Entscheidung Heim - aber welches?

Mein Vater ist 81 Jahre alt und lebt noch alleine 350 km von mir entfernt; nach dem Tod meiner Mutter vor acht Jahren habe ich jahrelang über Telefon vom Brotschmieren über frische Klamotten suchen etc. alles mit ihm geregelt, bin alle 2 oder 3 Wochen hingefahren und habe dort dann das, was liegengeblieben ist, erledigt; seit Herbst letzten Jahren musste ich die Diakonie einschalten, weil ihm unser Hauptkommunikationsmittel, das Telefon, Probleme machte - er hat es schlichtweg während des Telefonierens beiseite gelegt und dort blieb es dann auch. Die Diakonie kommt seitdem dreimal am Tag, er hat nun Pflegestufe 2. Zwischen den Besuchen der Diakonie und nachts ist er alleine.

Als ich Ostern bei ihm war, war ich erstmals nicht seine Tochter sondern Hilde, seine Schwester; zusätzlich hatte er - nicht immer - gefragt, wann er denn nach Hause könne, obwohl wir es ja waren. Das war für mich nun der Anlass, ihn stationär unterbringen zu wollen, denn ich hatte das Gefühl, dass er als nächstes wegläuft und zunehmend verwirrt ist. Ich habe lange überlegt, ob ich ihm in seinem Wohnort etwas suche oder hier bei mir; soweit bin ich schon, dass es hier sein wird. Dann habe ich ihn in einem "normalen" Altenheim angemeldet; der Leiter sagte, dass 50 Prozent der Bewohner demenziell verändert seien; es gibt aber keine speziellen Angebote für demente bzw. kein extra geschultes Personal. Es ist ein kirchliches Altenstift, schöne Lage, vllt. etwas veraltetes Gebäude.

Dann war ich noch in einem Haus nur für demente Menschen, dass erst vor zwei Jahren eröffnet hat; modern, hell, die Bewohner sind auf drei Stationen nach Demenzgrad aufgeteilt. Geschützter Raum, keiner kann weg. Die Mitarbeiter wirkten kompetent usw. Auch dort könnte mein Vater mittelfristig unterkommen.

Mir stellt sich gerade die Frage, was besser ist - ein herkömmliches Heim oder eine spezialisierte Einrichtung? Meine Kollegin erzählt mir gestern, dass das eingesperrt sein schrecklich werden kann. Meine andere sagt, bloß nicht in ein normales Heim, was bringt es deinem Vater, wenn er am Tisch mit bspw. gehbehinderten Menschen sitzt und nicht die Zuwendung bekommt, die er braucht?

Das zweite ist, ich habe so einen Horror davor, ihn überhaupt abzugeben, ich glaube, ich bin auch Teil des Problems, weil er es ja aus seiner Sicht nicht will. Was sage ich denn, du musst eine Kur machen?

Das dritte ist, aber das soll nicht ausschlaggebend sein, der Eigenanteil im spezialisierten Heim der Diakonie liegt bei 3.000,00 Euro; das andere kostet 1.000,00 Euro weniger. Leisten kann er sich auch das teuere zumindest die nächsten 5 Jahre.

Am liebsten wäre mir, wenn ich gar nichts entscheiden müsste, ich weiß, dass ich den nächsten Schritt gehen muss, aber es ist so schwer!

Kommentare

  • Hallo anonym!
    Oh...ich kann dich so gut verstehen!
    Es ist wirklich verdammt schwer sein Elternteil in einem Heim unterbringen zu müssen.
    Soweit bin ich noch nicht aber vielleicht wird es in naher Zukunft soweit sein.
    Ich hatte deswegen auch schon viele,schlaflose Nächte.
    Diesen Schritt zu gehen ist mit das Schlimmste.
    Dass du deinen Vater in deiner Stadt unterbringen möchtest,finde ich gut.So hast du keinen zu weiten Anfahrtsweg.
    Ich würde auf jeden Fall ein Heim aussuchen,welches auf Demenzkranke spezialisiert ist.
    Dort kennt man sich mit dementen Menschen aus und hat auch dafür geeignetes Personal.
    Er kann nicht weglaufen und diese Sorge musst du dir schonmal nicht machen.
    Auch wenn dieses Heim einiges im Monat mehr kostet...das wäre es mit Wert.
    Er ist dort bestimmt besser aufgehoben...vielleicht erstmal zur Kur?!
    Ich würde mich nicht scheuen es deinem Vater so zu verkaufen.

    Was ich dir gerne noch sagen möchte...hab bitte kein schlechtes Gewissen!
    Unsere Eltern sind auf uns angewiesen wenn sie alt und dement werden.
    Du tust das, was du tun musst.Aus Liebe!
    LG Anja
  • Hallo Anonym,

    auch ich kann Deine Sorgen gut nachvollziehen: Ich hab das gleiche mit meinem Papa erlebt, nur aus 10000km Entfernung und leider war es mir nicht im Wochen- sondern nur im im Monatstakt moeglich, zu uns nach Hause zu kommen. Wie Du, habe ich Hilfe hinzugezogen (private Pflegepersonen, Tagespflege, Pflegedienst, Nachbarn, Freunde usw.), bis es nicht mehr zu verantworten war.

    Auf jeden Fall ist es gut, dass Du entschieden hast, Deinen Vater in Deine Naehe zu holen. Du bist nach wie vor eine vertraute und wichtige Bezugsperson fuer ihn und wirst das auch immer bleiben. Das Langzeitgedaechtnis bleibt am laengsten erhalten, deshalb sieht er in Dir eine Person, die zu seinem empfundenen Alter passt. Ich vermute, dass er sich als einen juengeren Mann sieht, der unmoeglich eine Tochter in Deinem Alter haben kann. Dir bricht natuerlich das Herz, aber eine gute und sehr demenzerfahrene Freundin hat mir seinerseit immer wieder gesagt, dass man es nicht persoenlich nehmen oder gar thematisieren soll. "Der Verstand muss suchen, aber das Herz fuehlt es genau." Und sie hatte Recht!

    Spontan stimme ich Anja vollkommen zu, denn wie sie im Grunde sagt: Demenzpatienten sind nicht einfach 'nur' alt, sondern stellen ganz andere Herausforderungen ans Pflegepersonal und haben auch ganz andere Alltagsprobleme. Ein Beispiel: Eine 'gute' Demenzstation hat eine eigene Spuelmaschine UND eine Mikrowelle, denn wenn das Essen schwerer faellt und langsamer geht, moechte man keinen 'Abraeumdienst', der den Teller wegnimmt und es ist wunderbar, wenn das kalte Essen wieder ein wenig angewaermt werden kann. Das Pflegepersonal benoetigt Erfahrung und eine spezielle Ausbildung, um die individuellen Probleme richtig zu erkennnen.

    Noch ein Beispiel: Wenn jemand eine "Hinlauftendenz' entwickelt (das trifft es meiner Meinung nach eher als eine Weglauftendenz), dann kann er nicht ertragen, wenn jemand lapidar versichert, dass alles in Butter sei. Da, wo er/sie hin moechte, gibt es etwas Wichtiges. Da ist das nicht in Ordnung, wenn man da nicht hinkommt. Erfahrene, mit Demenz vertraute Pflegepersonen wissen das und koennen entsprechend reagieren.

    Was ich besonders bedenklich finde ist, dass der Leiter des 'normalen' Altenheimes sagt, 50% der Bewohner seien demenziell veraendert. Ja und warum gibt dann keine spezifischen Angebote oder geschultes Personal? Das macht mich wuetend, denn er tut so, als ob diese anteiligen Demenzbewohner sein Heim als geeignet erscheinen lassen. Mir kommt es eher bedenklich vor, wenn 50% der Bewohner in ihren Beduerfnissen und Noeten sozusagen ignoriert werden.

    Es sind so, so viele Faktoren, die bei der Auswahl eines Pflegeheimes eine Rolle spielen koennen. Was mich seinerzeit ueberzeugt hat war, wie die Bewohner auf mich gewirkt haben. Dort, wo wir 'gelandet' sind, wirkten sie gluecklich, gepflegt und - ja- gut ernaehrt auf mich. Sie fuehlten sich irgendwie sicher. Der Snoezzle-Raum war eine wunderbare Sache.

    Es gibt sicherlich Faelle, in denen das Gefuehl von 'eingesperrt sein' emfpunden wird. Aber wie mag es sich wohl anfuehlen, wenn man sich im Dunkeln frierend irgendwo verirrt. Es wuerde mich sehr interessieren, auf welche Erfahrung Deine Kollegin sich bezieht, wenn sie das sagt. Mir scheint das eher in den Bereich Psychiatrie als Demenz oder Gerontologie zu passen.

    Natuerlich sind all diese Entscheidungen schwer, aber wenn Du Dich auf Dein Herz verlaesst, wird es gut sein. Du liebst Deinen Vater, das hoert man aus Deinen Zeilen heraus. Und er liebt Dich, da kannst Du ganz, ganz sicher sein.

    Du gibst ihn doch auch nicht weg oder ab. Wenn er bei Dir in der Naehe ist, bist Du so oft bei ihm, wie Du kannst und moechtest und verlaesst Dich eben statt auf die Diakonie auf das Pflegepersonal. Du kannst mit ihm hingehen/fahren, wohin ihr moechtet. Du kannst die Zeit mit ihm geniessen (vor allem, wenn Dein Sorgenstein im Magen Dich nicht mehr wachhaelt.)

    Geld darf in dieser Lebenssituation nicht von Bedeutung sein. Wenn er sich leisten kann, soll er das Geld dafuer ausgeben! Er hat ein Leben lang gearbeitet und hat es verdient, dass es ihm so gut wie moeglich geht. Wenn er es sich nicht mehr leisten kann, springt das Sozialamt ein. Und nachdem er vermutlich jahrezehntelang in die oeffentlichen Kassen eingezahlt hat, hat er auch ein gutes Recht darauf. Was die Unterhaltspflicht von Kindern betrifft, ist der 'Freibetrag' so hoch, dass man wirklich Steine statt Geld verdienen muss, bevor man verantwortlich ist. Und in der Einkommensklasse spielt es ohnehin keine Rolle mehr.

    Die Frage, wie Du ihn ueberzeugst, kannst Du am besten beurteilen, weil Di ihn am besten kennst. Horche auf Dein Herz und geh im Gefuehl so dicht an heran, wie Du kannst. Dann wird Dir das Richtige einfallen. Ganz bestimmt.

    Von Herzen alles, alles Gute,

    Nenna
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