Alzheimer

Meine Schwiegermutter (76) hat Alzheimer (Pflegestufe 1). Sie wusste am Wochenende nicht mehr dass sie 4 Kinder hat (habe ich auch eine Tochter?) u.s.w.
Ich Pflege sie (Windeln, Kochen, Haushalt) was halt so anfällt. Ich bin schon einiges gewöhnt, aber meine Schwiegermutter verplüfft mich immer wieder. Seit gestern spricht sie ganz normal und nicht nur von früher. Sie hat heute sogar telefoniert. Ich bin jetzt doch sehr verwundert.
Das ist doch für Alzheimer sehr ungewöhnlich oder?
Hat jemand die selbe Erfahrung gemacht oder was soll ich jetzt von dieser Situation halten?
Über eine Antwort würde ich mich freuen.

Kommentare

  • das ist normal. Meine frau (58) hat auch alzheimer, jetzt PS III und ich wudere mich immer noch, wie sie es schafft mit ihrer tochter zu telefonieren, uneingeweihter hätte bis vor ca. 6-8 monaten nicht gemerkt, dass sie krank ist. Man nennt es "fassade erhalten". Kostet aber im verlauf der krankheit immer mehr kraft diese fassade zu erhalten, sie ist nach so einem telefonat immer ziemlich fertig...

    gruß georg
  • hallo georg,
    vielen Dank für die schnelle Antwort.
    Ich kann mir bei meiner Schwiegermutter schon vorstellen, dass sie die "Fassade" erhalten will. Heute hatten wir dass erstemal richtig krach, sie will unbedingt zum Bäcker. (ist unser Nachbar) ich habe sie dann halt ziehen lassen und die Nachbarin gebeten sie über die Straße zu bringen.
    Sie lässt sich da von nimmanden abhalten.

    Gruß Uschi
  • Hallo liebe Uschi,

    meine Mutter (71) ist ebenfalls dement und ich kann mich dem Beitrag von Georg anschließen. Die Schwankungen meiner Mutter sind ebenfalls zum Teil enorm, kommen unverhofft und sind nicht kalkulierbar. Besonders schwer fällt das natürlich meime Vater, der sie versorgt. Permanent ändert sich die Situation, permanent muss er mit beinah jedweder Reaktion, Aktivität oder Passivität meiner Mutter rechnen. Das erschwert ein Zusammenleben.

    Der Versuch, als kranker Mensch seine Unsicherheit oder sein zunehmendes Unvermögen, zu verbergen ist wohl bei dieser Krankheit oftmals sehr typisch und symptomatisch. Ich denke, diese Situation quält den erkranken Menschen wahrscheinlich zugleich auch. Nur leider kann ihm das rational nicht mehr dargebracht werden.

    Ich selbst freue mich über jeden "wachen" Moment meiner Mutter, genieße diese Momente und bin glücklich, dass es immer wieder diese Inseln gibt, auf denen wir uns begegnen können. Die Phasen dazwischen versuchen wir zu akzeptieren und dabei den Alltag so gut wie möglich zu meistern. Das gelingt uns mal besser, mal schlechter.

    Insofern macht Ihnen die Wechselhaftigkeit bei der Alzheimererkrankung Ihrer Schwiegermutter die bisherige Pflege sicher nicht leichter. Was mir zumindest hilft, ist ein solches Verhalten einschätzen zu können.

    Bei Ihrer Verantwortung für Ihre Schwiegermutter wünsche ich Ihnen daher weiterhin viel Kraft und ein unterstützendes Umfeld.

    Viele Grüße,
    Malcom
  • Hallo Malcom,
    vielen Dank für die Antwort. Es ist wirklich schlimm, wenn man die einzelnen Phasen nicht mehr kalkulieren kann. Meine Schwiegermutter weiss zum beispiel oft noch was in ihrer "schlimmen" phase los war. Was meinem Mann und mir schwer fällt ist die tatsache dass sie auf Bildern ihre alten Kollegen und auch die Kollegen vom Schwiegervater noch erkennt und sich freut diese zu sehen. Aber ihre Kinder alle durcheinander bringt. Die Ur-Enkel werden mit den Kindern oder Enkel verwechselt oder gar nicht mehr erkannt. Ich glaube mein Mann leidet da sehr drunter. Er gibt dass nur nicht so zu.
    Aber wir werden das beste daraus machen.
    Wie heiste es so schön? In der ruhe liegt die Kraft.
    Gruß Uschi
  • Hallo Uschi,

    meine beiden Großväter waren an Alzheimer erkrankt, daher kenne ich das Verwechseln von Kindern in verschiedenen Generationen selbst und auch von Erzählungen meiner Familie.
    Mein Opa mütterlicherseits hat irgendwann angefangen mich mit seinen Töchtern zu verwechseln und verwechselt mittlererweile meine Tante und Mutter mit seiner Frau.
    In der Familie meines Vaters war es ebenfalls so. Mein Opa väterlicherseits hat meine Tante, die ihn betreut hat, auch angefangen mit dem Namen meiner Oma anzusprechen.
    Meine Tante hat mir damals erklärt, dass zuerst das nahe Zurückliegende vergessen wird. Deshalb erkennt ihre Schwiegermutter die alten Arbeitskollegen noch so gut, da sie ja auf dem Foto immer noch genauso sind wie vor einigen Jahren, während sie sich an die Namen der Urenkel nicht mehr erinnert.

    Ich wünsche Ihnen auch viel Kraft,
    Maja
  • hallo,
    ich finde den artikel sehr interessant!!! ich kenne es auch von meiner mutter das sie einiges von früher weiss nur heutiges kaum... was sie grad gemacht hat... wer weiss denn sowas???
    naja ist immerwieder schön zu sehen wie sie sich unterhalten kann mit ihrer schwester wenn sie von früher sprechen, mama kann da richtig mitreden!!!

    ich habe mir auch von einer gerontologin erklären lassen wie soetwas kommt. sie meinte dazu das das gehirn wie ein trichter zu sehen ist.
    die ersten dinge die man erlebt fallen ganz nach untern in den trichter und alles was man erlebt fällt immerwieder drauf und verfestigt altes was schon im trichter liegt. alles was neu ist schwimmt oben auf dem trichter und schwappt immer mal wieder raus... aber es kann immer mal wieder vorkommen das eben das was oben drauf liegt doch fest drinnebleibt. wenn es schlimmer wird kommt in den trichter ein sturm und die jahre fliegen durcheinander und der kranke erlebt kinderzeiten, jugendzeiten, und auch zeiten die noch nicht lange her sind, das kann sich in kürzester zeit ändern.

    ich fand die erklärung schön!!!
    ich hoffe sie gefällt auch anderen!!!

    lieben gruss

    doris
  • Hallo,

    ich möchte nur kurz was bzgl. erinnern hinzufügen!

    Meine Mutter war damals 5 Wo. im Krankenhaus, danach hat sie ihre Wohnung, in der sie fast 40 Jahre gelebt hatte nicht mehr erkannt! "Wo bringt ihr mich denn hin?" war ihr Kommentar, als sie nach Hause kam.
    Nun, das Komische! Das Cafe in der Stadt, wo sie in der Regel jeden Sonntag sass - das hat sie nach dem Krankenhausaufenthalt ohne Probleme erkannt!

    Diese Situation hatte ich dann dem Arzt mal erzählt - er meinte:" Das ist aussergewöhnlich, aber wahrscheinlich war die Wohnung für meine Mutter bereits schon lange eine Belastung und daher hat sie es verdrängt!" Das kann stimmen, da sie die letzte vor dem Krankenhaus fast nicht mehr zu Hause war, sondern ständig unterwegs - also regelrecht eine Flucht vor dem Alleinsein, was wahrscheinlich für sie das Schlimmste war!

    Also ich will damit nur beifügen, nicht nur das Alte bleibt im Gehirn am Längsten, sondern auch nur das, was derjenige gut gefunden hat oder gern gemacht hat!

    Viele Grüsse Sabine
  • Hallo, möchte mich mal wieder melden.
    Es ist sehr verwunderlich dass schon lange keine neuen Beiträge nachzulesen sind!
    Dabei ist es doch für Betroffenen immer wieder Interessant zu lesen wie es anderen so ergeht.
    Man kann dadurch nur dazulernen.

    Ich mache mal den Anfang.
    Wir (meine Schwiegermutter und ich) sind mittlerweile in Pflegestufe II gelandet.
    Sie macht jetzt auch Tagsüber regelmäßig in die Hosen und sagt dann immer "das war ich nicht". (ja wer den dann?)
    Ich sage dazu am besten gar nichts, ist eh zwecklos. Windelhöschen will sie Tagsüber nicht anziehen (brauch ich doch nicht). Also wird alles weggeputzt, gewaschen und sie wird neu Angezogen. Unser Bewegungsmelder im Hof hat sich schon rentiert. Wir wurden nachts (1:15 Uhr) aus dem Bett gerissen. Der Bewegungsmelder hat angeschlagen. Schwiegermutter war schon im Nachthemd und Hausschuhen an der nächsten Straßenkreuzung. Mein Mann hat sie wieder vorsichtig eingefangen. (War mein Fehler, ich hatte den Schlüssel innen stecken lassen) "Sie wollte nach Hause".
    Wir haben jetzt auch ein Pflegebett, was ich nur Empfehlen kann, das ist für mich ein Segen.
    Ich muss Schwiegermutter nicht mehr aus dem Bett hochziehen, sonder fahre das Bett höher und sie kann Bequem aufstehen. Auch das tägliche neu Beziehen und Abend /Nacht Windeln geht besser. (der Rücken dankt`s)
    So, ist mal ein kleiner Auszug aus dem Alltag. Ich weis es geht vielen noch viel schlechter, und denen wünsche ich viel Kraft und Mut.

    Gruß Uschi
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