisch bedingt waren. Bis zum ersten längeren Krankenhausaufenthalt nach einem totalen Zusammenbruch glaubte ich den Ärzten, dass der Zustand durch den Verlauf der Demenzerkrankung bedingt war.

    Nach dem Medikamentenentzug wg. Schluckstörungen konnte mein Mann im Heim wieder aufgepäppelt werden und - nach über 5 Monaten apathischen Rollstuhl-Herumhängens - wieder gehen, stehen, Treppen steigen und normal essen. Die Halluzinationen, Fehlwahrnehmungen und das Nichterkennen bekannter Personen (mich und die ganze Familie) und Gegenstände (Tisch, Stuhl usw.) blieben. Ebenso die Unfähigkeit, Worte zu verstehen und sinnvoll zu verwenden. Er sprach sehr viel, aber vollkommen sinnlos. Aufgrund dieser Symptome und Fremdheitsgefühle traten vermehrt Ängste und Aggressionen auf, die wieder zu steigender Verschreibung von Neuroleptika führten. Oft dachte ich, dass es für ihn vielleicht sogar besser war, bis zur Bewusstlosigkeit gedämpft zu sein, denn in diesem Zustand wurde er sich auch nicht so der entwürdigenden Situationen beim Einkoten und Reinigen, Windeln, Zubettbringen usw. bewusst.

    Ich habe deshalb in einem vorhergehenden Beitrag geschrieben, dass die Diagnose gewechselt hat, weil damit auch eine Reaktion auf die Neuroleptika verbunden ist. Lt. Beschreibung der zuletzt vermuteten 'Semantischen Demenz' ist es bei dieser oft typisch, dass die Patienten überempfindlich auf Neuroleptika reagieren - ähnlich der Lewy-Body-Demenz. Die frontotemporale Demenz wurde noch vom Neurologen - ohne weitere Untersuchung - bestätigt. Die Differenzierung erst vom Pflegepersonal aufgrund der typischen und genau passenden Symptome.

    Nach einem sehr wachen, aufgeregten und streitsüchtigen Tag, an dem mein Mann körperlich sehr leistungsfähig und sicher, psychisch aber streitsüchtig und unlenkbar war, gab man ihm in der Nacht wieder Tavor. Bei dem Versuch, aus dem Bett aufzustehen, stürzte er und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu, der erst nach 3 Wochen erkannt wurde (trotz sofortigem Röntgen). Seine Schmerzäußerungen schob man auf Prellungen. Durch die hohe Dosierung der Schmerzmittel konnte er sich nicht mehr äußern und man fand den Bruch erst nach einer zweiten Röntgenuntersuchung. Danach neue Hüfte, ausufernde Lungenentzündung und Tod im Sept. 2013.

    Der Bericht ist nun dort sehr lang geworden und ist auch für ‚danah88‘ bestimmt.

    Liebe Christel, ich weiß nicht, was ich Dir wünschen kann. Auf jeden Fall hoffe ich für Deinen Mann, dass er sich seiner Krankheit nicht zu sehr bewusst wird und sich abfinden kann. Und Dir wünsche ich, dass Du ein gewisses Maß an Gelassenheit behältst und ohne größere Schäden aus dem Krankheitsverlauf herauskommst. Leider ist die Krankheit nicht zu heilen und man kann nur auf einen gnädigen Verlauf hoffen.

    Herzliche Grüße
    Gunhild
  • Liebe Danah66,

    wie Du sehen kannst, habe ich an Gitte/Christel einen langen Bericht geschrieben.

    Meine Enkelin ist nun abgereist und ich will kurz (!) zur Dauer der Krankheit berichten:
    Man kann den Beginn der Krankheit nicht genau benennen. Mein Mann hatte FTD und die beginnt ja mit Verhaltensänderungen, schleichend. Von Demenz war erst viel später nach den ersten Veränderungen die Rede. Zudem hatte mein Mann ein Alkoholproblem (vielleicht verursacht von den eigenenen Wahrnehmungen der Ausfälle), so dass wir vieles auf die Nachwirkungen der Alkoholsucht schoben. Seit 2006 war mein Mann trocken.
    Ihm selbst sind zunächst Wortfindungsstörungen aufgefallen, deretwegen er 2007 den Neurologen aufsuchte. Bildgebende Untersuchungen ergaben keine Auffälligkeiten (bis zum Schluss nicht), aber die kognitiven Störungen wurden festgestellt. Der Familie sind eher die Logik- und Denkstörungen aufgefallen, aber zunächst auf den Alkohol geschoben.
    Die handwerklichen Fähigkeiten gingen nach und nach verloren. Mein Mann war zwar Kaufmann, aber handwerklich sehr geschickt und kreativ. Das hörte schon vor vielen Jahren auf. Er hatte eine leitende Position in seiner Firma, wurde aber Ende 2000 nach fast 25 Jahren im Alter von knapp 58 gekündigt. Damals wurdem betriebliche Gründe angegeben und es gab eine gute Abfindung, im Nachhinein vermute ich aber, dass schon damals Ausfälle aufgetreten sind. Sicher weiß ich, dass er schon damals Neues nicht gut begreifen konnte und bei den elektronischen Medien auf Hilfe angewiesen war.

    Im normalen Alltag war mein Mann noch lange gut zu ertragen, man musste aber nach und nach immer vorsichtiger im Umgang werden, weil er sehr schnell verärgert wurde und an immer weniger an seinem Umfeld interessiert war. Ursprünglich war er ein freundlicher, sehr liebevoller, sensibler und großzügiger Mann gewesen.

    Ab Dez. 2011 verschlechterte sich der Zustand und glich einem Absturz - psychisch, kognitiv und körperlich. Einiges habe ich schon in meiner vorstehenden Antwort an Gitte beschrieben.

    Im Verlauf der Erkrankung wurde immer wieder nach den Anfängen gefragt, aber - s.o. - die lassen sich nicht so ganz genau datieren. Insgesamt werden es wohl über 13 Jahre gewesen sein. Seit einem Aufenthalt in der Neurologie Okt. 2010 wurden keine weiteren neurologischen Untersuchungen mehr gemacht und die Diagnosen nur noch an Hand der Symptome korrigiert.

    Ich habe im geschützten Bereich während der - wie sich dann herausstellte - Endphase der Krankheit einige Beiträge geschrieben, die sich mit den damaligen Fragen befassten.

    Ich will es für heute (und vielleicht auch für immer) genug sein lassen und wünsche Dir und Deiner Familie alles Gute.

    Herzliche Grüße
    Gunhild
  • Hallo erst mal, ich habe mich gerade hier angemeldet, weil ich an einen Punkt gekommen bin, wo ich wirklich den Austausch mit anderen Betroffenen brauche... hoffe ich bin hier richtig und bekomme Hilfe.

    Mein Vater, 76Jahre alt, sein Leben lang ein gestanderner erfolgreicher Mann, bekam vor etwa zwei Jahren die Diagnose Demenz. Es zeichnete sich schon früher ab, doch ich muss gestehen, zu Anfang schob man manches Verhalten auf die Tagesverfassung, aufs Alter ...man vergisst ja schon mal etwas...
    Nun, seit wir die Diagnose haben, haben wir (meine Mutter und ich) uns mit der Krankheit auseinander gesetzt und versuchen den Alltag zu meistern. Wir leben in einem Haus in getrennten Wohnungen, so bekomme ich täglich alles mit. Der Verlauf der Krankheit geht sehr langsam voran, er nimmt seine Medikamente, ist sehr friedlich und umgänglich ... ein Glück!!!

    Nun stellt sich seit einigen Wochen das Problem, dass er plötzlich und unerwartet stock steif wird, sein Gesichtsausdruck versteinert, er optisch um gefühlte 100 Jahre altert, und einfach nach hinten umfällt oder in sich zusammen sackt. Er ist nicht ansprechbar, braucht teilweise einige Minuten um zu sich zu kommen, verdreht dabei ganz fürchterlich die Augen, ringt nach Luft... und weiß nicht was passiert ist.

    Es passiert beim spazieren gehen, oder wenn er abends auf dem Sofa sitzt und aufstehen möchte oder wenn er einfach nur im Garten steht ... also vollkommen ohne ersichtlichen Grund.
    Die konsultierten Ärzte sagen, er sei ansonsten völlig gesund, es sei der ganz normale Krankheitsverlauf ?!?!

    Hat jemand Erahrung mit ähnlichen Vorfällen und vielleicht Hilfe für mich???
    Würde mich freuen etwas zu lesen, denn ...ich glaube ich muss es nicht sagen... aber es ist verdammt schwer das einfach so zu akzeptieren.

    Herzlichen Dank im Voraus
    Grüße Danah
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