1 Jahr nach Diagnosestellung

Hallo,
Es ist jetzt ziemlich genau 1 Jahr her, dass bei meinem Mann (56) die Diagnose Altheimer gestellt wurde. Die Verschlechterung seines Gesamtzustandes ist schon gravierend. Hat jemand Erfahrung im Umgang mit jüngeren Demenzkranken und kann mir über seine Erfahrungen berichten.
Liebe Grüße

Kommentare

  • Hallo Confluentia,
    auch bei meinem Mann wurde mit 55 die Diagnose Alzheimer gestellt. Er hatte zu diesem Zeitpunkt schon kognitive und körperliche Einschränkungen, aber in dem Alter hatten wir natürlich an Demenz nicht gedacht. Er hatte dann noch 4 relativ gute Jahre und leider einen extremen Schub Anfang 2014.
    Über einen Reha-Aufenthalt im Alzheimer Therapiezentrum in Bad Aibling habe ich Kontakte zu anderen Angehörigen von Demenzkranken - die Entwicklung war bei jedem anders. Es wird bei jedem schlechter, aber wie schnell, mit welchen Auswirkungen, kann niemand sagen. Ich kann dir also nur empfehlen, die jetzige Zeit so gut wie möglich zu nutzen, mit Urlaub, Ergotherapie, gemeinsamen Unternehmungen, auch schon Hilfe von außen einbinden, evtl. Tagespflege oder ähnliches. Keine langfristigen Pläne machen, versuche im "jetzt" zu leben.
    Liebe Grüße und viel Kraft
    Christel
  • Liebe Christel,
    ganz lieben Dank für deine Antwort und Informationen. Es fällt mir schwer, die Krankheit zu realisieren. Bei guten Tagen, hoffe ich das es doch besser wird. Natürlich weiß ich, dass es nicht so sein wird. Ich wohne in Koblenz und es gibt in unserem näheren Umfeld leider keinerlei Einrichtungen (zeitweise Tagespflege etc) für jüngere Demenzkranke. Ich würde es nicht fertig bringen, meinen Mann mit Menschen unterzubringen , die in der Regel 20 bis 30 Jahre älter sind. Ich hoffe, noch lange die Kraft und Möglichkei zu haben, ihn zu Hause betreuen zu können.
    Ganz liebe Grüße aus Koblenz
    Eva
  • Hallo Eva,
    deine Bedenken bzgl. Tagespflege hatte ich auch, kann ich nachvollziehen. Als wir es dann doch ausprobiert haben, war ich überrascht, wie gut es meinem Mann gefallen hat. Es hat ihn nicht gestört, dass die meisen wesentlich älter waren, aber es hat ihm offensichtlich gut getan, dass alle in der Gruppe ein Handicap hatten, entweder das Alter, oder Demenz, ein Tagesgast war blind... er musste dort nicht perfekt sein. Auch von anderen Demenzpatienten haben mir die Angehörigen erzählt, dass die Tagespflege gut angenommen wurde, ein Mann (Ende 60)wäre am liebsten jeden Tag hingegangen und war ganz enttäuscht, wenn er am Wochenende nicht abgeholt wurde....Vielleicht probiert ihr es doch mal aus?

    LG, Christel
  • Hallo Christel, ganz lieben Dank für deine schnelle Antwort. Die Zeilen haben mir Mut gemacht. Wir werden uns mal umhören, was möglich ist.
    Darf ich dich fragen, wie es deinem Mann heute geht?
    Ganz herzliche Grüße aus Koblenz
  • Hallo Eva,

    leider gab es bei meinem Mann eine ganz massive Verschlechterung Anfang 2014. Es war bis dahin immer recht einfach, mit ihm umzugehen, er brauchte Betreuung, hat aber auch gemacht, was ich ihm gesagt habe. Ab ca. Jan. 2014 wurde es schwierig, er hatte viel Angst, war offensichtlich mit dem Alltag überfordert und bekam Tobsuchtsanfälle. Der von mir sehnsüchtig erwartete Termin beim Neurologen wurde wegen dessen Krankheit verschoben, das Beruhigsmittel des Hausarztes (Tavor) war auch keine Lösung, also habe ich ihn schweren Herzens ins Krankenhaus (Psychiatrie) einweisen lassen. Dort wurde er mit Beruhigungsmitteln vollgestopft und kam nach mehreren Wochen ungefähr in dem Stadium zurück, in dem er heute ist: er kann nicht mehr laufen, er kann nicht mehr stehen, er kann nicht mehr sprechen, ist natürlich inkontinent, wird gefüttert und vom Bett in den Rollstuhl gehoben und zurück. Ich weiß nicht, ob eine andere Behandlung in einer anderen Klinik ebenfalls diesen Zustand ausgelöst hätte, kann aber leider nichts mehr ändern....
    Das Positive: wir haben die Möglichkeit, eine private Pflegekraft unterbringen und finanzieren zu können und nach 1-jähriger, verzweifelter Suche habe ich einen super Pfleger für meinen Mann gefunden. Ich denke, die Kontinuitiät der Betreuung und der Aufenthalt zu Hause sind für ihn Gold wert, sein mentaler Zustand ist seit 3 Jahren stabil, Medikamente konnte ich recht viel reduzieren. Er kennt mich und den Pfleger und reagiert auch auf Ansprache von uns. Ich bin ziemlich sicher, dass er sich in seiner inzwischen sehr eingeschränkten Welt wohl fühlt, ohne Schmerzen, sicher und geborgen.

    Das muss bei deinem Mann nicht genauso kommen, die Krankheit entwickelt sich bei jedem anders, was ich von Berichten anderer Angehöriger weiß. Meine Empfehlung ist: nutze die Zeit jetzt, so gut es geht, versuche auch jetzt schon, ein Netzwerk aufzubauen um dir Freiräume zu schaffen. Das schont deine Nerven und hilft dir, ruhig mit deinem Mann umzugehen (sicher nicht immer, aber mehr als ohne Hilfe). Freue dich an den Dingen, die er noch kann und die ihr noch zusammen machen könnt.
    Ich hoffe, ich habe dich nicht zu sehr erschreckt, wie gesagt, dies ist eine Variante, bei euch ist es wahrscheinlich ganz anders.

    Liebe Grüße, Christel
  • Liebe Christel,
    ganz herzlichen Dank für deine offenen Worten. Gleich vorneweg, nein, sie haben mir keine Angst gemacht, im Gegenteil. Auch wenn ich manchmal der Realität entlaufen möchte, bin ich doch realistisch genug selbige zu sehen. Ich habe auch noch Gott sei Dank 2 Kinder an meiner Seite, die mich unterstützen ( beide studieren noch, einer Medizin und der andere Neurowissenschaften). Aber selbstverständlich möchte ich die beiden auch nicht überfordern, denn ihr Leben sollte einigermaßen "normal" weitergehen.
    Ich hoffe sehr, dass mein Mann und ich noch ein paar gute Jahre haben und würde mir auch wünschen, wenn es dann mal soweit sein sollte, ihn zu Hause zu pflegen, mit entsprechender Unterstützung.
    Ich glaube, was mir im Augenblick am schwersten fällt, ist mich nicht völlig aufzugeben. Ich habe oft ein schlechtes Gewissen, wenn ich schon allein den Gedanken habe, auch mal wieder etwas alleine zu unternehmen. Früher war ich regelmäßig mit meiner Freundin zum Skifahren, oder wir haben unsere "Weinplauderstündchen" abgehalten. Das kann ich im Augenblick nicht mehr, weil ich es so schrecklich finde, dass mein Mann all seine Dinge nicht mehr so tun kann.
    Liebe Christel, ich wünsche dir und deinem Mann von ganzem Herzen noch eine, den Umständen entsprechend, wunderschöne Zeit.
    Danke für deine Offenheit,
    Liebe Grüße
    Eva
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