Was tun?

Zum Anfang muss ich kurz ausholen: mein ExMann ist 62, ich selber 53, unsere gemeinsamen Kinder mit 13 und 14 leben seit der Scheidung bei ihm im Haus. Wir haben uns soweit arrangiert, und alles läuft gut. Seit ca. 2 Jahren ist er in Pension, arbeitet aber einen festen Tag in der Woche in seiner alten Firma. Letztes Jahr habe ich von April bis November umständehalber wieder bei meinen "Jungs" im Haus gewohnt, und war dann entsetzt, wie sehr sich mein Ex im täglichen Leben verändert hat.
Ich bin seit über 30 Jahren Krankenschwester, und habe die letzten 10 Jahre in Heimen gearbeitet, und natürlich auch viel Kontakt mit Demenzerkrankten gehabt, und irgendwann in diesem halben Jahr habe ich gedacht, sowas hat er auch, ist aber eigentlich zu jung dafür.
Es haben sich manche Eigenheiten verstärkt, hauptsächlich"ich will mein eigner Herr sein und bin niemandem Rechenschaft schuldig", andererseits ist er doch vom Wesen her verändert, aber sehr wechselhaft und nicht immer gleich. Auf Nachfragen reagiert er bestenfalls abweisend, meistens aber aggressiv. Seinen Schwestern ist auch eine Veränderung aufgefallen, aber sie finden sie eher zum positiven, seine Mutter macht sich mittlerweile aber auch Gedanken, weil auch ums Haus und im Garten und im Stall alles liegen bleibt.
Ja, und weil ja natürlich alles in ordnung ist, geht er auch nicht zum Arzt.

Kommentare

  • Manchmal sitzt er da und schaut, weiss nicht wie lange, auf eine Zeitungsseite und blättert nicht weiter. Ich hab auch mal die Seiten vertauscht mit der vom Vortag, es ist nicht aufgefallen. Mitten beim kochen steigt er ins Auto und fährt weg, sagt nicht Bescheid, der Herd ist an, und weigert sich zu sagen, wo und warum er weg war. Als ich wieder eingezogen bin, hat er mir Österreich erklärt und die regionalen Feinheiten, hat aber nicht berücksichtigt, dass ich ja schon über 20 Jahre genau da wohne. Mir sagt er am Telefon, er ist in der Steiermark zum arbeiten, abends erzählt er anlässlich der Hausaufgaben unseres Jüngsten, dass er am Hochkönig war, ein Berg völlig in einer anderen Gegend. Er ist berufsbedingt sehr viel mit dem Auto unterwegs gewesen und ist sehr viele Kilometer gefahren, jetzt fürchte ich mich auf 10 km, weil er einfach immer abgelenkt ist, und wenn nicht, dann über die anderen Autofahrer schimpft, wenn es mMn überhaupt keinen Grund dazu gibt. Und und und, ich könnte noch viel schreiben.
  • Liebe Rabenmutter,

    ich habe ganz ähnliches erlebt wie Du. Meine Geschichte habe ich im Frühling 2014 sehr ausführlich im geschützten Forum FTD beschrieben.

    Ich (fast 50) bin auch geschieden, war vor fünf Jahren in eine Wohnung in der Nachbarschaft meines Mannes (56) gezogen und hatte meine drei Kinder in seinem Haus, ihrem Zuhause gelassen. Sie waren damals 16, 13 und 10.
    Vor einem Jahr bin ich, nachdem meinem Exmann die Diagnose Alzheimer und Frontotemporale Demenz, schon mittelschweres Stadium, eröffnet wurde, wieder in das Haus der Familie zurückgezogen, um meinen Kindern den Rücken frei zu halten und ihre letzten Jugendjahre so "normal" wie möglich zu gestalten".

    Mir war vom ersten Tag meines Auszuges im Jahr 2010 aufgefallen, dass entgegen meinen Erwartungen im Haus "nichts klappte". Ich hatte über Jahre jeden Tag nach Feierabend nach meinen Kindern geschaut, habe die zunehmende Verwahrlosung beobachtet, aber nichts gesagt, um den Vater nicht schlecht zu machen. Im Laufe des Jahres 2013 waren dann seine Vergesslichkeiten und Unkonzentriertheiten massiv geworden. Inzwischen kam es nach einer Abmahnung zu einem Wechsel des Aufgabengebiets an seinem Arbeitsplatz. Alle paar Wochen hat sich mein Mann krankschreiben lassen müssen, um sich zu erholen. Die Kinder bemerkten eine auffällige Unsicherheit beim Autofahren. Endlich konnten wir über den Zustand reden...

    Mein Mann selbst konnte zugeben, dass er sich "seit kurzem Dinge nicht mehr so gut merken kann". Ich appellierte an ihn: "Lass bitte nach Dir schauen, wie willst Du alt werden....?" Endlich bekam ich den Hausarzt, an den ich mich schon Jahre zuvor mit meinen Sorgen gewandt hatte, ins Boot. Es kam zu ersten ambulanten Untersuchungen. Die Neurologin war hoch alarmiert und schickte meinen Mann auf Grund seines jungen Alters sofort in die Klinik zur stationären Untersuchung und Diagnosestellung. Wie schlecht der Zustand meines Mannes da schon war, hat mich dann doch erschüttert. Es war mir sofort klar, dass ich die Kinder nicht länger mit ihm alleine lassen kann.

    Wir hatten das Glück, dass mein Mann zur Untersuchung bereit war, dass er spürte, dass etwas nicht stimmte. Die Diagnose hat er mit Fassung aufgenommen. Er hat sofort akzeptiert, dass es mit der Arbeit und dem Autofahren vorbei ist. Die Neurologin hat ihn über meinem Entschluss, ins Haus zurück zu kommen, unterrichtet und diesen bestärkt. Wir waren gleich beim Notar. Ich bin die Generalbevollmächtigte meines Exmannes, weil er der Vater meiner Kinder ist und sie ja auch von seinem Geld abhängig sind.

    Glück im Unglück ist bei uns, dass mein Mann eine Krankheitseinsicht hatte, sich von seiner Diagnose aber in keiner Weise niederschmettern lässt. Er nimmt, weil er zu Zukunftsängsten und -sorgen schon nicht mehr fähig ist, alles mit Gelassenheit und oft auch mit Humor. So ist auch für die Kinder alles gut erträglich. Wir haben uns an unser neues Leben gewöhnt. Ich habe das Vertrauen, dass wir auch für alle zukünftigen Probleme eine Lösung finden werden.

    Ich wünsche Dir, dass Du/Ihr auch einen guten Weg durch die Sorgen findet, vor denen Du stehst.

    Ich konnte meinen Mann mit meiner Sorge um seine Zukunft erreichen und dazu bringen,sich untersuchen zu lassen. Vielleicht gelingen das Dir und seiner Mutter auch? Habt Ihr Kontakt zu seinem Hausarzt?
    Ich hatte bei meinem Mann den Eindruck, dass er es sogar genossen hat bzw. immer noch genießt, wie sich alle, um ihn sorgen. Er erfährt durch sein Schicksal ja auch viel Aufmerksamkeit.

    Ich wünsche Dir alles Gute

    Rosenrot
  • Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Ins geschütze Forum komm ich noch nicht, hab mich aber schon angemeldet
    Die Jungs sind eigentlich sehr gut zurecht gekommen, und jetzt geht es auch noch, was so den täglichen Ablauf betrifft. Am Anfang hab ich gedacht, mein Ex leidet darunter, dass er jetzt pensioniert ist und ihm seine Aufgabe fehlt, und gewisse Eigenheiten hat er auch schon immer gehabt, und ich hab das auch nicht so genau verfolgen können, weil ich Vollzeit gearbeitet hab und mit meinen großen Kindern im Nachbarort gewohnt habe. Richtig aufgefallen ist es mir erst, als ich wieder da gewohnt habe und praktisch Tag und Nacht dabei war.
    Den Hausarzt kenne ich, ich bin zwar nicht sicher, ob er sich von mir was sagen lässt, aber einen Versuch ist es wert. Mit den Kindern habe ich geredet, also mit den Jungs, und da heisst es dann: du kennst doch den Papa, und ohne Diagnose möchte ich sie auch nicht beunruhigen. Meine Töchter sind gelegentlich zu Besuch und übernachten da, die sagen dann nur, mei, jetzt wird er halt alt.
    Genau, und das ist das nächste, mein Ex kauft. Er hat meinen Töchtern, die in Wien leben und eine eigene Wohnung haben ( die sind 20 ) und nur gelegentlich da sind, neue Betten und neues Bettzeug und Bettwäsche gekauft, er kauft fast jeden Tag etwas, T - Shirts, Handtücher, Bettwäsche, Sportsachen, Küchenutensilien, Zubehör, um am Haus was zu machen, Pflanzen für den Garten, ein zusätzliches Schaf, und Lebensmittel, der Kühlschrank quillt über.
    Naja, derweil bleibt mir nichts anderes übrig, als weiter zu beobachten. Ich bin i.M. arbeitslos, da hab ich zumindest die Zeit, unter einem Vorwand, Stall ausmisten, Gartenarbeiten und so, hinzufahren und zu gucken.
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