Diebstahlswahrnehmungen

Liebes Forum,

meine Mutter hatte vor 2 Jahren einen massiven Diebstahlswahn; dieser konnte von einem Facharzt medikamentös behandelt werden. Sie wurde dann auf Aricept eingestellt, was den Verlauf der Alzheimer-Erkrankung prima verlangsamt hat. Nun ist vor 3 Monaten mein Vater gestorben und meine Mutter möchte in ihrem Haus wohnen bleiben (was geht), weigert sich aber dagegen, mehr als 4-6 Std. täglich betreut zu werden. Nachts geistert sie im leeren Haus umher, "räumt auf" und findet dann Dinge nicht wieder. Alle die bei ihr im Haus verkehren, werden verdächtigt, Teppiche, Gummiringe etc. gestohlen zu haben. Wie massiv darf man sich gegen ungerechtfertigte Anschuldigungen wehren?

Ich habe das Gefühl, dass wenn man sich Mühe gibt, nachzuweisen, dass man etwas nicht gestohlen hat, man sie nur stärker verwirrt. Aber ich kann ja auch nicht "gestehen", etwas mitgenommen zu haben, was sie verräumt hat. Es würde sie doch auch verwirren, wenn die Menschen in ihrer Umgebung dann noch die Dreistigkeit besäßen, zu ihren Diebstählen zu stehen. Außerdem finden sich die Dinge häufig erst nach längerer Zeit wieder an, und da sie allein lebt, ist es auch nicht ausgeschlossen, dass sie unbemerkt Dinge wegwirft.

Gibt es hierzu Meinungen oder Tipps?

Gruß, Hrabal

Kommentare

  • Na ja, dass ist ja eine ganz schön schlimme Situation. Aber sag mal, wenn deine Mutter an Alzheimer erkrankt ist, darf sie dann überhaupt noch allein in einem Haus wohnen?
    Für die Diebstähle kann ich dir leider keinen Tipp geben. Diese Art der Anschuldigungen kommen bei Alzheimerpatienten leider sehr häufig vor. Am besten einfach die Ohren auf Durchzug stellen und nicht darauf eingehen. Was soll man anderes machen. Ich kann auch verstehen, dass du nicht etwas zugeben möchtest, was du nicht gemacht hast. Ich glaub das solltest du auch nicht. Alles Gute weiterhin.
    Vielleicht solltest du dich aber schon mal vorsorglich darüber erkundigen, wie man rechtlicher Vormund eines Angehörigen wird.
  • Hallo Anonym, und Hallo sailor,

    aus eigener familiärer Erfahrung kann ich Euch erzählen, wie wir viele Probleme gemeister haben.
    Wenn "Diebstahlswahn" auftritt, bemerken Familienmitglieder meist das erstemal, dass sich etwas anbahnt, nämlich eine Demenzerkrankung, die der Erkrankte bis zu diesem Zeitpunkt gut überspielen konnte, da er in seinen eigenen, ihm sehr gut bekannten vier Wänden und in seiner gewohnten Umgebung lebt.
    Bei "Diebstahlswahn" (ich kanns auch nicht anders beschreiben) haben wir niemals wiedersprochen, zu Beginn haben wir sogar die EC Karte sperren lassen, damit die Patientin sieht, dass wir sie ernst nehmen. Allerdings haben wir die Dinge ja wiedergefunden, und dann musste sie mit auf die Bank, und die Karte wieder freigeben lassen.
    Durch diesen lang dauernden Prozess (mit vielen Rückschlägen) konnten wir vermitteln, dass nichts gestohlen wurde, sonder dass sie die Sachen eben nur gut aufräumt, damit nichts weg kommt.
    Es standen auch oft Menschen im Zimmer usw. Diese Wahrnehmung kommt auch oft zu stande, dass Patienten intensiv trämen und dann Traum und wirklichkeit nicht auseinanderhalten können.
    So haben wir es auch vermittel.
    Unsere Patientin hat noch gute 10 Jahre in der eigenen Wohnung allein leben dürfen. das hat ihr gut getan. Sie bekam Essen auf Rädern, damit kein Unglück beim Kochen passiert.
    Als sie dann selbst ins betreute Wohnen ziehen wollte, haben wir dies veranlasst und sind mit ihr umgezogen.
    Dass allerdings hat sie nicht gut verkraftet. Sie ist viel gelaufen, musste ein paarmal von der Polizei zurückgebracht werden, hat sich dabei leider auch verletzt.
    Wir haben ihr überall Zettel an die Wand geklebt, dass dies ihre Wohnung ist und wir haben ihr "beigebracht", dass bevor sie weggeht immer bei mir anrufen muss.
    Dann ruft sie an, sie wäre jetzt in der Wohnung (im betreuten Wohnen) fertig und würde nach Hause gehen. Meine Stereotype Antwort lautet dann: "Du bist doch zu hause, Du bist umgezogen, Du sitzt auf Deinem Bett" usw. Dann kommt das einsehen, und sie ist wieder zufrieden.
    Dinge verschwinden nach wie vor, denn sie "kruschtelt" wahnsinnig gerne herum.Dies lassen wir aaber auch zu,denn sie braucht ja Beschäftigung.
    Es ist auch nicht immer alles rosig und für uns entsetzlich anstrengend, vor allem psychisch. Man muss sich erst damit abfinden, dass Eltern nicht mehr stark sind und Hilfe brauchen. Aber für uns ist es am wichtigsten, dass sie sich wohl fühlt, und wenn sie in einem klaren Moment sagt, dass es ihr leid tue, dass sie uns auf den Nerv gehen würde, sagen wir ihr immer wieder, dass uns das überhaupt nicht ausmache, und sie so viel fragen solle, wie sie nur möchte, wir würden ihr immer antworten.

    Nochmal zusammenfassend: Immer ernst nehmen, denn für den Patienten ist das ja tatsächlich passiert. nach Lösungen suchen, damit dies nicht mehr passiert. Vorsichtig darauf hinarbeiten, dass die Dinge gut "verräumt" wurden, damit sie nicht wegkommen.
    Wenn es geht ein "Training" einführen: wichtige Dinge wie Geldbeutel, Schlüssel, Brillen usw. immer an die selbe Stelle
    Und bitte, bitte niemals die Ohren auf Durchzug, denn dann besteht die Gefahr, dass wir unsere Glaubwürdigkeit dem Patienten gegenüber verlieren.
    Ich wünsche Euch ein glückliches Händchen
    Grüßle
    Tochter
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