Sachwalterschaft - früher "Entmündigung"

Trotz der vielen schweren Fälle, die man hier im Internet liest, denke ich unser Fall ist etwas außergewöhnlich und könnte durch die Dokumentation hier auch anderen helfen.
Wir sind aus Wien/Österreich - leider gibt es bei uns nicht so umfangreiche Foren zu diesem Thema.
Sollten sie Betroffene mit ähnlichen Problem im Raum Wien sein, würde ich mich freuen, wenn wir uns auch privat austauschen können. Mein mail: ilona.rus-fotografin@gmx.at
Gesetze, Behörden und Betreuungsstellen sind schließlich in Ö ganz anders als in der BRD.

Um einen guten Einblick in die Geschichte geben zu können, muss ich leider etwas ausholen.
Ich habe meinen Lebensgefährten Karl vor knapp 13 Jahren kennen gelernt - ich war damals 26 Jahre alt. Er war zwar bedeutend älter als ich (- anfangs ließ er mich an 20 Jahre Altersunterschied glauben - viel später stellte sich heraus das er mich angeschwindelt hatte und glatte 30 Jahre älter ist als ich.) aber da ich mich immer schon zu älteren Partnern hingezogen fühlte, hat mich dieser äußerst attraktive, charmante, höfliche , weltgewandte und doch schüchterne Mann vom ersten Augenblick in den Bann gezogen.
Wir waren beide sehr verliebt und seine Ehe mit einer bedeutend älteren Frau (10 Jahre älter als er selbst) die zwar schon sehr lange aber nur noch aus wirtschaftlichen Gründen bestand, wollte er bald lösen.
Seine Frau war nie an Liebe Gefühle oder gar gemeinsamen Kindern interessiert.
Ich kannte seine Frau Antonia damals auch schon persönlich und habe von ihr selbst viele dieser ``Ehe" -details erfahren - habe mich also nicht nur auf die Ansagen des ``armen Ehemannes`` verlassen.
Da Karl in einer großen Familie aufgewachsen ist, hatte er immer einen Wunsch nach Kinder - im Alter immer stärker.
1998 kam dann unsere gemeinsame Tochter Karoline zur Welt. Am Standesamt - bei der Namensgebung unserer Tochter habe ich sein reales Geburtsdatum das erste Mal erfahren - er bestritt aber es mir verheimlicht zu haben. Und genau DAS war der Tag an dem ich zum ersten Mal stutzig wurde.
Bei genauerem überlegen vielen mir noch einige seiner ``nicht zusammenpassende`` Äußerungen und Aktionen schon in den Monaten vor Karolines Geburt ein.
Auch die geplante Trennung von seiner Frau klappte nicht, da er plötzlich Angst vor der großen Veränderung hatte, die materiell orientierten Intrigen seiner Ehefrau nicht real einschätzen konnte u.s.w.
2001/2002 hatte Karl erste deutlich merkbare Anzeichen von paranoiden Zügen, leichten Verfolgungswahn, Depressionen in Abwechslung mit extrem manisch Phasen (auch in sexueller Hinsicht), häufige Entscheidungsunfähigkeit schon bei kleinen und unbedeutender Dinge, extreme Schlaflosigkeit und nächtliche Unruhe.
Trotz Uneinsichtigkeit gelang es mir Karl zu einem Besuch beim Psychiater und in weiterer Folge zur Testung auf einer psych. Uniklinik überreden.
Es wurde eine leichte Form der paranoiden Schizophrenie und/oder ein Borderline Syndrom angenommen.
Heute glaube ich an diese Diagnosen nicht mehr - eher an den frühen Beginn und die ersten Anzeichen seiner (Morbus Pick?) Demenz.
Er bekam Seroquel und Meleril verschrieben.
Auf die Seroquel schlief er gut und so liebte er die Tabletten sofort und nimmt sie auch heute noch mit Begeisterung. Die Meleril setzte er bald selbstständig ab da sie seine Potenz beeinträchtigten.
Vier Jahre gab es ein Periodisches auf und ab von recht guten Phasen - wochenlang der liebe, verantwortungsvolle Vater und Lebenspartner, auf dem man sich größtenteils verlassen konnte und der mir ein große Stütze, ein feuriger Liebhaber und einfühlsamer Partner war - dann wieder tagelang unverlässlich, grantig, abweisend und gefühlskalt. Die aus dem Nichts auftretenden Wutausbrüche und unmotivierten Beschuldigungen haben mich immer wieder aus der eigenen Bahn geworfen. Ich war selbst psychisch am Tiefpunkt und machte in dieser Zeit auch eine 1 ½ jähr. Psychotherapie.
Die Perioden der ``guten Phasen`` wurden immer kürzer - die ``schlechten Phasen`` kamen immer schneller und wurden immer länger. Ich fühlte mich streckenweise wie im ``falschen Film`` Titel: Dr. Jackel und Mr. Hayd.
Da ich aber eine Ausbildung zur Krankenschwester genossen habe, habe ich im Hintergrund immer gewusst, dass die ``schlechten Phasen`` nicht seinem Wesen entsprechen sondern einfach seinem Krankheitsbild (welchen war ich mir nie sicher).
Sehr verlassen gefühlt habe ich mich in dieser Zeit von all den Ärzten. Bei keinem hat man das Gefühl als Angehöriger ernst genommen zu werden. Keiner sagt einem was Sache ist bzw. was man sonst tun könnte. Wenn man sich selbst im Net informiert und Fragen stellt, wird man als ``Hobbypsychologe`` abgestempelt und zurecht gewiesen, das man ja nicht studiert hat...
Nur beim Verein für Angehörige psychisch Kranker http://www.hpe.at/sitex/index.php/page.124/ habe ich
2003 das erste Mal knallhart ins Gesicht gesagt bekommen was Sache ist (...ihr Partner ist psychisch schwer krank und ist nicht heilbar...) und was eigentlich mit meinem Lebensgefährten und Vater meiner kleiner Tochter los ist.
Der vielleicht gut gemeinte Rat, sich schleunigst von ihm zu trennen um DAS (was kommt) mir und meinem Kind nicht anzutun, kam für mich aber nicht in Frage. Zum ersten liebte und liebe ich ihn immer noch sehr und zweitens bin ich nicht der Mensch der davon läuft wenn’s unangenehm wird!
2006war der ``normale`` Umgang mit Karl schon fast unmöglich. Er entwickelte wieder vermehrt paranoide Züge, Verfolgungswahn und Herabsetzung von allen Menschen in seiner Umgebung - uns eingeschlossen. Erschwert wurde das ganze noch durch sein immer noch weitergeführtes Doppelleben. Teilweise verbrachte er Zeit und auch Nächte bei seiner Noch-Ehefrau, teilweise bei uns.
Da die Ehefrau schon auf die 80 zugeht und ebenfalls paranoide Züge und Verfolgungszeichen aufweist, spitzte sich die Situation Streckenweise arg zu.
Vergesslichkeit und Desorientierung wurden nun immer deutlicher und auch von Karl nur mehr schwer zu ``maskieren``. Er hatte es seit Jahren drauf, außenstehende Personen inkl. Freunde und Familie den vollkommen Gesunden vorzuspielen und mich mit meinen ``Befürchtungen und Diagnosen`` dabei sehr blöd ausschauen zu lassen.
Es gelang mir dann überraschend einfach ihm von einem neuerlichen Besuch beim Psychiater zu überzeugen. Da unser Liebesleben durch seine überwiegend feindliche Gesinnung auch mir gegenüber ohnehin auf ein extremes Minimum geschrumpft war, hatte er gegen die Einnahme von den nun verschriebenen Dogmatil nichts mehr. Seine Aggressionen, paranoide Züge und Feindlichkeit verschwanden sozusagen Schlagartig!! Wahnsinn im Nachhinein, wie lange man leidet bevor man wirklich nicht mehr kann und wie einfach manchmal die Lösung ist.
2007 - Anfang bis Mitte des Jahres - Verwirrtheit und Desorientiertheit nahmen aber schön langsam Formen an, dass ich fast täglich an eine Abklärung bezüglich Alzheimer dachte. Er war aber körperlich noch sehr aktiv, konnte zwischen seinen zwei Wohnsitzen (Ehefrau und Partnerin mit Tochter) selbstständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln pendeln.
Einkaufen und kleine Besorgungen mit Notizzettel gelang locker und machte sogar überwiegend Spaß. Persönliche Körperpflege, Essen, kl. finanz. Transaktionen - nahezu problemlos.
2007 - Anfang August verleben wir noch einen wunderbaren Aufenthalt in Kenya - zwar ohne Unterwäsche und andere eher wichtigen Urlaubsutensilien, weil er ja seinen Koffer selbst packen kann, er es ja immerhin seit 40 Jahren selbst macht....
- August/Sept. körperlich geht es plötzlich rapide bergab - gelegentlich Atemnot, undefinierbare Schmerzen... - zuerst denken wir an eine Verschlechterung der Lungenfunktion, da Karl seit Jugend an rezetiven obstruktiven Lungenproblemen laboriert. 2002 hatte er auch eine schlimme Lungenentzündung mit ähnlichen Symptomen.
Der Lungenfacharzt verschreibt Antibiotika und rät erst nach wiederholter Vorstellung zu einer internistischen Abklärung.
Dann geht alles ganz schnell...
Positive Ergometrie, positive Herzszintigraphie, positive Angiographie...
Diagnose Okt. 2007 - übergangener Hinterwandinfarkt - sofortige Bypass-OP indiziert.
Die Operation am 1.11.07 ist routinemäßig normal verlaufen.
Es wurden in 5 Stunden 3 Bypässe gelegt und 2 weitere Verengungen der Herzkranzgefässe beseitigt.
Schon 16 Minuten nach Operationsende durfte ich (ausnahmsweise da ich ja Krankenschwester gelernt habe) zu Karl auf die Intensivstation.
Da er aber beim Aufwachen und danach massive psychatrische Schwierigkeiten (zuerst wurde ein sog. Durchgangssyndrom angenommen) hatte, wurde ich mit ihm im Spital mit aufgenommen und blieb rund um die Uhr an seiner Seite.
Karl hatte einige Probleme mit der Beatmungsmaschine und hat die Operation psychisch leider nicht gut verkraftet.
2 Tage lang erkannte er seine Umwelt und Personen nicht - auch mich nicht!!!
Er musste leider sogar Zeitweise fixiert werden, um sich nicht weitere in seiner Verwirrtheit Kanülen und Drains aus dem Körper zu reißen. Er schrie fast ohne Unterbrechung um Hilfe und bezichtigte mich der Mordabsicht...
Nur mit Betreuung rund um die Uhr, viel Zuwendung, Körperkontakt und Liebe konnte ich Karl wieder Schrittweise in die Realität zurückführen - zumindest in SEINE Realität.
Am 6. Tag nach der O.P. hat der Primarius gemeint, die Herzwerte sind super und die Psyche erholt sich zu Hause bei mir sicher besser, außerdem hat er ja in mir eine Privatkrankenschwester und somit sichere Genesungsaussichten - und Karl wurde am 6.11.07 in meine Obhut entlassen.
Mit Antonia (seiner Ehefrau am Papier) habe ich mich anfangs einigermaßen arrangiert, in den letzten Tagen macht sie aber leider wieder Stress und spielt ihre Intrigenspielchen - in Anbetracht von Karls schwerer Operation und doch noch sehr instabilen Gesundheitszustandes finde ich das sehr unfair und erschütternd.
Anfangs war Antonia sehr froh, dass ich ihr die Bürde und Last der ganzen schlimmen Zeit abgenommen habe, Karls unzählige Untersuchungen im Vorfeld, die Warterei im Spital auf die O.P. die unzähligen wachen Stunden an seinem Bett u.s.w.
Antonia hat Karl in all den Wochen nur 2x kurz besucht....
Sie weigert sich Karls Krankheit und Schwäche zu akzeptieren und denkt durch ignorieren und intrigieren kann sie die Situation nach ihren Vorstellungen verändern. Sie denkt er könnte ab und zu zu ihr nach Hause und alles ist so wie vorher! Ihr ekelt vor seiner mächtigen Narbe am Brustkorb und sie beschwert sich über seine ``Verblödung``.
Durch das ignorieren seiner gesundheitlichen Probleme bringt sie ihn aber in Lebensgefahr - sie würde ihm seine Medikamente nicht verabreichen und seine Defizite nicht erfassen!!
Karls aktueller Gesundheitszustand ist weit vom Zustand vor der OP entfernt, er ist meist sehr Desorientiert, Verwirrt und noch sehr schwach auf den Beinen. Der Unterschied zu dem Zustand vor der Herzoperation ist - für mich subjektiv empfunden - von 25% Beeinträchtigung auf 85% gestiegen.
Er ist momentan so hilflos wie ein 3-4 jähr. Kind.
Braucht Unterstützung beim Anziehen, Körperpflege und bei vielen alltäglichen Dingen. Er findet sich in fremder Umgebung (z.Bsp. Reha) auch nach Wochen nicht zu recht. Sen Zeitgefühl ist fast komplett verloren gegangen. Unzählige wiederholte Fragen - ständiges nachgehen um nicht allein sein zu müssen (auch nicht für 10. Min.) - Nachts muss er manchmal zur Toilette gelotst werden etc.
3 Wochen nach der Operation hat mir die Ehefrau die weitere Pflege von Karl überlassen - sie sei damit überfordert und absolut nicht dazu geeignet - zudem nicht wirklich daran interessiert.
Einige Tage später ruft sie aber in der Herzklinik an, in der Karl operiert wurde und behauptete ich hätte ihren Mann entführt und würde ihn verwahrlosen lassen!!
Die Klinik glaubte zwar meinen aufklärenden Worten auf ihre telefonische Nachfrage, trotzdem kam es aber zu einem gerichtlichen Gutachten über Karls geistigen Zustand und nach der Diagnose des Gutachters: schweres Abbaugeschehen, mittelschwere organisches Psychosyndrom (16 von 30 Punkten) wurde meinem Partner eine Sachwalterin aus einer Anwaltskanzlei gestellt.
Bei der Sachwalterin geht es mir leider ähnlich wie mit den Ärzten - man spricht 1-2 Stunden mit ihr und weiß am Ende genauso viel wie vorher - nämlich gar nix!!!
Die Ehefrau hat ganz schnell Karls Pensionskonto abgeräumt, Wertgegenstände und selbst Karls persönliche Dinge und Kleidung gibt sie nicht heraus.
Die Sachwalterin windet sich und versucht meiner Meinung Zeit zu gewinnen um eventuell eine - sich selbst erledigende Situation- abzuwarten.
Ich habe selbst nach 3 schweren Rückenmarks- und Wirbelsäulenoperationen nur eine geringe Invalidenpension (540 Euro). Trotzdem habe ich für die Versorgung meines Partners (Essen, Pflege, Apothekenkosten ....) seit 2 1/2 Monaten keinen Euro!!! Ich werde nur hingehalten und vertröstet.
Manchmal beschleicht mich die Angst, dass die Sachwalterin eine Heimeinweisung plant und ich als NUR Lebenspartnerin und Nicht-Ehefrau da kein Mitspracherecht habe!!!
Auch vor weiteren Intrigen der Ehefrau habe ich Angst - sie heckt immer gerne bösartige Pläne aus auch wenn sie am Wohl und Zustand von Karl gar nicht (mehr) interessiert ist.
Ich habe ihn immer noch so sehr lieb und ihn zu pflegen empfinde ich noch nicht sehr als Belastung - ich hoffe das bleibt so stark damit ich das alles schaffe...

Vorletzten Donnerstag waren 3 seiner Freunde bei uns auf Besuch - ich habe für Karl eine kleine Überraschungsparty organisiert - er hat sich sehr gefreut und es hat ihm auch psychisch gut getan - genauso wie das zusammenleben mit unserer kleinen Tochter Karoline (nun 9 Jahre alt) - sie bringt oft ein kleines Lächeln in sein Gesicht...

Bei Tipps zum Umgang mit Sachwalterschaften bitte gern auch an meine Privatmail ilona.rus-fotografin@gmx.at

Kommentare

  • Hallo!
    Ich bin zwar nicht aus Wien, aber ich hätte zu dem Thema auch was zu sagen. Nähmlich, daß ich auch vor kurzem auf dieses verdammte Seroquel umgestellt wurde. Z.Z. beziehe ich BU-Rente als Ärztin.Ich hatte nach Cannabiskonsum nähmlich ne Psychose und wurde erstmalls auf das Zyprexa eingestellt. Und jetzt, ausgerechnet während der Reha stellen sie mich auf Seroquel ein.Warum wohl- nur wegen der Kosten. Dann besitzt die Ärztin noch die Frechheit zu schreiben, es wäre auf meine Bitte gewesen! Ich verblöde durch dieses Medikament! Und die Ärzte tun so, als ob nichts wäre!! Hat Jemand vielleicht Langzeiterfahrung mit Seroquel? Gehen die Symptome, wie zB: Schläfrigkeit, Wortfindungsstörungen und Stottern mit der Zeit weg?
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