Ich werde als direkte Nachbarin einbezogen
Hallo zusammen!
Da meine Mutter gerade erst vor 2 Jahren starb und mir daher die Problematik eines pflegenden Angehörigen in allen Konsequenzen bewusst ist, versuche ich jetzt, wo ich unmittelbare Nachbarin eines betroffenen Ehepaars bin, die gleichzeitig meine Vermieter in der Wohnung über mir sind, mich verständnisvoll zu verhalten, fühle mich aber überfordert, weil die Angehörigen doch gewisse Risiken in der Betreuung eingehen und es wahrscheinlich so kommen wird, dass ich als Nachbarin auf einmal den Notfall rufen muss und dann automatisch die Dinge ihren Lauf nehmen werden über Notfall-Ärzte-Behörden usw.
Das habe ich dem Sohn des Vermieterehepaars auch klar gesagt mit dem Rat, er solle doch jetzt, wo es noch möglich ist, selbst eine Betreuung organisieren, so können sie noch am ehesten ganz allein entscheiden ohne behördliche Bevormundung. Das hat der Sohn auch versucht, aber der betroffene Vater wehrt sich dagegen. Ich habe wirklich mein gesamtes Wissensrepertoire aus eigener Erfahrung mit allen Risiken fremder Einflussnahme dem Sohn mitgegeben, aber es wird wahrscheinlich so weit kommen, dass dieser Notfall eintreten wird, früher oder später, weil der Sohn sich bei seinen Eltern kaum durchsetzen kann und er ansonsten zu weit weg wohnt im Krisenfall.
Natürlich schaue ich auch ein bisschen, aber ich kann den betroffenen Vater, der zudem gebrechlich ist und sich hin und wieder einstuhlt und öfter umfällt, nicht pflegen und auch nicht sicher aufrichten (da ich selbst körperlich eingeschränkt bin), wenn seine Ehefrau gerade weg ist, z. B. Einkaufen oder außerhäuslicher Termin, was dank meiner Präsenz im Haus gern von ihr genutzt wird, verständlich, aber dadurch entsteht bei mir der Eindruck, nicht mehr ohne Weiteres weggehen zu dürfen, obwohl ich auch Termine habe.
Wie sehen das Angehörige hier? Wird das von einem Nachbar im gleichen Haus erwartet oder wird es verstanden, wenn ich als Nachbarin in einem solchen Fall dann doch ziemlich bald den Notfall rufe? Den Sohn kann ich ja nicht rechtzeitig hinzurufen, eine andere Anlaufstelle in Familie oder Betreuungsdienst wird mir auch nicht gegeben, da nicht vorhanden im Moment. Ich könnte vielleicht noch nach dem Namen des Hausarztes fragen, aber wär das nicht auch ein bisschen übergriffig, solche Details zu fragen?
Ich könnte erstmal versuchen, den betroffenen Vater zurückzuführen in seine Wohnung, wenn er dazu in der Lage wäre, und wenn er eingestuhlt hätte, müsste ich halt das Gröbste wegputzen und danach warten, bis seine Ehefrau zurück ist. Es geht ja schließlich um eine Intimwäsche, das geht mich nichts an und würde ich auch nicht übernehmen wollen. Ich bin nur die Nachbarin und nicht ausgebildet in der Pflege, außerdem selbst körperlich eingeschränkt.
Wie kann ich helfen, ohne mich selbst zu überfordern? Können Angehörige verstehen, wenn ich Grenzen setze und nur passiv präsent bin, damit der betroffene Vater nicht das Haus verlässt, dass ich ihn da in seine Wohnung zurückführe oder ihm beim Gehen helfe, das ja, aber keine Pflege, das ist mir zu viel, körperlich und psychisch.
Ich kann das einfach nicht leisten, auch wenn ich das betroffene Nachbarpaar wirklich sehr mag und ins Herz geschlossen habe und ihnen auch nicht Schwierigkeiten machen will. Ich weiß ja aus eigener Erfahrung, wie das ist, aber ich habe es hinter mir und damals meine Mutter zeitig in Pflege gegeben und möchte jetzt mein eigenes Leben bewältigen, nachdem ich in der intensiven Pflegezeit meiner Mutter vieles versäumte mit bösen finanziellen und sozialen Folgen für mich, ich hab genug eigene Sorgen mit meiner eigenen Familie.
Trotzdem möchte ich jetzt alle Seiten verstehen und mal fragen, wie Angehörige zu meinen Gedanken stehen. Ich bin vielleicht zu sensibel, sollte einfach nicht zu viel nachdenken, die Risiken eingehen, die ich mitansehe. Ich bin nicht verantwortlich, das haben sie selbst gesagt. Aber ist es denn auch nachvollziehbar für sie, wenn ich im Zweifelsfalle dann eben wirklich den Notfall rufe und damit die Problematik dieser Familie in den Fokus von Krankenhaus und Behörde gezogen wird?
Ich habe ja sonst schon alles versucht, damit diese Familie es allein ohne Behörde regeln kann und ich werde weiterhin versuchen, die Angehörigen an Lösungen heranzuführen, obwohl das dem erst 30-jährigen Sohn auch zu viel werden kann und er lieber die Augen verschließen will. Aber es kann eben auch diese Situation eintreten, wo ich dann mit dem betroffenen Vater allein bin und es nicht allein mit ihm regeln kann, so leid es mir tut. Auch ich habe meine Grenzen und kann das sonst nicht verantworten.
Wenn ich nicht einen Weg finde, damit klarzukommen, werde ich später vielleicht sogar eine neue Wohnung suchen, obwohl ich hier erst eingezogen bin und im Moment keine Kraft habe, etwas Neues zu suchen. Das ist auch nicht so einfach, da ich selbst sozial benachteiligt bin. Wenn der Vermieter stabil wäre und nicht so pflegebedürftig, wäre es ja noch ganz nett, ich mag sie wirklich gern um mich haben und bin ein Familienmensch, sonst hätte ich nicht so lange mit meiner Mutter gelebt, ich vermisse sie und lebe an sich nicht so gern total anonym und isoliert. Und die Wohnung gefällt mir ausnehmend gut, ein altes Haus, das noch Seele hat.
Aber es sind einfach zu viele Probleme und meine Vermieter beginnen immer mehr, auf mir zu bauen und mich in die Betreuung einzubeziehen, was mir zu viel wird, bei aller Zuneigung, die ich für diese Familie hege. In der Zwischenzeit habe ich eigene Aufgaben liegen lassen und bekomme Ärger in meiner Familie, weil die auch auf mir baut. Auf mir wollen immer alle bauen, obwohl ich selbst nicht gesund bin. Bei so vielen Aufgaben schaffe ich es nicht mehr und enttäusche dann die Erwartungen, die ich nicht mehr erfüllen kann. Meine Familie versteht überhaupt nicht, dass ich mich da so reinziehen lasse, obwohl sie selbst dasselbe mit mir macht und nun richtig wütend ist, weil ich ihre Angelegenheiten verzögert erledige. Niemand fragt mich, wie es mir geht, ich finde als eigene Persönlichkeit nicht statt, uninteressant, dafür interessiert sich nur eine Freundin mit ähnlicher Dasein-Präsenz in ihrer Familie. Nur meine Mutter hat sich für mich interessiert, jetzt interessiert nur noch, dass ich für die Familie funktioniere.
Ich wünschte nur, ich wäre gesünder und könnte dem allen gerecht werden. Aber ich funktioniere einfach nicht so, wie ich es will. Es ist schon genug schwer, mit diesen eigenen Grenzen leben zu müssen. Ich ärgere mich über mich selbst, dass ich so kläglich versage und nicht das sein kann, was ich sein möchte, nämlich ein liebevoller Mensch, der auch anderen helfen kann. Krankheit verurteilt mich zu einem Egoismus, der mir nicht liegt. Aber ich muss an mich denken, damit meine Familie nicht untergeht. Meine Verantwortung liegt bei meiner eigenen Familie. Das muss die Vermieterfamilie doch verstehen, oder? Aber irgendwie scheint das nicht zu interessieren, auch nicht meine eigenen Probleme. Alles dreht sich nur um den betroffenen Vater der Vermieterfamilie, der offenbar auch in gesunden Jahren immer Mittelpunkt war.
Ich werde einfach damit leben lernen müssen und den Notfall rufen, wenn ich die Situation allein mit meinem kranken Vermieter nicht meistern kann. Ich habe jeden erdenklichen hilfreichen Rat gegeben. Vermutlich wird es aber dann doch den automatischen Weg über Notfall und Behörde geben, da die Vermieterfamilie sich nicht durchsetzen kann beim Vater, obwohl ich schon darauf hinwies, dass man als Angehörige ruhig auch mal ausrufen darf (das habe ich persönlich teilweise lernen müssen bei meiner eigenen Familie).
Ich weiß ganz genau, was Psychologen etc. in einer solchen Situation sagen, genau dasselbe, wie bei meiner Familie: einfach im Stich lassen, egoistisch sein. Aber ich bin ein spiritueller Mensch, so einfach ist das nicht. Ich bete auch für meine Vermieter. Ich möchte ethisch gesehen das Richtige tun in einem Rahmen, den ich vertreten kann und der allen nur nutzt und nicht schadet bzw. zumindest den Schaden für alle möglichst kleinhält. Ich möchte niemandem weh tun, aber doch auch selbst überleben und frei bleiben.
Liebe Grüße, Elina
Da meine Mutter gerade erst vor 2 Jahren starb und mir daher die Problematik eines pflegenden Angehörigen in allen Konsequenzen bewusst ist, versuche ich jetzt, wo ich unmittelbare Nachbarin eines betroffenen Ehepaars bin, die gleichzeitig meine Vermieter in der Wohnung über mir sind, mich verständnisvoll zu verhalten, fühle mich aber überfordert, weil die Angehörigen doch gewisse Risiken in der Betreuung eingehen und es wahrscheinlich so kommen wird, dass ich als Nachbarin auf einmal den Notfall rufen muss und dann automatisch die Dinge ihren Lauf nehmen werden über Notfall-Ärzte-Behörden usw.
Das habe ich dem Sohn des Vermieterehepaars auch klar gesagt mit dem Rat, er solle doch jetzt, wo es noch möglich ist, selbst eine Betreuung organisieren, so können sie noch am ehesten ganz allein entscheiden ohne behördliche Bevormundung. Das hat der Sohn auch versucht, aber der betroffene Vater wehrt sich dagegen. Ich habe wirklich mein gesamtes Wissensrepertoire aus eigener Erfahrung mit allen Risiken fremder Einflussnahme dem Sohn mitgegeben, aber es wird wahrscheinlich so weit kommen, dass dieser Notfall eintreten wird, früher oder später, weil der Sohn sich bei seinen Eltern kaum durchsetzen kann und er ansonsten zu weit weg wohnt im Krisenfall.
Natürlich schaue ich auch ein bisschen, aber ich kann den betroffenen Vater, der zudem gebrechlich ist und sich hin und wieder einstuhlt und öfter umfällt, nicht pflegen und auch nicht sicher aufrichten (da ich selbst körperlich eingeschränkt bin), wenn seine Ehefrau gerade weg ist, z. B. Einkaufen oder außerhäuslicher Termin, was dank meiner Präsenz im Haus gern von ihr genutzt wird, verständlich, aber dadurch entsteht bei mir der Eindruck, nicht mehr ohne Weiteres weggehen zu dürfen, obwohl ich auch Termine habe.
Wie sehen das Angehörige hier? Wird das von einem Nachbar im gleichen Haus erwartet oder wird es verstanden, wenn ich als Nachbarin in einem solchen Fall dann doch ziemlich bald den Notfall rufe? Den Sohn kann ich ja nicht rechtzeitig hinzurufen, eine andere Anlaufstelle in Familie oder Betreuungsdienst wird mir auch nicht gegeben, da nicht vorhanden im Moment. Ich könnte vielleicht noch nach dem Namen des Hausarztes fragen, aber wär das nicht auch ein bisschen übergriffig, solche Details zu fragen?
Ich könnte erstmal versuchen, den betroffenen Vater zurückzuführen in seine Wohnung, wenn er dazu in der Lage wäre, und wenn er eingestuhlt hätte, müsste ich halt das Gröbste wegputzen und danach warten, bis seine Ehefrau zurück ist. Es geht ja schließlich um eine Intimwäsche, das geht mich nichts an und würde ich auch nicht übernehmen wollen. Ich bin nur die Nachbarin und nicht ausgebildet in der Pflege, außerdem selbst körperlich eingeschränkt.
Wie kann ich helfen, ohne mich selbst zu überfordern? Können Angehörige verstehen, wenn ich Grenzen setze und nur passiv präsent bin, damit der betroffene Vater nicht das Haus verlässt, dass ich ihn da in seine Wohnung zurückführe oder ihm beim Gehen helfe, das ja, aber keine Pflege, das ist mir zu viel, körperlich und psychisch.
Ich kann das einfach nicht leisten, auch wenn ich das betroffene Nachbarpaar wirklich sehr mag und ins Herz geschlossen habe und ihnen auch nicht Schwierigkeiten machen will. Ich weiß ja aus eigener Erfahrung, wie das ist, aber ich habe es hinter mir und damals meine Mutter zeitig in Pflege gegeben und möchte jetzt mein eigenes Leben bewältigen, nachdem ich in der intensiven Pflegezeit meiner Mutter vieles versäumte mit bösen finanziellen und sozialen Folgen für mich, ich hab genug eigene Sorgen mit meiner eigenen Familie.
Trotzdem möchte ich jetzt alle Seiten verstehen und mal fragen, wie Angehörige zu meinen Gedanken stehen. Ich bin vielleicht zu sensibel, sollte einfach nicht zu viel nachdenken, die Risiken eingehen, die ich mitansehe. Ich bin nicht verantwortlich, das haben sie selbst gesagt. Aber ist es denn auch nachvollziehbar für sie, wenn ich im Zweifelsfalle dann eben wirklich den Notfall rufe und damit die Problematik dieser Familie in den Fokus von Krankenhaus und Behörde gezogen wird?
Ich habe ja sonst schon alles versucht, damit diese Familie es allein ohne Behörde regeln kann und ich werde weiterhin versuchen, die Angehörigen an Lösungen heranzuführen, obwohl das dem erst 30-jährigen Sohn auch zu viel werden kann und er lieber die Augen verschließen will. Aber es kann eben auch diese Situation eintreten, wo ich dann mit dem betroffenen Vater allein bin und es nicht allein mit ihm regeln kann, so leid es mir tut. Auch ich habe meine Grenzen und kann das sonst nicht verantworten.
Wenn ich nicht einen Weg finde, damit klarzukommen, werde ich später vielleicht sogar eine neue Wohnung suchen, obwohl ich hier erst eingezogen bin und im Moment keine Kraft habe, etwas Neues zu suchen. Das ist auch nicht so einfach, da ich selbst sozial benachteiligt bin. Wenn der Vermieter stabil wäre und nicht so pflegebedürftig, wäre es ja noch ganz nett, ich mag sie wirklich gern um mich haben und bin ein Familienmensch, sonst hätte ich nicht so lange mit meiner Mutter gelebt, ich vermisse sie und lebe an sich nicht so gern total anonym und isoliert. Und die Wohnung gefällt mir ausnehmend gut, ein altes Haus, das noch Seele hat.
Aber es sind einfach zu viele Probleme und meine Vermieter beginnen immer mehr, auf mir zu bauen und mich in die Betreuung einzubeziehen, was mir zu viel wird, bei aller Zuneigung, die ich für diese Familie hege. In der Zwischenzeit habe ich eigene Aufgaben liegen lassen und bekomme Ärger in meiner Familie, weil die auch auf mir baut. Auf mir wollen immer alle bauen, obwohl ich selbst nicht gesund bin. Bei so vielen Aufgaben schaffe ich es nicht mehr und enttäusche dann die Erwartungen, die ich nicht mehr erfüllen kann. Meine Familie versteht überhaupt nicht, dass ich mich da so reinziehen lasse, obwohl sie selbst dasselbe mit mir macht und nun richtig wütend ist, weil ich ihre Angelegenheiten verzögert erledige. Niemand fragt mich, wie es mir geht, ich finde als eigene Persönlichkeit nicht statt, uninteressant, dafür interessiert sich nur eine Freundin mit ähnlicher Dasein-Präsenz in ihrer Familie. Nur meine Mutter hat sich für mich interessiert, jetzt interessiert nur noch, dass ich für die Familie funktioniere.
Ich wünschte nur, ich wäre gesünder und könnte dem allen gerecht werden. Aber ich funktioniere einfach nicht so, wie ich es will. Es ist schon genug schwer, mit diesen eigenen Grenzen leben zu müssen. Ich ärgere mich über mich selbst, dass ich so kläglich versage und nicht das sein kann, was ich sein möchte, nämlich ein liebevoller Mensch, der auch anderen helfen kann. Krankheit verurteilt mich zu einem Egoismus, der mir nicht liegt. Aber ich muss an mich denken, damit meine Familie nicht untergeht. Meine Verantwortung liegt bei meiner eigenen Familie. Das muss die Vermieterfamilie doch verstehen, oder? Aber irgendwie scheint das nicht zu interessieren, auch nicht meine eigenen Probleme. Alles dreht sich nur um den betroffenen Vater der Vermieterfamilie, der offenbar auch in gesunden Jahren immer Mittelpunkt war.
Ich werde einfach damit leben lernen müssen und den Notfall rufen, wenn ich die Situation allein mit meinem kranken Vermieter nicht meistern kann. Ich habe jeden erdenklichen hilfreichen Rat gegeben. Vermutlich wird es aber dann doch den automatischen Weg über Notfall und Behörde geben, da die Vermieterfamilie sich nicht durchsetzen kann beim Vater, obwohl ich schon darauf hinwies, dass man als Angehörige ruhig auch mal ausrufen darf (das habe ich persönlich teilweise lernen müssen bei meiner eigenen Familie).
Ich weiß ganz genau, was Psychologen etc. in einer solchen Situation sagen, genau dasselbe, wie bei meiner Familie: einfach im Stich lassen, egoistisch sein. Aber ich bin ein spiritueller Mensch, so einfach ist das nicht. Ich bete auch für meine Vermieter. Ich möchte ethisch gesehen das Richtige tun in einem Rahmen, den ich vertreten kann und der allen nur nutzt und nicht schadet bzw. zumindest den Schaden für alle möglichst kleinhält. Ich möchte niemandem weh tun, aber doch auch selbst überleben und frei bleiben.
Liebe Grüße, Elina
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Kommentare
Sie beschreiben ganz genau das Dilemma, was wir in unserer Gesellschaft immer wieder erfahren müssen. Man selbst hat nur begrenzte Ressourcen und eine eigene Gesundheitsebene, über die man frei etwas geben kann, und dann den Umstand, dass die eigenen Ressourcen eben nicht für alle ausreichend vorhanden sind, wenn man nicht selbst komplett unter gehen will.
Ich bin auch das, was man als spirituell bezeichnen würde. Aber auch ich habe lernen müssen, dass man für sogenannte Herzensangelegenheiten und Hilfe die man geben will, Ressourcen braucht. Menschen, die das Gegenteil gerne hätten oder behaupten, Herz und Verstand funktionieren getrennt voneinander irren sich meiner Meinung nach gewaltig. Man braucht, um Geben zu können, Mittel und Wege. Das habe leider auch ich lernen müssen und ich habe selbst viele Federn dabei gelassen.
Und wenn man nicht gerade Materie erschaffen kann, was ich mal so ganz locker in den Raum stelle und man nicht allwissend ist, dann ist man auch nur begrenzt menschlich handlungsfähig.
Bei mir ist es inzwischen auch sehr eng im Bezug zu meinen Ressourcen und dem, was inzwischen wie selbstverständlich verlangt wird. Ich habe aber zu Handeln angefangen und ich muss es auch weiter tun.
Wenn die Familie keine Unterstützung von Außen annimmt, es muss eine Pflegestufe her, Seniorenhelfer müssen eingeführt werden, dann funktioniert das einfach nicht. Alles andere ist Wunschdenken und kann nicht auf Ihrem Rücken ausgetragen werden. Wir können in Deutschland froh sein, dass es zumindest ansatzweise Hilfe gibt und die sollte man auch frühzeitig beantragen. So habe ich das gemacht. Die Familie muss sich im Demenzzentrum oder entsprechenden anderen Angeboten, beraten lassen. Ansonsten wird man selbst immer mehr zu einem Zweckgegenstand, auch wenn das dann gerne geleugnet wird. Auch die Familienangehörigen hätten das zwar gerne anders und nicht wenige stecken den Kopf in den Sand, sie meinen es sicher auch nicht böse, aber letztendlich kommt es auch auf die eigenen Taten an, die eine Situation für alle merklich verbessern kann. Ein Demenzkranker braucht ein weitreichendes Netzwerk und ja es vereinbart sich auch mit der Spiritualität und der eigenen Fürsorge, dass man Grenzen ziehen muss. Denn jetzt ist erst einmal die Familie am Zuge, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Mir hat eine Pflegestufe und eine Anonce in der Zeitung (Seniorenbetreuerinnen gesucht mit Humor und Empathie ect.) geholfen, so dass jetzt ein gutes Netzwerk vorhanden ist. Und auch der Demenzkranke muss lernen mehr Hilfe zuzulassen und manchmal geht das nur über eigene Erfahrungen mit entsprechenden hilflosen Gefühlen. Das ist schlimm, aber besser, als wenn sich überhaupt nichts tut und alle anderen mit untergehen und das wird so sein, weil keiner die Nerven hat, rund um die Uhr für andere zu funktionieren.
Demenzkranke lehnen Personen, die bezahlt werden leider ab. Ich habe nach vielen Irrungen und Wirrungen und auf dem Zahnfleisch kriechen, die zwei Seniorenbetreuerinnen, die mir jetzt helfen, als meine ehemaligen Kolleginnen und Freundinnen ausgegeben, die sich jetzt gerne kümmern und die den Demenzkranken besuchen kommen. Ich verstehe mich auch wirklich gut mit ihnen. Alles andere wurde abgelehnt, rausgeekelt, Lügen erfunden, um sie loszuwerden usw.
Ich habe auch lernen müssen eine Grenze zu ziehen. Mir fällt das heute noch schwer, aber ich merke, dass Menschen, die sich nie mit den Bedürfnissen anderer befasst haben, außer der eigenen Familie, hier einen Wink mit dem Zaunpfahl brauchen. Man kann leider nicht erwarten, dass ein anderer, die eigenen Bedürfnisse sieht. Man muss sie auch selbst klar kommunizieren. Bleiben Sie da wohnen, sagen sie, was sie klar geben können und was nicht, und halten sie sich strickt daran. Und wenn sich nichts tut, dann auch mit Notruf. Anders ist keinem gedient, dass ist meine Erfahrung. Ich jedenfalls hätte vollstes Verständnis für Sie, genauso wie ich Verständnis für meine Seniorenbetreuerinnen habe, wenn sie mal nicht können. Ich habe dafür Ersatz, dafür habe ich gesorgt, so das keiner überlastet wird.
Liebe Grüße von Elena
LG von Elena
Ganz herzlichen Dank, liebe Elena!
Da ich der Situation nicht gewachsen war, übernachtete ich für ein paar Tage außerhalb, sodass meine Vermieterin andere Nachbarn heranziehen musste, ein Ehepaar, das sie erfolgreich zur Heranziehung des Notfalldienstes überreden konnte. Mein dementer Vermieter liegt nun im Krankenhaus und musste notoperiert werden am Bein. Durch das unzählige Umfallen hatte er sich eine gefährliche Verletzung hinzugezogen. In der Zeit, als ich weg war, schwoll sein Bein bedrohlich an (Infekt). Die Ärzte machten meiner Vermieterin große Vorwürfe, weil sie zu lange wartete. Dadurch kam bei ihr das Einsehen, die Pflege in professionelle Hände zu geben. Ihr Mann wäre fast gestorben. Wenn ich das geschwollene Bein gesehen hätte, wäre bei mir allerdings sowieso ein Punkt erreicht gewesen, wo ich auch gegen ihren Willen den Notruf angefordert hätte.
Ich trage mittlerweile wegen meinen Sehnenschmerzen Schienen an Händen und Füßen und sagte ihr unmissverständlich, dass ich künftig jede Hilfestellung verweigere, sie also gar nicht daran denken solle, die Pflege wieder übernehmen zu wollen, denn sie könne nicht mit mir rechnen und ohne mich geht es nicht. Die Situation ist sehr kompliziert, sodass eine Betreuung zuhause nicht realisierbar ist, auch nicht mit Seniorenbegleiterinnen. Die Behörden sind eingeschaltet und arrangieren nun mit der Familie und dem Krankenhaus eine Platzierung in einem Pflegeheim, gegen den Willen des unvernünftigen Patienten. Für meine Vermieterin wird das eine sehr belastende Situation.
Ich helfe, wo ich kann, bleibe aber strikt bei meiner Haltung und gebe das immer wieder durch, damit sie sich nicht wieder umbesinnt, was bei ihr an der Tagesordnung ist. Ich muss ihr immer wieder vor Augen führen, wie unrealisierbar das wäre. Das sagen ihr auch die Ärzte. Es geht nun mal nicht mehr so weiter. Ob ich hier noch lange wohne, steht auf einem anderen Blatt. Es ist nicht sicher, dass sie das Haus unter diesen Umständen langfristig halten können. Aber noch habe ich Zeit bis Ende Jahr.
Danke für die einfühlsamen Worte und die anschaulichen Erklärungen. Mir persönlich wäre die Pflege eines Angehörigen auch dann zu viel, wenn ich gesund wäre. Ich werde bei mir selbst rechtzeitig vorsorgen, damit meine Familie nie in eine solche Situation kommt. Durch diese Situation mit meinem dementen Vermieter und seiner überforderten Ehefrau wurde mir klar, wie es nicht laufen darf, dass ich nie so weit kommen darf, mich derart für meine Familie zu verausgaben, denn meine Vermieterin ist total an ihrem Limit und selbst gesundheitlich angeschlagen.
Jetzt, wo ihr Mann im Krankenhaus ist, fühlt sie auf einmal wieder die eigenen Bedürfnisse, die sie völlig verdrängt hatte in der selbst-losen Hingabe zu ihrem Mann. Sie ist erst 65, sieht aber um Jahre gealtert aus, so sehr hat sie sich verausgabt, mit hohem Blutdruck und starkem Diabetes. Man sieht ihr an, was sie geleistet hat und wie sehr sie daran zerbrach, um sich immer mehr aufzuopfern. Deshalb schaffte sie es auch nicht, sich durchzusetzen. Sie konnte nicht einmal mehr den Notfall rufen, weil ihr Mann es nicht wollte und sie beherrschte mit seinen Launen. Sie war ein Schatten ihrer selbst und erst jetzt spürt sie wieder, dass sie auch eigene Bedürfnisse hat, z. B. schaut sie nun den TV-Film, den SIE anschauen will, nicht das TV-Programm, das ihr Mann diktiert.
Ich werde nie heiraten ... ich hab einfach zu viel angesehen ... es reicht mir, dass mein Vater ein Patriarch war, ihn konnte ich besiegen und erobern als Kind, aber das reicht mir. Nein, ich werde nie heiraten ... heute geht das ja. Ich werde mich nie verpflichten, sondern immer auf Eigenständigkeit beharren. Ich will auch immer meine eigene Wohnung haben. Ich werde mich mit der Zeit auch aus dieser unfreiwilligen Bindung zu meiner Vermieterin lösen, sie braucht mich gerade sehr, als wäre ich ein Familienmitglied. Aber irgendwann werde ich wieder meine eigenen Wege gehen und diesmal eine anonyme Wohnung suchen. Sie hat zum Glück viele Freunde und ihre Familie wurde nun auch aktiv durch mein Engagement.
Ganz liebe Grüße, Elina
Dann hat alles doch noch eine Wende genommen, durch die Sie entlastet werden konnten. Und es ist gut, dass Sie weiter zu sich selbst stehen und nicht mehr geben, als Sie können.
Meine Erfahrung ist die, dass im Grunde alle Menschen wie Kinder agieren, die sich an eine bestimmte Ressourcenquelle dran heften, um ihre Bedürfnisse befriedigt zu bekommen. Das ist einerseits normal, auf der anderen Seite hat aber jeder nur begrenzte Ressourcen und bei einem Ungleichgewicht zwischen Geben und Nehmen, geht einer dabei regelrecht drauf. Das hat oftmals auch nichts mit Pflegebedürftigkeit zu tun, sondern ob jemand bereit ist, sich ein ressourcenorientiertes Denken anzugewöhnen. Nicht wenige Menschen sind aber nur Lebenskonsumenten und sie hinterfragen erst gar nicht wo etwas herkommen soll und wer dafür gerade stehen soll, Hauptsache ihr Leben bleibt so wie es ist, auch wenn sich die eigenen Bedürfnisse und Umstände im Alter verändern. Selbst dann hält man stur daran fest. Was Demenz auch immer ist, ich habe sehr intelligente demenzkranke Menschen kennengelernt, die in dem, was sie vom Leben verstanden haben, topfit gewesen sind, auch in der Demenz noch und in den Lebensbereichen, die sie sich selbst nie angeschaut haben, da klaffte ein riesiges Loch von Schuldzuweisungen, Vorwürfen, nicht verstehen wollen von eigenen Bedürfnissen usw. Es gibt ja viele Arten von Demenzen mit verschiedenen Ursachen, eine davon scheint auch in der Biografie zu liegen. Das beweist z.B. die Nonnenstudie. Ich weiß nicht, ob Sie diese bereits kennen. Wenn man die Ganze zu lesen bekommt, dann spielt der Sinn des Lebens, den man finden kann, doch eine erhebliche Rolle bei der Entstehung bestimmter Demenzformen.
Es ist immer schade, wenn man wieder umziehen muss. Eine passende Wohnung zu finden ist nicht so einfach, weil sich die äußeren Umstände immer verändern können. Da wünsche ich Ihnen viel Glück. Menschen, die wie Sie hautnah miterlebt haben, was passieren kann, wenn man sich selbst keinerlei Gedanken über das Alter macht, werden trotz des Alters oder falls man dement werden sollte, was ja nicht zwingend der Fall sein muss, denn Demenz ist nur in geringen Fällen erblich bedingt, selbst über sich bestimmen können, was, wann mit ihnen passiert und wohin man im Fall der Fälle dann hin gehen will. Ich sage auch immer, Familie ist einerseits eine gute Sache, ein eigenes Leben und eigene Interessen daneben zu verfolgen, sich zu bilden, sich eigene Lebensfragen beantworten, das ist aber genauso wichtig.
Meine demenzkranke Bekannte, die ich mit versorge, hat z.B. immer nur über und durch andere gelebt, nie hat sie für sich selbst etwas getan oder gedacht, außer in der Hinsicht, wie sie denn auf andere wirkt und wie sie diese selbst an sich binden kann. Jetzt ist sie alt, jetzt hat sie schon einige Menschen verloren und damit ist immer ein Teil von ihr selbst gestorben, im Gefühl, in Gedanken und in ihrem Leben. Die Demenz hat mit jedem Kind das aus dem Hause gegangen ist wohl ihren Anfang genommen.
Und im krassen Gegensatz dazu, kenne ich nur ganz wenige Frauen, die mit jedem Kind, was aus dem Hause gegangen ist, wieder ein eigenes Leben aufgenommen haben und die auch nach dem Tod des Mannes noch einmal ein Stück mehr Selbstständigkeit zurückgewonnen haben. Keine von ihnen ist im Alter dement geworden. Das heißt natürlich nichts, denn es gibt auch andere Ursachen, wie zu hoher Hirndruck, Vitaminmängel, Vergiftungen, falsch eingestellte Medikamente, Blutungen im Gehirn ect.
Ihnen wünsche ich alle Gute und ich denke, Sie sind für sich auf dem richtigen Wege
Liebe Grüße von Elena