Ich traue mich nicht, eine Entscheidung zu fällen, wie es mit meinem Vater weitergehen soll

Mein Vater, 78 Jahre alt, lebt 400 km von mir (zwei Kinder, voll berufstätig, keine Geschwister) alleine in Niedersachsen. Seit etwa zehn Jahren wurde er zunehmend vergesslich, allerdings wurde dies bis zum Jahr 2008 durch meine Mutter ausgeglichen und wie ich immer mehr denke, auch verharmlost. 2008 ist meine Mutter abends bei einem Spaziergang ungekippt und verstarb fünf Monate später an den Folgen eines geplatzten Aneurysmas. Erst nach ihrem Tod ist mir persönlich die Krankheit meines Vaters im ganzen Umfang bewusst geworden, wobei es da noch ganz gut lief, was Selbstversorgung und Hygiene anging; Termine beim Arzt (Alterszucker) wurden auch noch wahrgenommen, Einladungen innerhalb seiner Stadt zu Geburtstagen auch); eine wesentliche Verschlechterung ging einher im Jahr 2011, nachdem er wegen eines Leistenbruchs vier Tage im Krankenhaus war, besser gesagt, was die Zeit danach anging - ich hatte das Gefühl, sein Kurzzeitgedächtnis war völlig weg: Termine wurden nicht notiert und demnach auch nicht wahrgenommen; Einladungen wurden noch zugesagt, aber dann vergessen; er wechselte seine Klamotten nicht mehr, die Fingernägel sahen furchtbar aus; das habe ich aufgefangen, indem ich ihn telefonisch immer an alles erinnert habe - lief soweit ganz gut, allerdings kam dann für mich die nächste Hürde: Ich fuhr zu ihm, und der Kühlschrank war bis auf einen Becher Joghurt KOMPLETT leer; also habe ich auch das übernommen, ein tägliches Anrufen, um mit ihm den Einkaufszettel zu schreiben; momentan (ich könnte Romane schreiben :D) telefoniere ich mehrfach mit ihm, aber irgendwie kann ich nicht mehr. Alle vier Wochen fahre ich hin, dann versuche ich alles, was gemacht werden muss, zu erledigen und fahre einen Tag später wieder zurück; ich stopfe den Kühlschrank voll, erledige Papierkram, gerade mache ich rückwirkend fünf Steuererklärungen für ihn; Wäsche, ALLES. Er hat auch eine Dame, die einmal die Woche kommt zum Putzen, Tabletten sortieren und für Kontrollbesuche beim Arzt, die wird aber wohl auch bald aufhören, weil mein Vater zunehmend unfreundlich wird, ihr eigentlich alles untersagt "das lassen Sie mal schön sein, meine Bettwäsche zu wechseln." - sie würde öfter kommen, auch einkaufen, spazieren gehen, aber er lehnt es ab. Sie kommt seit dem Tod meiner Mutter so zuverlässig, es war immer kein Problem, seit einiger Zeit benimmt er sich völlig daneben ihr gegenüber. Alle Freunde melden sich nicht mehr, weil mein Vater ihnen gesagt hat, sie sollen nicht mehr anrufen.
Mit dem Arzt habe ich gesprochen, er meinte nur, da kann man nichts machen, ich solle Abstriche machen, er würde mir ein paar Heime nennen können, das wars. Ich weiß irgendwie nicht mehr weiter; ich weiß genau, was man machen kann, woher man finanzielle Hilfen und Betreuung bekommt, aber ich kriege es nicht auf die Reihe, etwas anzustoßen. Auch dieses Posting schiebe ich vor mir her. Oft denke ich, ich bin das Problem und nicht mein Vater. Ich habe Angst vor einer Entscheidung, die ich aber treffen müsste und versuche daher lieber selbst alles zu machen - und schaffe es nicht mehr. Zu uns holen ginge auch, will er aber nicht. Und das ich ihn einfach herhole, das schaffe ich nicht selbst zu entscheiden. Ich brauche im Prinzip Tipps, wie ich weitermachen kann OHNE das Einverständnis meines Vaters, was ich nie bekommen werde - und obwohl ich weiß, dass ich es nicht bekommen werde, warte ich darauf, dass er sagt, ok, ich ziehe zu euch oder gehe in eine Einrichtung.
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