Mutter (61) Alzheimerpatienten - Familienchaos

Hallo,

kurz zu meiner familiären Situation: Bei meiner Mutter wurde vor etwa einem Jahr eine Alzheimer-Demenz diagnostiziert. Anzeichen dafür gab es schon Jahre zuvor, die wir alle erst im Nachhinein als solche erkannt haben. Mein Vater ist seit 15 Jahren schwerer Alkoholiker. Mein Bruder neigt auch stark zum Alkohol, ist aggressiv, cholerisch - man kann kaum ein vernünftiges Wort mit ihm sprechen, m.E. hat er eine starke Persönlichkeitsstörung/Depressionen. Er war auch lange drogenabhängig und ist vorbestraft.

Meine Mutter und ich hatten kein besonders gutes Verhältnis in den letzten 5-7 Jahren. Ich habe ihr übel genommen, dass sie meinen Vater nicht verlässt, habe mit angesehen, wie sie schwer depressiv wurde. Irgendwann saß sie nur noch in ihrem Zimmer und hat ferngesehen. Das war m.E. schon vor den ersten Anzeichen der Demenz. Sie hat nichts mehr für sich selber getan, hat nur noch meinen Vater bei seiner Krankheit unterstützt, nicht gearbeitet, ihre Kontakte vernachlässigt etc.

Ich bin während meines Studiums ans andere Ende des Landes gezogen, da ich so viel Distanz wie möglich von meiner Familie wollte. Letztes Jahr bin ich zusammengebrochen, da mich - derzeit noch im Studium - Existenzängste und meine familiäre Situation so kaputt gemacht haben, dass ich körperlich an meine Grenzen kam. Niemand aus meiner Familie war für mich da, hat mich besucht oder mich unterstützt, als ich 3 Wochen in einer Klinik war.

Beide Krankheiten meiner Eltern wurden immer schlimmer und es kam zu Polizeieinsätzen, als mein Vater bewusstlos zu Hause rumlag und meine Mutter sich nicht zurecht fand. Mein Bruder hat sich in einer dieser Eskalationen darum gekümmert, dass meine Mutter ins Heim kommt. Es stellte sich bei einer Begutachtung der Finanzen heraus, dass mein Vater sein gesamtes Vermögen innerhalb der letzten 2 Jahre an der Börse verzockt hatte, so dass bald Sozialhilfe fällig ist.

Nun mein Anliegen: Ich selbst führe ein normales Leben, habe tolle Freunde und einen tollen Partner, der auch über die Situation bescheid weiß. Mein Studium habe ich erfolgreich abgeschlossen und steige bald ins Arbeitsleben ein. Wegen des Familienchaos habe ich mich entschieden, am anderen Ende des Landes auch für den Berufseinstieg zu bleiben. Ich bin oft hin- und hergerissen und habe deshalb ein schlechtes Gewissen - wegen meiner Mutter. Sie ist nun im Heim und ist dort glücklich. Kriegt viel Unterstützung von Freunden, mein Vater besucht sie wohl, wenn er nicht mit über 3 Promille auf dem Sofa liegt. Ich fühle mich egoistisch, weil ich nicht zu meinen Eltern in die Nähe gezogen und mir dort was gesucht habe. Mein Bruder spricht deswegen auch nicht mehr mit mir. Ich habe große Angst, dass ich selbst in den Sog des Chaos gezogen werde, würde ich den Alltag mit der Familie teilen. Ich habe mir vorgenommen, 1x pro Monat für ein paar Tage nach Hause zu Fahren, um meine Mutter zu besuchen. Ich rufe sie regelmäßig an.

Ich glaube natürlich nicht, dass jemand so etwas ähnliches selbst erlebt hat, würde mich aber trotzdem über Gedanken und Anregungen freuen.

Grüße

Kommentare

  • Hallo,
    egal was bisher familiär alles gelaufen ist finde ich den Vorsatz des monatlichen Besuchs wirklich gut. Sie sollten es für Ihre Mutter und sich selbst ernsthaft versuchen und sich auch durch anfällige Mißerfolge nicht entmutigen lassen.
    Immer nur Flucht kann nicht der richtige Weg sein.

    Ich wünsche viel Kraft und Durchhaltevermögen.
  • Hallo Tochter 2,
    egal wie du dich entscheidest - kann man dir dabei nur viel Kraft wünschen.
    So wie du es schilderst, brauchst du wirklich kein schlechtes Gewissen zu haben, dass du nicht in die Nähe deiner Eltern ziehst. 1x im Monat besuchen für ein paar Tage ist viel!
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