Autofahren wollen
Hallo erstmal!
Ich bin Theresa, 56, und mein Mann wird dement, mit 62.
Es hat eine Weile gedauert dass zu begreifen und schmerzt immer noch. In den 40 Jahren Ehe gab es diverse depressive Episoden, die ab und zu Klinikaufenthalte erforderten. Nur dass diesmal als die Depression sich besserte die Demenz darunter nicht mehr zu leugnen war. Verifiziert durch MRT und Liquor. Mit Anfang 60 und zum Rentenbeginn. Er will das aber nicht wahrhaben. Wenn ein Arzt oder sonst jemand ihn mit der Diagnose konfrontiert, wird er wütend oder rennt raus. Nach einigen oder mehr Minuten hat er das aber schon wieder vergessen. Natürlich hatten wir für den Ruhestand Pläne - alles vorbei.
Vor allem hatte mein Mann große Auto-Touren geplant, überall hin, weil er früher bei Stress im Job nach Feierabend so gerne an den Strand oder in den Wald gefahren ist. Und nun darf er nicht mehr selbst fahren. Habe aus seinem Wagen die Batterie entfernen lassen - fast täglich schaut er aber ob der Wagen noch da ist - er argwöhnt, ich hätte ihn verschenkt. Mein Auto parke ich schon etwas außer Sicht, aber ohne käme ich ja nirgendwo mehr hin, mit Öffis würde das alles viel zu lange dauern, zum Arzt fahren oder wenn ich ihn mal alleine lassen muss. Inzwischen argwöhnt er auch dass er wohl nicht mehr fahren soll und dass er dann "nicht mehr weitermachen will wenn ihn alle für blöde halten".
Hat jemand Tips wie man den Wunsch nach Selbst fahren umgehen kann?
Und das Thema Alleine lassen steht auch an: zwar hat man Anspruch auf diese "niederschwelligen Betreuungsangebote", aber da mein Mann Angst hat mit einer "fremden Frau" allein gelassen zu werden (nachher behauptet sie ich hätt sie angegrabbelt) suche ich nach einer männlichen Betreuungshilfe, habe bisher aber noch keine gefunden. Vor allem weil die Interessen meines Mannes ganz anders sind als in den Tageseinrichtungen, die fast aussschließlich von älteren Damen und ganz wenigen älteren Herren besucht werden - damit kann mein Mann (noch) nichts anfangen. Er braucht ständig Beschäftigung und Anregungen sowie Hilfestellung wenn`s mal wieder nicht so klappt "wie sonst". Vor 4 Wochen war der MdK da, und vorgestern die Diakonie zur Pflegeberatung. Unsere Familien wohnen in NRW, die meisten Freunde auch weiter weg. Die Kinder kann ich auch nur im Notfall belasten - bei den einen ist grad Nachwuchs angekommen, die anderen sind mehr als 100 km weg und beruflich voll eingespannt, auch an Wochenenden.
Was bleibt sind 24 Stunden "wir zwei" - Meine Auszeit nehme ich mir zwischen 21.00 und Zubettgehen. So wie jetzt, Zeit nach Tips im Internet zu suchen. Tagsüber steht er sonst plötzlich hinter mir und fragt was ich da im PC suche und ob das gegen ihn geht.
Es tut gut, dass hier im Forum viele betroffene Angehörige schreiben. Man sieht dass man nicht alleine ist und dass alle irgendwie mit der Diagnose klarkommen müssen. Irgendwie geht es ja immer weiter. Und es hilft sich das mal alles "von der Seele zu schreiben".
Vielleicht gibt es noch Andere mit relativ jungen kranken Partnern? Ich hoffe auf Ideen-Austausch. Auch für mein "Wörterbuch"
Ich bin Theresa, 56, und mein Mann wird dement, mit 62.
Es hat eine Weile gedauert dass zu begreifen und schmerzt immer noch. In den 40 Jahren Ehe gab es diverse depressive Episoden, die ab und zu Klinikaufenthalte erforderten. Nur dass diesmal als die Depression sich besserte die Demenz darunter nicht mehr zu leugnen war. Verifiziert durch MRT und Liquor. Mit Anfang 60 und zum Rentenbeginn. Er will das aber nicht wahrhaben. Wenn ein Arzt oder sonst jemand ihn mit der Diagnose konfrontiert, wird er wütend oder rennt raus. Nach einigen oder mehr Minuten hat er das aber schon wieder vergessen. Natürlich hatten wir für den Ruhestand Pläne - alles vorbei.
Vor allem hatte mein Mann große Auto-Touren geplant, überall hin, weil er früher bei Stress im Job nach Feierabend so gerne an den Strand oder in den Wald gefahren ist. Und nun darf er nicht mehr selbst fahren. Habe aus seinem Wagen die Batterie entfernen lassen - fast täglich schaut er aber ob der Wagen noch da ist - er argwöhnt, ich hätte ihn verschenkt. Mein Auto parke ich schon etwas außer Sicht, aber ohne käme ich ja nirgendwo mehr hin, mit Öffis würde das alles viel zu lange dauern, zum Arzt fahren oder wenn ich ihn mal alleine lassen muss. Inzwischen argwöhnt er auch dass er wohl nicht mehr fahren soll und dass er dann "nicht mehr weitermachen will wenn ihn alle für blöde halten".
Hat jemand Tips wie man den Wunsch nach Selbst fahren umgehen kann?
Und das Thema Alleine lassen steht auch an: zwar hat man Anspruch auf diese "niederschwelligen Betreuungsangebote", aber da mein Mann Angst hat mit einer "fremden Frau" allein gelassen zu werden (nachher behauptet sie ich hätt sie angegrabbelt) suche ich nach einer männlichen Betreuungshilfe, habe bisher aber noch keine gefunden. Vor allem weil die Interessen meines Mannes ganz anders sind als in den Tageseinrichtungen, die fast aussschließlich von älteren Damen und ganz wenigen älteren Herren besucht werden - damit kann mein Mann (noch) nichts anfangen. Er braucht ständig Beschäftigung und Anregungen sowie Hilfestellung wenn`s mal wieder nicht so klappt "wie sonst". Vor 4 Wochen war der MdK da, und vorgestern die Diakonie zur Pflegeberatung. Unsere Familien wohnen in NRW, die meisten Freunde auch weiter weg. Die Kinder kann ich auch nur im Notfall belasten - bei den einen ist grad Nachwuchs angekommen, die anderen sind mehr als 100 km weg und beruflich voll eingespannt, auch an Wochenenden.
Was bleibt sind 24 Stunden "wir zwei" - Meine Auszeit nehme ich mir zwischen 21.00 und Zubettgehen. So wie jetzt, Zeit nach Tips im Internet zu suchen. Tagsüber steht er sonst plötzlich hinter mir und fragt was ich da im PC suche und ob das gegen ihn geht.
Es tut gut, dass hier im Forum viele betroffene Angehörige schreiben. Man sieht dass man nicht alleine ist und dass alle irgendwie mit der Diagnose klarkommen müssen. Irgendwie geht es ja immer weiter. Und es hilft sich das mal alles "von der Seele zu schreiben".
Vielleicht gibt es noch Andere mit relativ jungen kranken Partnern? Ich hoffe auf Ideen-Austausch. Auch für mein "Wörterbuch"
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Kommentare
dein Beitrag hat mich sehr berührt. Ich habe ihn gerade gelesen und gedacht: das ist ja genau meine Situation. Mein Mann ist fast 72, ich 66 ; er hat seit 2 Jahren die Diagnose Lewy-Body-Demenz, und das Thema Autofahren hatten wir auch lange Zeit (mit Streit und allem, was dazu gehört). Seit er einen Unfall mit einem Schaden von 5000.-€ verursacht hat - glücklicherweise hat er nur eine Verkehrsinsel getroffen und niemand wurde verletzt - ist das Thema weitgehend erledigt. Aber es gibt natürlich vieles andere, was einfach bitter ist und schwer auszuhalten.
Ich kämpfe selbst jeden Tag damit, Lösungen zu finden und selbst dabei nicht ganz unterzugehen, deshalb will ich dir keine Ratschläge geben. Aber vielleicht hilft es dir, zu wissen, was ich für mich als hilfreich empfinde. Diese Fragen habe ich mir gestellt, die Antwort hat mir dann Wege gezeigt, mit der Situation besser zurecht zu kommen:
Welche Ansprüche hast du, was Ordnung in der Wohnung /im Garten angeht? Kannst du diesen Ansprüchen jetzt noch gerecht werden? Oder mußt du Abstriche machen, um vielleicht etwas für dich tun zu können?
Was könnt ihr jetzt noch gemeinsam tun, was euch beiden gefällt? (Das ist in meinem Fall z.B. das Training im Fitnessstudio und gemeinsame Wanderungen und Spaziergänge. Es geht auch noch manchmal ein Konzertbesuch oder Essen in einem Lokal, auch wenn mein Mann jetzt schon einige Hilfe beim Essen braucht.)
Was brauchst du, damit du bei all den Anforderungen "funktionieren" kannst? Wieviel Zeit kannst du dir täglich dafür nehmen ?(Bis jetzt lasse ich meinen Mann allein, wenn ich z.B. mal zu einem Stadtbummel aufbreche; wenn das nicht mehr geht, kann ich bei uns sog.Demenzpaten ansprechen, die stundenweise ins Haus kommen. Ich glaube, du mußt deinem Mann klar machen, dass du die Auszeit ohne ihn brauchst und er die Person akzeptieren muß, die dann zu ihm kommt.)
Welche Freude kannst du dir heute machen?( Das frage ich mich jeden Morgen - und bis zum Abend habe ich dann etwas gefunden: z.B. ein Blumenstrauss, ein Stück Kuchen oder ein Besuch ,ein Telefonat mit einem lieben Menschen können den Tag freundlicher machen)
Liebe Theresa, das sind so meine "Strategien", sicher kommst du selbst auf noch viel mehr Ideen - wenn du in die Richtung blickst "Was habe ich noch an Möglichkeiten?" und weg von der Richtung "Das alles kann ich nicht mehr machen und erleben".
Und ab und zu hilft auch, sich richtig auszuheulen.
Liebe Grüße,
Magdalena
schon der Austausch mit anderen Frauen in ähnlicher Situation gibt mir Kraft - ich fühle mich dann nicht mehr so isoliert.
Du hast schon ganz Recht - man macht Abstriche in Haus und Garten. Weil er 40 Jahre außer Haus gearbeitet hat und mir die
private Firma sowie Haus und Garten zugefallen war, hat er natürlich wenig Übung im Helfen. Nun haben dann eben die Fenster Streifen, wenn er beim Putzen hilft, und eim Rasen mähen sind auch einige Beete gleich mit abgemäht wordn - aber was solls - nachher waren wir beide ganz stolz über die gemeinsam geschaffte Gartenarbeit (wir hassen sie beide, aber was muss das muss).
Das mit dem Autofahren hat ja bei euch eine ziemlich kostspielige Lösung gefunden, aber wenn dafür das Thema "vom Tisch" ist... - soweit will ich das natürlich nicht kommen lassen.
Fitness haben wir auch schon probiert - wir sind seit Jahren Mitglieder, mussten aber während der verschiedenen Klinikaufenthalte (Neurologie, REHA für die Depression, dann fast 3 Monate Psychiatrie) pausieren. Ich hatte gedacht, er kennt sich noch aus - aber die Umkleide war schon zu schwer. ein Trainer ist dann mit ihm zusammen rein - das Training hat dann ganz gut geklappt. Aber ist das bei deinem Mann auch so, dass er sich nicht mehr an das Training erinnert, aber noch weiß, dass "da irgendwas nicht geklappt hat".
Auch ich kann mal für 1/2 bis 1 Stunde weggehen, wenn er genügend Beschäftigung hat. Als wahrer Glücksfall hat sich entpuppt, dass er Gefallen am Mandala malen gefunden hat. Man lernt sich zu arrangieren. Jemand hat mit mal gesagt es sei "wie mit einem 100 kg schweren Dreijährigen" - und irgendwie gibt es da schon Parallelen. Spazieren gehen wir täglich 2 bis 3 mal, je nach Wetter. Meine Auszeiten nehme ich z. B. wenn er nach dem Frühstück noch ein wenig "Autogenes" macht (ich glaube allerdings dass er das gar nicht mehr kann, aber er legt sich hin, und ich lese dann was oder spiele am Pc Kawashima etc - und mach dann eben bewusst keine Hausarbeiten. Wie du schon schreibst - man lernt, sich seine kleinen Fluchten zu suchen. Und das mit dem Ausheulen - da dachte ich als ich die erste Diagnose "unter dieser depressiven Episode hat sich die Demenz entwickelt" bekam und mich heulend unterm Schreibtisch wiederfand - das wärs gewesen - aber ab und an kommt dann doch mal wieder was hoch. Schätze, das hast du damit gemeint, dass man sich mal ausheulten muss und dass das dann erleichtert. Ich sehe, du bist auf dem Weg schon ein Stück weiter, und den Zustand wie jetzt werd ich wohl später als pures Glück empfinden, wenn wieder was davon verloren geht. Deshalb hoffe ich dass es noch ne Weile so bleibt wie jetzt, auch wenn die ständigen Suizidversuche ziemlich nervig sind. Inzwischen gelingt mir aber, sie zu überspielen.
Ich danke dir für die hilfreichen Tips und wünsche euch auch dass es auch bei euch möglichst lange auf diesem Level bleibt. Lewy-Body muss ich erst noch googeln, dann gibt es noch FTD und "ganz normalen" Alzheimer. Aber unterm Strich ist die konsequenz wohl ziemlich ähnlich.
Manchmal fühle ich mich wie in einer Achterbahn, nur dass es nach der geraden Fahrt nur wenig bergauf aber meist weiter bergab geht. Dann tut es gut, so einen netten Brief wie den deinen zu lesen. Danke dafür!!
Liebe Grüße und weiterhin viel Kraft
Theresa
danke für deine Antwort - ich sehe, daß wir viel gemeinsam haben, was die Situation unsere Männer angeht. Mein Mann bewältigt das Fitnesstraining genauso wenig wie deiner, vor allem der Parkinson (Lewy-Body hat auch diese Krankheit im Gepäck und nicht "nur" Demenz) macht, daß er sich nur sehr langsam bewegen kann; außerdem vergisst er natürlich von Mal zu Mal die Übungsabläufe und auch mal seine Sportsachen u.a. - aber ich bin froh, so lange er allein und mit Hilfe seiner Sportsfreunde in der Umkleide zurecht kommt und ich dadurch auch mein Training machen kann.
Das Helfen im Garten und Haushalt ist so, wie du es beschreibst; viel schlimmer als unzureichende Hilfe belastet mich aber seine Teilnahmslosigkeit - er sieht nicht mehr, wo etwas getan werden muß, und das fängt beim Licht ausmachen und Türen schliessen an. Das kennst du bestimmt? Es ist keine große Sache, aber nervig. Wobei ich auch denke: es könnte und wird schlimmer kommen! Also geniessen, was wir (noch) haben.
Ich wünsche dir auch viel Kraft und oft den optimistischen Blick auf das Gute im Hier und Jetzt. Liebe Grüße,
Magdalena
ja, in großen Zügen ähnelt sich der Verlauf wohl - und das Zusammenleben so wie wir es gekannt haben ändert sich.
Auch hier steht ab und zu die Hintertür offen - und auch am hellen Tag schaltet er gewissenhaft das Licht hinter mir an wenn ich
nur mal kurz in den Flur will. Und je nach meinem "Kostüm" finde ich das rührend - oder eben - genau wie du beschreibst - nervig.
Ich lerne Abstriche zu machen, und Situationen einfach irgendwie abzukürzen. Glücklicherweise hat der Psychiater, den der Arzt meines Mannes ausgesucht hat, eine Psychologin in der Praxis, zu der ich gehe wenn mein Mann Termin hat. Das hat mir geholfen, mit den Schuldgefühlen klarzukommen, wenn man um zu helfen die Tatsachen verbiegen muss. Wenn ich absichtlich auch mal meine Brille suche. Wenn ich langsam nach Betreuungsmöglichkeiten suche für den Fall dass mir ja auch mal was passieren kann und dann niemand da wäre. Ich nehme an du hast da auch schon eine entsprechende Sammlung an Telefonnummern und Adressen?
Zwischen "24 Stunden wir zwei" und als worst case Heimplatz gibt es ja einige abgestufte Möglichkeiten. Habe auch schon begonnen, nach einer 24 Stunden-Polin zu suchen. Da gibt es unzählige Anbieter, und die Spreu vom Weizen zu trennen ist nicht leicht.
Man hat mir zu stundenweise Tagesbetreuung geraten, zum Spazierengehen oder andere Beschäftigungen zu Hause. Das finde ich unlogisch - das ist mein Job, denn ich will noch so oft wie irgend möglich mit ihm spazieren gehen und andere Hobbies tun - wer weiß wie lange das noch gehen wird und das lass ich mir nicht nehmen - eher bleibt zu Hause mal der Hausputz liegen. Zur Ergo bring ich ihn allerdings, und nächste Woche kommt eine Dame von der Diakonie. Mal sehen wie er auf so etwas reagiert. Und ja - nichts ist schöner als ein gemeinsamer Spaziergang jetzt im Frühling. Draußen singen die Amseln, seit einer halben Stunde schläft er, Zeit für mich die ich nicht missen mag.
Es ist ja nicht mein Mann der wütend wird oder weint - es ist diese verd... Krankheit die ihn dazu zwingt
Wünschen wir uns also weiterhin Kraft und ganz viel Geduld und ein offenes Ohr wenn man mal mutlos zu werden droht
Liebe Grüße
Theresa