Vater zu jung für Pflegeheim

Hallo,

mein Vater ist 60 Jahre alt, leidet seit über 2 Jahren an starker Vergesslichkeit, dazu gekommen sind Orientierungsschwäche, Wortfindungsprobleme usw. Eine Diagnose hat noch kein Arzt stellen können - oder er hat sie mir verschwiegen oder sie vergessen. Mittlerweile sind die Symptome so stark, dass er zu vielen Dingen nicht mehr in der Lage ist. Er lebt allein in meinem Elternhaus, zwischen riesigen Müllbergen, er kann nicht mehr mit Formularen umgehen und hat so gut wie keinen Kontakt zu Menschen. Meine Mutter lebte schon getrennt von ihm, bevor er die Krankheit bekam und trifft sich nun sporadisch mit ihm, um zu schauen, wie es ihm geht.

Die einzige Bezugsperson bleibe ich, aber ich bin erst 23 Jahre alt, habe noch nicht fertig studiert und lebe 400 Kilometer von ihm entfernt. Ich habe ihn in meiner Stadt zu einer Gedächtnissprechstunde gebracht und hoffe nun, dass er endlich eine Diagnose bekommt. Zur Zeit helfe ich ihm, Arbeitslosengeld und Rente zu beantragen, damit er finanziell versorgt ist.

Ich weiß nicht, wie meine und seine Zukunft nun aussehen soll. Ich muss meine Ausbildung abschließen, einen Job finden und möglichst bald mein eigenes Geld verdienen. Meinen Vater mit 60 Jahren in eine Alten-Pflegeeinrichtung zu bringen (vorausgesetzt, ich würde schaffen, ihn davon zu überzeugen), wäre nicht nur wegen seines Alters sondern auch wegen seiner Hilfsbedürftigkeit zu früh. Doch ich glaube, allein und isoliert zu leben, verschlimmert seine Krankheit und bringt ihn in Gefahr. Könnt ihr mir helfen? Kennt ihr Lösungen für Patienten "mittleren Alters"? Und wie werden solche Angebote finanziert? Dankeschön.

Kommentare

  • Es ist sehr lobenswert, daß du dich so um deinen Vater kümmerst. Vernachlässige trotzdem nicht dich selbst, denn du mußt auch an deine Zukunft denken.

    So wie du das geschildert hast, wäre es wahrscheinlich erst einmal sehr sinnvoll, daß er jemanden hat, der sich auch in rechtlicher Beziehung um seine Angelegenheiten kümmern kann. Hat er dir oder sonst jemandem eine Vollmacht (am besten wäre eine notarielle Generalvollmacht) erteilt? Wurde jemand gerichtlich zum Betreuer ernannt?

    Wenn das noch nicht geregelt ist, wird es höchste Zeit, es zu tun. Sofern dein Vater - zumindest zeitweilig - noch geschäftsfähig ist, also die Bedeutung so einer Erklärung erkennen kann, sollte er umgehend dir oder sonst einer Person seines Vertrauens eine Vollmacht zu seiner Vertretung erteilen, damit du ihn nicht nur beraten, sondern notfalls beispielsweise Verträge für ihn unterschreiben kannst. Das ist eigentlich auch notwendig, damit dir Ärzte umfassend Auskunft über seinen Gesundheitszustand erteilen dürfen.
  • Ich kann mich in rechtlicher Hinsicht nur apex anschließen.
    Was die Pflege angeht, wäre es sehr wichtig, dass eine Diagnose gestellt wird. Nicht jede Vergesslichkeit ist unheilbar. Vielleicht ist bei deinem Vater ja noch was zu machen. Falls es wirklich irreversibel ist und das ist es ja leider sehr oft, dann schau doch mal ob du eine nette Demenz-Wohngemeinschaft findest. Da ist dein Vater besser aufgehoben als allein zu Hause und auch besser als in einem Pflegeheim.

    ich wünsch dir und deinem Vater alles Gute.
  • Hallo,
    mein Mann ist auch in jungen Jahren an Demenz erkrankt. Er hat die sogenannte Frontotemporale Demenz, die man auch schon in jungen Jahren bekommen kann.
    Wichtig wäre für Sie herauszufinden, was er konkret hat.
    Wir haben sehr gute Erfahrungen am Klinikum Rechts der Isar in München bei Dr. Diehl-Schmid gemacht, die seit 10 Jahren auf dem Gebiet tätig ist. Dann ist zumindest klar,was die Ursache ist.
    Wichtig ist, dass Sie dann das Thema Betreuung und Vorsorge klären, die Anerkennung der Schwerbehinderung und die Pflegestufe beantragen sowie das betreeuungsgeld für Demenzkranke.
    Wenden Sie sich doch an die Alzheimer Gesellschaft in Ihrer Nähe, da bekommen Sie Rat und Unterstützung.
    Viel Glück und Kraft
    Kerstin
  • Vielen Dank für eure Anregungen! Zu wissen, das schon andere diese vielen Schritte gegangen sind, beruhigt. Die rechtlichen Hinweise helfen mir sehr und ich werde mich nun einlesen und beraten lassen, um nach der Diagnose handeln zu können.

    Auch die Klinik in München macht einen guten Eindruck. Sollte es weiterhin Schwierigkeiten mit dem Befund geben, werde ich es dort noch einmal mit ihm versuchen.

    Und eine Demenz-WG wäre wirklich optimal. Allerdings war er schon vor seiner Krankheit sehr eigen und eigenbrötlerisch und es wird wohl nicht einfach werden, ihn von so einer Lösung zu überzeugen. Ich habe schon darüber nachgedacht, mir Hilfe vom sozialpsychiatrischen Dienst zu holen. Vor allem hoffe ich aber, dass die Diagnose und ein neuer Arzt ihn zu einem Umzug bewegen können. Habt ihr Erfahrungen damit, Demenzkranke davon zu überzeugen, ihre gewohnte Umgebung zu verlassen? Ich stelle mir das aus der Perspektive meines Vaters sehr schwierig vor.

    Noch einmal einen herzlichen Dank euch allen.
  • Hallo Orchidee,

    für alte Menschen ist es immer schwierig die gewohnte Umgebung zu verlassen, vor allem wenn sie an solch einer Krankheiten. Mein Motto ist langsam gewöhnen. Nicht sofort!!

    LG
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