"Doppelte" Personen/Angehörige

Hallo,

meine Großmutter ist eine 82-jährige Frau mit Demenz. Ich wurde im Namen meiner Familie gebeten, hier Rat zu ersuchen zu einem speziellen Problem, zu dem wir bei anderen Stellen bislang keine Ratschläge bekommen haben.

Meine Großmutter hat nicht, wie es sonst wohl zu Anfang üblich ist, Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis. Was es heute und in den letzten Tagen zum Mittag gab, wer da war, was allgemein passiert ist, alles das weiß sie stets so sicher, wie man es von einem Menschen in dem Alter erwarten kann. Auch das Langzeitgedächtnis, wenn es um Geschichten von früher geht, funktioniert im Allgemeinen. Das, so habe ich verstanden, ist aber üblich.

Dazwischen fehlen nun aber einige essentielle Dinge: Rezepte oder Kochvorgänge, die sie sonst immer beherrscht hat, sind weg, und auch andere alltägliche Dinge dieser Art. Dies ist aber, weil mein Großvater auch noch lebt und ihr helfen kann, nicht so schlimm.

Problematisch ist aber seit ein paar Wochen, dass sie Familienverhältnisse und Personenidentifikation nicht mehr hinbekommt. Sie weiß aus der Erinnerung, dass sie einen Ehemann hat, eine Tochter (meine Mutter) und 2 Enkel (mich und meinen Bruder). Sie erkennt diese Personen jeweils auch auf Bildern.

Allerdings bringt sie dies nicht mit den Personen vor Ort, uns, die wir mit ihr interagieren, zusammen. Aus ihrer Sicht lebt sie mit einem Mann zusammen, der nicht ihr Ehemann ist, nennt ihn aber mir gegenüber Opa bzw. mit seinem Namen, sagt dann aber wieder, dass er ja aber ein anderer Mann ist. Ihr Ehemann, mit dem sie weiterhin verheiratet ist, ist nicht da und sie würde gerne von uns wissen, wo er ist. Genauso ist es mittlerweile dauerhaft bei meiner Mutter. Mich hat sie gefragt, warum ich dann von „der anderen Frau“ aufgezogen wurde und nicht von ihrer Tochter. Gleichzeitig kann sie uns beim richtigen Namen nennen.

Das alles hat sie zunächst immer wieder verwirrt und betrübt und mittlerweile ist es zu Zorn geworden, da sie uns vorwirft, ihr das nicht erklären zu wollen oder ihr etwas zu verheimlichen. Denn wenn wir erklären, wie es eigentlich ist, glaubt sie es nicht.

Wir wissen, dass geraten wird, möglichst mit den falschen Annahmen mitzuspielen, statt immer wieder zu berichtigen. Mit diesen Dingen erscheint mir das aber auch nicht als Lösung. Sollen wir ihr denn sagen, dass sie eben jetzt mit einem anderen Mann lebt und sich dessen Angehörige mit um sie kümmern und sie soll mit ihm doch ruhig in einem Bett schlafen, obwohl es nicht ihr Ehemann ist? Das gehört sich ja nicht und ist noch dazu eine Vertrauenssache. Was sollen wir sagen, was denn mit ihren eigentlichen Verwandten passiert ist, wenn sie uns wieder fragt? Uns eine Geschichte ausdenken, warum wir bzw. diese jetzt alle nicht mehr besuchen kommen können?

Immer wieder einfach abzulenken und andere Themen ansprechen … das klappt leider auch nicht immer und auch nicht auf lange Sicht, denn das kriegt sie ja doch noch mit bzw. misstraut uns immer mehr und wird zornig.

Kennt jemand dieses Phänomen oder weiß Rat? Vielen Dank im Voraus.

Kommentare

  • Hallo,
    so etwas ähnliches kenne ich von meinem an Demenz erkrankten Vater.

    Eine Frage : auch wenn Ihre Grossmutter meint, sie " lebt sie mit einem Mann zusammen, der nicht ihr Ehemann ist,..." behandelt sie ihn denn tatsächlich wie einen Fremden , oder findet sie den entsprechenden Ausdruck für Ehemann nicht mehr ?

    Mein Vater verwechselt z.B. inzwischen oft die Familienverbindungen, Ortsnamen etc was zunächst recht irritierend war. Es stellt sich aber heraus, dass - auch wenn er z.B. meinen Namen (ich bin die Tochter) mit dem seiner verstorbenen Schwester verwechselt , er letztlich seine verstorbene Schwester meint. Die Tagespflege ist für ihn die " Kirche" etc. Ich versuche inzwischen lieber herauszufinden, wen oder was er tatsächlich meint, wenn er Namen verwechselt.

    Sprich : muss man ggf. über Sprachverwechslungen hinwegsehen und lieber beobachten, wie sich Ihre Grossmutter sich tatsächlich verhält.
    VG,
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