Sich durchsetzen?

Mein Vater (74) hat eine starke Demenz. Er erkennt ausser meiner Mutter keine Angehoerigen mehr und haelt seine Soehne fuer Freunde der Familie. Eine Eigenart von ihm ist, dass er staendig - taeglich - Ausfluege unternehmen moechte, in ein oder zwei ihm bekannte Staedte (koerperlich ist er sehr ruestig). Dort angekommen, moechte er dann sofort wieder nach Hause. Wie kann man sich als Angehoeriger wehren, wenn er in der Minute zehn mal quengelt (regelrechter Psychoterror), er moechte nun einen Ausflug nach x oder y machen? Eine Verwandte meinte, man "muesse sich da durchsetzen wie bei einem kleinen Kind", aber dies fuehrt dann zu ganz erheblicher Agression. Aehnlich ist es, wenn wir mit der Familie unterwegs sind, und er moechte gleich wieder umkehren. Wie verhaelt man sich da am besten?

Kommentare

  • Hallo,

    ob es da Richtlinien gibt oder Hinweise, die für alle Demenzkranken gilt, weiss ich nicht...
    Ich kann Dir nur von meinen (unseren) Erfahrungen berichten und wie wir damit umgegangen sind.
    Meine Mutter hatte bis vor 8 Wochen auch diese intensiven nervigen "Frage-Zeiten" und ich empfand dies auch als Psychoterror! Auch unsere erwachsenen Kinder und Bekannte, die uns besuchten wie auch mein Bruder - alle waren entsetzt und z.T. mit genervt.
    Nun kannte ich schon solche Phasen von meinem Schwiegervater, nur dass dies schon 8 Jahre her ist... Von seiner Betreuung her wusste ich, dass dies eine gewisse Zeit anhält und eines Tages plötzlich wie weggeblasen ist. Ihn haben wir sehr viel versucht abzulenken... Hast Du aber bestimmt auch schon gemacht. Es gelingt manchmal für kurze Zeit, aber dann hast Du das gleiche Problem wieder. Meine Mutter haben wir vor knapp 3 Jahren aus einer altersgerechten Einraumwohnung in Chemnitz zu uns nehmen müssen auf ein sehr kleines Dorf, da es dort absolut nicht mehr ging. Nachbarn hatten uns angerufen. Obwohl ich von dem Problem wusste und selbst mehrmals am Tag telefonischen Kontakt mit meiner Mutter hatte. Aber man ist schnell an einem Punkt, wo auch das alles nichts mehr hilft.
    Am Anfang hat sie sich in ihrer kleinen Wohnung, bei uns mit im Haus, sogar mal noch ein Essen aufwärmen können.
    Die Frage-Zeit war damals nur in Ansätzen da, hat sich aber in etwa knapp 2 Jahren so gesteigert, dass es kaum zum Aushalten wurde. Das Problem mit dem Erkennen der Verwandten kenne ich auch. Mich selbst hält sie mal für ihre eigene Mutter, mal für ihre Schwester, mal für ihre Schwägerin, mal für ihre Tochter (na immerhin).
    Was die Fragerei anbetrifft, hat mir sehr geholfen, dass ich ihre Wohnungstür auch wieder schließen konnte und in unsere Wohnung zurückkonnte... An manchen Tagen habe ich versucht, nach den wichtigen Verrichtungen auch schnell wieder zu verschwinden. Manchmal hat mir auch geholfen, dass ich ihr den Telefonhörer mal in die Hand gegeben habe und sie mit einem Verwandten oder Bekannten sprechen konnte, die ihr dann machmal eher was begreiflich machen konnten als ich in den Momenten...
    Sie selbst ist auch schon abgehauen und wurde von der Polizei zurückgebracht.Nichts klappt so gut wie die Mobilität bei ihr.
    Also große echte Hilfen werden das sicher für Dich nicht sein können, aber seit meine Mutter vor
    8 - 9 Wochen eine sehr schmerzhafte Gütelrose im Gesicht bekommen hat, ist auch noch jetzt nach mehreren Wochen die Frage-Phase vorbei, was alle genießen. Sie wirkt zwar jetzt oft abwesend und Gespräche sind kaum möglich, aber das ist entspannender. Allerdings nehmen jetzt andere Dinge zu wie Inkontinenz, Orientierungslosigkeit in der Wohnung usw. Heute früh war der MDK hier und fakt ist, dass es diesmal eine Pflegestufe wird, wenn ich selbst auch noch nicht weiss, ob die Pflegestufe
    1 oder 2. Voriges Jahr kam eine Ablehnung und ich bin dummerweise nicht in Widerspruch gegangen.
    Vielleicht noch ein (für mich sehr wichtiger) Tipp: Auch bei Demenzkranken und gerade bei diesen musst Du Grenzen setzen. Keiner hat das Recht, einen anderen Menschen total fertig zu machen. Wenn Du mit allen oder trotz allen Hinweisen nicht zurechtkommst oder "selbst keine Luft mehr bekommst", dann wende Dich an die Krankenkasse. Für überbelastete Angehörige müssen die schon da sein...
    So wie ein kleines Kind nicht ungehindert seinen Willen bekommen kann, so kann es auch ein dementer Mensch nicht.
    Auch wenn viele immer wieder meinen, dass der arme kranke Mensch nichts für seine Demenz kann, was übrigens ja stimmt - so kann aber auch der Pflegende nicht dafür und muss gegebenenfalls einen "Selbstschutz" unternehmen. Übrigens ist dem dementen Patienten ja selbst nicht mal geholfen, wenn man alle seine Forderungen erfüllt...
    Na ja, vielleicht konnte ich Dir wenigstens ein ganz klein wenig Hilfe sein.
    Christine
  • Das sind gute Hinweise, vielen Dank! Eine Loesung gibt es sicher nicht und man kann eigentlich nur ueberlegen, wie man die Probleme etwas verringert.
  • Hallo seansean,
    mein Vater verstarb im Februar d.J. Diese Phasen sind mir auch bekannt, allerdings nicht so ausgesprägt, da mein Vater vor seiner Erkrankung selten Ausflüge unternommen hat.
    Die Unruhe die er hatte z.B. aufstehen wollen und nicht mehr können ohne Hilfe etc. legten sich ganz wunderbar mit der Einnahme von Risperdal. Man konnte sich sogar wieder etwas mit ihm unterhalten. Leider bekam er sie zu spät, weil sein Hausarzt für Verbesserungsvorschläge meinerseits nicht zugänglich war.
    Was auch zu meiner Entlastung beitrug, war die Demenzbetreuerin vom DRK, die sich stundenweise sehr rührend um meinen Vater kümmerte und ihn ablenkte.
    Ich wünsche allen hier im Forum viel Kraft, heute, nachdem mein Vater 2 Monate tot ist, weiss ich nicht, wie ich diese schreckliche Zeit überstanden habe.
    VG Djinni
  • Hallo seansean,

    ich kann nicht aus eigener Erfahrung bei meiner Mutter sprechen, da sie eher ruhiger ist, aber von einem Bekannten habe ich erfahren, dass seine Schwiegermutter auch immer auf der Flucht war. Sie wollte ständig verreisen und hat auch immer einen kleinen Koffer gepackt. Dann stand sie fertig angezogen mit Koffer in der Haustür. Mein Bekannter hat sie dann untergehakt und gesagt, dass er sie zum Bahnhof bringt. Mit dem Koffer in der Hand ist er dann mit ihr die Straße hoch und runter gegangen oder auch mal ums Haus und hat gesagt, dass sie jetzt angekommen sind. Sie ist dann wieder ins Haus gegangen, hat sich die Jacke ausgezogen, in den Sessel gesetzt und war zufrieden. Ausflug beendet.
    Ob dies so auch bei Euch anzuwenden ist, weiss ich natürlich nicht, aber auf einen Versuch kommt es an. Viel Glück!

    Viele Grüße Katharina
  • Hallo,
    bei meinem Schwiegervater, war es auch so wie katharina es schreibt. Ist zwar schon zehn Jahre her und bei meiner Schwiegermutter mussten wir diese "Auslüge" noch nicht machen. Wir sind mit Schwiegervater einmal um den Block gefahren, und er war zufrieden. Aber wehe man ist nicht auf sein "nach Hause gehen" eingegangen. Dann hat er um sich geschlagen, ist richtig gewalttätig geworden. Aber so kleine Tricks können die ganze Sache entkrampfen.
    Ich wünsche allen viel Glück und gute Nerven
    Uschi
  • Hallo, ich bin neu in diesem Forum und habe auch diese Probleme mit der Unruhe mit meinem Mann (58). Er möchte ständig etwas unternehmen, was ich auch sonst gern mache, aber da ich zur Zeit
    Knieprobleme habe, ist dies leider nicht möglich.
    Er ist dann sehr schlecht gelaunt und wird auch
    agressiv, wenn wir das Haus nicht verlassen könnnen. Er ist auch bereits mehrmals, nachdem ich die Haustür nicht verschlossen hatte aus dem
    Haus gegangen. Wenn ich ihn dannn zurüchhole wird
    er sehr ärgerlich. Medi
Anmelden oder Registrieren, um zu kommentieren.