Diagnose Frontotemporale Demenz 09/2018 bei meinem Vater

Nachdem ich einige Artikel anderer betroffener Angehöriger gelesen habe, möchte ich meine Geschichte aufschreiben.
Im September diesen Jahres wurde bei meinem Vater (79 Jahre) frontotemporale Demenz diagnostiziert. Für mich ein Schlag ins Gesicht, da mein Vater ein sehr gebildeter Mann mit einem
Fachschulabschluss ist und zu Arbeitsszeiten eine führende Position im Unternehmen begleitet hat.
Wir (meine Söhne und ich) haben es gar nicht so mitbekommen, sondern seine Lebenspartnerin. Meine Mutter ist vor knapp 10 Jahren gestorben.
Mein Vater hat sich in kurzer Zeit schon verändert. Wir haben immer mehr den Eindruck, dass er wenig Interesse an seiner Familie zeigt. Er ruft weder mich, noch seine Enkelsöhne an. Wenn sich diese bei ihm melden, um ihren Besuch anzukündigen, ist keine Zeit dafür. Vor allem mein jüngerer Sohn leidet sehr darunter. Mein Vater hat sich immer eine Urenkelin gewünscht, wie sagte er immer, ach ein kleines Mädchen mit blonden Locken wäre so schön. Jetzt hat er genau dieses kleine Mädchen, sie ist jetzt etwas über 1 1/2 Jahre alt. Jedoch sieht es sie kaum.
Erschwerend für mich ist, dass ich nicht an unserem Heimatort arbeite, sondern 540 km entfernt. Einmal im Monat bin ich für ca. 12 Tage in Dresden. Ich besuche da meinen Vater regelmäßig und rufe auch sonst aller 2 Tage an. Leider geht immer nur die Lebenspartnerin ans Telefon und gibt ihn mir auch nicht - er würde böse werden - wenn sie mir das Telefon gibt. Leider zählen für seine Lebenspartnerin nur ihre eigenen Kinder. Sogar jetzt zu Weihnachten ist für meine Söhne und Ihre Familien keine Zeit an den Feiertagen. Ich bin schon mal bei einem Besuch bei den Beiden richtig direkt geworden. Leider fruchten meine Argumente nicht. Mein Mann hat auch schon einiges probiert, um die Wogen zu glätten. Denn mein Ärger auf die Lebenspartnerin steigert sich immer mehr. Auch bekomme ich immer wieder zu hören und sie erzählen es auch überall herum, sogar bei den behandelnden Ärzten, dass "die" ja nie zu Hause ist.
Ich habe keine Idee mehr, wie ich die Lebenspartnerin meines Vaters dazu bringe, mit mir zu kooperieren und nicht nur sich und Ihre Töchter und deren Familien sieht. Zur Geburtstagsfeier meines Sohnes, dieses Jahr 30 geworden, glänzten die Beiden auch mit Abwesenheit. Sie mussten zum Kindl der Lebenspartnerin gehen, da dieses Ihren 61. Geburtstag feierte.
Habt Ihr schon Ähnliches erlebt und wie gehe ich und meine Söhne am Besten damit um.

Kommentare

  • Hallo Kerstin,
    hier vielleicht einmal die andere Perspektive.
    Meine Mutter ist die Lebensgefährtin eines Erkrankten von 69 Jahren. Sie leben zusammen in ihrem Haus. Sie selbst ist 60 und noch berufstätig.
    So manches, was Du schreibst kommt mir so bekannt vor, dass ich fast denken könnte es ginge um sie, wäre da nicht das andere Alter und die Tatsache, dass mein "unehelicher" Stiefvater zwei Söhne aber keine Tochter hat.
    Er hat sich auch von seiner Familie, die Söhne aber auch seinen Brüdern, stark zurückgezogen. Von sich aus nimmt er eigentlich kaum Kontakt auf. Auch sein Enkelkind sieht er selten, dann meist auf Initiative meiner Mutter.
    Er telefoniert nicht mehr gern, kann anscheinend am Telefon einem Gespräch kaum noch folgen. Entsprechend bevorzugt er es, wenn meine Mutter Absprachen am Telefon für ihn regelt bzw. möchte er auch nicht, dass sie einfach sagt, er wäre zuhause und den Hörer weitergibt. Den Hinweis, dass dein Vater in ähnlichen Situationen wütend wird, würde ich ernst nehmen. Wir haben aggressives Verhalten über Stunden erlebt. Auch ich bin bei weitem nicht damit einverstanden, dass meine Mutter ihr Verhalten immer mehr an seine Wünsche anpasst und für ihn sogar lügt, ich merke aber auch, dass ihr irgendwann schlicht die Kraft für diese Konflikte fehlt.
    Aehnlich für Besuche von/bei seiner Familie. Häufig ist es nötig, dass sie dabei bleibt, sonsts fühlt er sich unsicher. Er gibt sich merklich Mühe vor seiner Familie eine Fassade aufrecht zuerhalten, hält dies aber nicht lang durch. Dann will er schon nach einer Stunde Besuch wieder nach Hause und sie muss da sein um ihn zu fahren. Gerade an Feiertagen ist dies sehr ärgerlich, denn früh am Nachmittag sitzen sie dann wieder allein zuhause. Er hat an der Familienfeier keine Freude gehabt, weil es ihn anstrengt und er anscheinend auch nicht mehr viel für seine Familie empfindet. Sie hat dafür auf das Zusammensein mit unserer Familie verzichtet.
    Meine Mutter hat deshalb eine Grenzlinie gezogen. Wir versuchen unser Familienleben so weit wie möglich, wie gewohnt fortzuführen. Auch dies ist nicht immer möglich, denn anstandshalber müssen wir ihn ja mitnehmen (was auch zum Bruch mit manchen Verwandten geführt hat) bzw. er bleibt allein zuhaus, und meine Mutter macht sich Sorgen. Es ist mir jedoch wichtig, dass meine Mutter ein normales Verhältnis gerade zu ihren Enkelkindern haben kann.
    Was das mangelde Interesse deines Vaters an dir bzw. seinen Enkeln und Urenkeln angeht, glaube bitte nicht, dass er mehr Interesse bzw. Zuneigung für die Lebensgefährtin oder ihre Familie hat. Wir erleben einen Mann, der jegliche Empathie verloren hat und der selbst gegenüber seiner Lebensgefährtin kaum Interesse an ihren Gefühlen oder auch ihrem Gesundheitszustand zeigt. Jeglicher zwischenmenschlicher Kontakt wird hingenommen, wenn es sich nicht vermeiden lässt, aber nicht wirklich erwidert. Meine Mutter lebt eigentlich mit einem Fremden und muss sich täglich durchkämpfen. Da sie noch jümger ist, hat sie über die Arbeit bzw. ihren Verein noch einige soziale Kontakte. Aber diese muss sie verteidigen, denn er fühlt sich sicherer, wenn er seine Bezugsperson ganz für sich allein hat.
    Leider ist bei uns vieles, was z.B Vollmachten, Patientenverfügung etc. angeht noch nicht geregelt. Wir würden uns freuen, wenn von seiner Familie mehr Initiative käme. Vielleicht muss der Kontakt mit der Lebensgefährtin auch stärker über die Schiene laufen, dass ihr sie entlastet. Ich vermute beim Alter deines Vaters ist sie auch nicht mehr die jüngste. Sie wird es sicher nicht leisten können, ihn zu Besuchen gegen seinen Willen und dann auch noch mit guter Laune an euch zu übergeben. Euch muss klar sein, dass ihr ihn in solch einer Situation betreut und gegebenfalls die Geburtstagsfeier etc. nicht wie gewohnt sondern an seine Bedürfnisse angepasst ablaufen.
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