Frontaltemporale Demenz FTD
Wer kennt sich in dieser Form der Demenz aus und hat Betroffene in der Familie zu pflegen? Brauche dringend Rat.
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Kommentare
bei meiner Tochter wurde im Alter von 36 Jahren FTD diagnostiziert. Sie lebt 4 Tage pro Woche im Pflegeheim, 3 Tage zuhause bei ihrem Lebensgefährten und ihrer mittlerweile 3 Jahre alten Tochter. Ich habe meinen Beruf aufgegeben und helfe so gut ich kann. Es ist unendlich schwer. sie möchte am liebsten ihre Ruhe und nimmt an fast nichts mehr teil, außer an den Mahlzeiten. Vor Jahren schon begann sich ihre Persönlichkeit zu verändern.
Sie wurde antriebslos und hatte an nichts mehr Freude. Heute tut sie nichts mehr, sie will an den Wochenenden auch zurück in ihre "Klinik" Sie erzählt manchmal ganz abwegige Dinge. Wir haben uns abgewöhnt, sie zu verbessern und zu stark zurecht zu weisen. Sie wird dann ganz traurig oder manchmal auch aggressiv. Besser ist es, ihre Aussagen und Fragen ernst zu nehmen und freundlich zu antworten. Sie ist damit dann zufrieden. Wir nahmen sie immer noch mit in ein Lokal, aber sie steht 20 mal auf, will zur Tür. Sie sagt, das dauert ihr alles zu lange. Es wird alles immer schwieriger.
Haben Sie noch Fragen, ich schreibe gerne zurück.
ich kenne mich recht gut mit FTD aus, da meine Frau daran erkrankt ist und ich heute auch in Selbsthilfegruppen aktiv bin.
Was wollen Sie denn wissen?
Gruß Ulrich
einerseits entsprechen die beschriebenen Verhaltensänderung üblichen Merkmalen einer frontotemporalen Demenz, andererseits kann man ohne fachärztliche Diagnose keinesfalls einfach von FTD ausgehen. Auch andere Krankheitsbilder wie Gehirntumore, Boreliose, Stoffwechselerkrankungen, etc. können solche Symptome hervorrufen.
Auch das Erkrankte die Krankheit leugnen und keinesfalls zum Arzt wollen ist typisch. Auch meine Frau tat dies in der Anfangsphase. Auf die Einsicht des Erkrankten zu bauen ist meist zwecklos. Bei uns half die liebevolle Beeinflussung unserer Töchter, dass meine Frau bereit war in eine psychatrische Klinik zu gehen. Dort erezählte sie jedem sie sei wegen einem Tinnitus dort. Aus angedachten 3 Tagen, wurden am Ende 2x3 Wochen bis die Diagnose stand. Als meine Frau dann in der Klinik war, hat es ihr dort unheimlich gefallen. Ihre Ablehnung sprach sie nie mehr an.
Zum Arzt zwingen kann man niemanden, Manipulation ist bei Demenzerkrankten zu deren Hilfe durchaus notwendig. Auch Notlügen wie "ich muß zum Arzt, begleitest Du mich?".
Glücklicherweise hatten wir uns von vornherein für eine Fachklinik entschieden. Vorteil war, dass wir nicht von Facharzt zu Facharzt mussten, sondern alles in der Klinik erfolgte. Demenzdiagnosen erfolgen als Ausschlussdiagnose. Dies bedeutet es wird schlicht und ergreifend alles untersucht. Wenn alles ohne Befund werden mittels CT oder MRT Hirnveränderungen überprüft. Sind hier Veränderungen sichtbar, dann hat man die Diagnose Demenz.
Unbehandelt leidet der Erkrankte unnötig, da fast immer anfangs auch Depressionen und Ängste auftreten. Dies, da der Erkrankte seine Veränderungen durchaus wahrnimmt, auch wenn er sie leugnet. Sein Wohlbefinden steigt, wenn zumindest die Begleiterscheinungen behandelt werden.
Bewährte Anlaufstellen sind Gedächtnisambulanzen oder in psychatrischen Kliniken die Neurologie. Zum Diagnosezeitpunkt war meine Frau 55 Jahre alt.
Gruß Ulrich
Die Diagnose ist also noch nicht ganz sicher, aber ich mach mir natürlich große Sorgen, weil alles, was ich bisher darüber gelesen habe, nicht gerade ermutigend ist. Was mir sehr zu schaffen macht, ist, dass er manchmal wochenlang ziemlich normal und freundlich ist. Dann entspanne ich mich etwas und denke, ich habe mich geirrt, aber dann passiert wieder irgend etwas, was wirklich nicht typisch für ihn ist. Gedächtnisstörungen hat er kaum, das würde ich unter normaler Altersvergesslichkeit abhaken, Wortfindungsstörungen hat er bisher keine. Ich selbst bin 49 J.
Was mich sehr interessieren würde, ist, ob es besser ist, ihn mit den Konsequenzen seines Verhaltens zu konfrontieren, d.h. ihm zu sagen, was er angerichtet hat oder es einfach zu übergehen?
Fazit: Bei unpassendem Verhalten ablenken, mit einem liebevollen Nein ihn wegziehen.
leider hört sich das sehr typisch für FTD an. Sprachstörungen und Gedächtnisprobleme kommen meistens auch erst später. Bei der Sprache kann es auch in den Anfängen schon dazu kommen, dass derjenige ein eingeschränkteres Repertoire nutzt und gerne in Floskeln oder Wiederholungen spricht bzw. gerne "Sprüche klopft". ´Die Erkrankung verläuft eigentlich nicht in SChüben sondern fortschreitend, unterschiedlich schnell bei verschiedenen Menschen, aber man kann einen konstanten Abbau betrachten. Manchmal fallen die Unterschiede erst im Vergleich von ein paar Monaten auf.m Irgendwann ist wirklich eine 24 Std. Betreuung nötig und da muss man sehen, ob man das noch selbst leisten kann oder eine Einrichtung nötig wird. Auch di psychische Belastung ist für Angehörige enorm hoch, so dass ein Pflegeheim eine gute Wahl sein kann, um dauerhaft den Angehörigen überhaupt begleiten zu können. Ansonsten ist es schon so, dass sich das Leben nach dem Kranken richtet - er ist ja nicht mehr dazu in der Lage.... Ja und es stimmt, man muss sehr gut auf sich aufpassen sich ganz viel Unterstützung und Ausgleich suchen, sonst kann man das nicht schaffen. Und noch zur Frage: anregen oder liegenlassen? beides kann gut sein, da gibts leider kein Rezept - ausprobieren. Anregen ist sicher gut aber nur so weit wie er auch mitmacht - alles andere hat keinen Sinn, kann man sich sparen und macht ihn eher wütend. Ich hab z. B. meinen Mann oft mit Kindermalbüchern oder Zahlen verbinden gut beschäftigt. Das hat er gerne gemacht und hat ihm geholfen zur Ruhe zu kommen. ABer wie gesagt, man kann nur was anbieten, begleiten und sehen ob er es annimmt.
Die erste Zeit ist die schlimmste, bis man sich selbst ein wenig sortiert hat und die Erkrankung ein bißchen annehmen kann. Leider bleibt es eine anstrengende Zeit, es ist wahrlich keine einfache Krankheit....
Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft
Tina
ja mein Mann war auch betroffen, er ist mit etwa 40 jahren erkrankt, die Diagnose haben wir 2009 erhalten und in diesem Sommer ist er mit 49 jahren verstorben. Wie lange die Erkrankung andauert und wie schnell oder langsam der Verlauf ist, scheint mir schon unterschiedlich zu sein, das kann man nicht vorhersehen. Es hilft, wenn man versucht im Hier und Jetzt zu bleiben und sich nur genau mit dem zu befassen was jetzt gerade ansteht.
Wie ich das geschafft habe, frage ich mich im Nachhinein auch manchmal.... ich habs einfach gemacht. Hatte aber auch wirklich viele liebe Menschen an meiner Seite, die für mich und meine Kinder gesorgt haben. Ohne diese Unterstützung hätte ich es nicht geschafft. Mein Mann hat die letzten vier jahre im Heim gelebt, weil auch das hätte ich zu Hause nicht leisetn können. Zum Glück hatten wir nach einiger zeit auch eine Einrichtung, in der er sich wirklich wohl gefühlt hat. Das er gut aufgehoben war, hat es uns ermöglicht, unser Leben zu führen. Ab da wurde es deutlich leichter. Davor lagen schon auch viele harte jahre. Mir hat auch der Austausch hier im Forum und vor allem in unserer Angehörigengruppe sehr geholfen. Vor allem auch der aktive Umgang mit der Erkrankung.
Und natürlich hat immer auch viel Trauer dazu gehört. Aber ich habe immer wieder auch schöne Momente mit ihm erlebt und diese sehr genossen. DAs meine ich mit "im hier und jetzt bleiben".
Irgendwann wird man sozusagen "Experte" für die Erkrankung und das hilft ein bißchen.... Du wirst ein wenig hineinwachsen und es irgendwann besser aushalten können, irgendwie kommt man dadurch. Und dafür wünsche ich dir liebe Menschen an deiner Seite!
Liebe Grüße
tina
du nervst mich nicht! und gut, wenn es dir ein bißchen hilft - so soll es doch sein... Es hilft bestimmt möglichst nur auf die Gegenwart zu gucken und sich nicht mit dem was kommt verrückt zu machen, man kann es ohnehin nicht beeinflusen.
Für mich war die Entscheidung fürs Heim sehr klar wegen der Kinder, die waren 12 und 9 als die Diagnose feststand und hatten schon ein paar jahre mit dem schwierigen Vater gelebt, das war sowieso schon belastend. Mit der Diagnose haben die Ärzte auch gesagt, dass er 24 Std, beaufsichtigt werden müsste und das war auch schon so. Das konnte ich ja gar nicht leisten, mit Berufstätigkeit und zwei KIndern. Nach einem jahr in einer offenen Einrichtung musste ich ihn dann auch in einer geschlossenen Einrichtung unterbringen, was aber im Nachhinein ein Segen war. Für ihn war das eindeutig ein beschützter und kein "eingesperrter" Rahmen. ER ist dadurch gut zur Ruhe gekommen und außerdem war das Personal in dem Heim viel besser auf ihn eingestellt als das vorher der Fall war. Aber ich weiß, dass es nicht einfach ist ein passendes Zuhause für solche "Patienten" zu finden.
Aber mache dir keine Sorgen, du wirst für dich und für deinen Mann den richtigen Zeitpunkt finden! Und dann ist es auch kein Abschieben sondern eine gute Entscheidung für euch beide. Es nützt deinem Mann nämlich gar nichts, wenn du auf der Strecke bleibst - dann kannst du ihnn nicht mehr unterstützen. Auch im Heim braucht er dich!
Ich schicke dir liebe Grüße
tina
in der vergangenen Woche habe ich die Entscheidung gefällt meine Frau in kürze in ein Heim zu geben. Die Gründe dafür sind, wie bereits beschrieben hochgradig individuell und von Rahmenbedingungen (Kinder/Geld/Wohnmöglichkeiten, etc.) abhängig.
Meine Kriterien sind:
- ich ertrage die neu aufgetretene Inkontinenz und den damit verbundenen Geruch nicht in der Wohnung
- die Verschiebung Tag-/Nachtrythmus und den damit verbundenen Stress halte ich dauerhaft nicht aus
- meine Pflege wird mangels Geduld und offen liegenden Nerven so schlecht, dass eine Heimunterbringung hoffentlich eine Besserung ist
- meine Suche nach einem Heim erfolgt entfernungsunabhängig. Ich suche das hoffentlich "ideale Heim" (darüber berichte ich gerne später, wenn ich Erfahrungen gemacht habe)
- ich bin mir über die Trauer dieses Schritttes bewusst, es ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum Tod.
- es gibt fast nichts mehr, was mich heute an meiner Frau, an die Frau erinnert mit der ich Jahrzehnte lebte und Kinder groß zog.
Gruß Ulrich
ich habe viele deiner Beiträge gelesen, du hast mit deiner Erfahrung und deinem Wissen vielen Usern weitergeholfen und Mut gemacht, auch mir. Diese Entscheidung ist dir mit Sicherheit schwer gefallen, aber alles hat Grenzen, ein Mensch, ein Angehöriger, ist eben kein Roboter, der ununterbrochen zur Verfügung stehen kann. Früher habe ich auch gedacht, dass Pflegebedürftige in ein Heim "abgeschoben" werden, aber wenn man selbst in der Situation steht, sieht man das schon anders.
Du wirst ein gutes Heim finden und damit das Beste für deine Frau, deine Kinder und für dich tun.
Alles Gute für die Suche.
Liebe Grüße. Christel
bei meiner Mutter (58 Jahre) wurde jetzt FTD festgestellt. Sie wurde seit dem Tod meines Vaters vor 6 Jahren immer deprimierter und antriebsloser. Voriges Jahr konnte ich sie dann dazu bringen, zu einer Psychologin zu gehen, welche auch die Diagnose jetzt gestellt hat.
Meine Mutter ist zum Glück noch im Anfangsstadium. Sie lebt allerdings ein paar Kilometer von mir entfernt. Ich bin auch voll berufstätig und habe noch ein schulpflichtiges Kind. Nun weiß ich gar nicht, wie ich das alles geregelt bekommen soll, vor allem wenn sich ihr Zustand mal verschlechtern sollte.
Wie schnell kann man denn damit rechnen? Und sollte man sich jetzt schon evtl. um einen Heimplatz kümmern oder kann ich mir damit noch Zeit lassen?
Wäre dankbar für ein paar Tipps...
der Verlauf ist sehr unterschiedlich, so kann man leider nicht wissen wie schnell oder langsam es voranschreitet. Wenn deine Mutter noch gut alleine zurecht kommt, macht es wenig Sinn schon einen Heimplatz zu suchen. Der sollte, wenn es soweit ist, möglichst auf ihren Bedarf abgestimmt sein und der ist ja jetzt noch nicht abzusehen. Du könntest dich aber jetzt schon mal informieren, welche Einrichtungen es in der Nähe gibt, die mit dieser Erkrankung vertraut sind, das ist nicht so einfach. Ein normales Altenheim klappt meistens nicht gut, eher eine Gerontopsychiatrische Facheinrichtung, oder Demenzspezialisten. Irgendwann muss es vielleicht schnell gehen und dann ist gut, Du bist schon ein bisschen informiert. Kannst ja mal im Forum Fragen, wer fuer euren Wohnort eine Idee hat.
Alles Gute
Tina
ein Heimplatz wird neben dem Thema Betreuung meist ein Thema, wenn Dinge wie Inkontinenz oder andere körperlichen Notwendigkeiten auftreten. Betreuung erfolgt auch sehr gut in Tagesstätten. Empfehlenswert in einem späteren Stadium sind auch Pflegeheime mit größeren Demenzstationen. Für meine Frau fand ich ohne Wartezeiten Plätze. Dies mag regional allerdings unterschiedlich sein.
Bis es so weit ist, oder bei uns war, haben wir intensiv und bewusst Zeit miteinander verbracht und nicht so viel an die Zukunft gedacht. In die wächst man als Angehöriger automatisch hinein.
Liebe Grüße Ulrich
sind Patientenverfügung, Betreuungsvollmacht bzw. Generalvollmacht geklärt?
Gibt es auch eine medizinische Diagnose? Psychologen sind keine Mediziner.
nochmals Gruß Ulrich
erstmal vielen Dank für die Tipps (auch an Tina).
Die Diagnose ist schon medizinisch geklärt. Meine Mutter war auf Veranlassung der Psychologin im Krankenhaus, wo sie verschiedene Tests mit ihr gemacht haben. Und FTD war das Ergebnis.
Da ich das erst diese Woche erfahren habe, habe ich zwecks Vollmachten noch nichts unternehmen können. Ist aber schon geplant, dass das so schnell wie möglich erledigt wird.
Muss mich mit dem ganzen Thema erstmal noch beschäftigen...
Viele Grüße,
Nicole
du solltest mit deinem Patienten einen Neurologen aufsuchen. Da man dort sehr schlecht Termine bekommt, bzw normaler Weise ewig darauf warten muss, kann es geschickt sein, selber in die Praxis zu marschieren und die Sache dringend zu machen. Dann sollte schnell ein Termin machbar sein, bei etwas gutem Willen.
Der Neurologe lässt sich die Probleme schildern, führt bereits erste Tests zum mentalen Status durch. Wenn sich dann der Verdacht erhärtet, dass es eine Demenz sein könnte, wird eine Überweisung zum MRT erfolgen. Nachdem man sehen kann, ob was im Gehirn los ist, erfolgt dann vermutlich eine Einweisung in eine Fachklinik, in der die Erstdiagnose noch mal überprüft wird.
Ich hoffe, dir etwas weiter geholfen zu haben.
Alles Gute,
Lola
dann habt ihr ja schon ein MRT machen lassen. Die genannten Läsionen im Stirnhirn sprechen schon für deine Vermutung. Hat denn der Neurologe keine Verdachtsdiagnose ausgesprochen? Geht dein Mann noch arbeiten?
Kannst du ihn nicht so dazu bringen, dass du sagst, es müsse nun nach 4 Jahren mal überprüft werden, wie sich das weiter entwickelt hat. Ob es zum Stillstand gekommen ist, oder größer wurde etc. Vielleicht sieht er ja so ein, dass ein erneuter Arztbesuch Sinn machen würde.
Kannst du ihn denn so packen, dass du ihm sagst, er könne ja Medikamente bekommen, jetzt, wo es schlimmer geworden ist?
Wenn er partout nicht will, hast du letztlich auch schlechte Karten. Du kannst ihn ja nicht hinschleppen. Zu deiner Entlastung sei gesagt, dass es ohnehin nichts gibt, das die Krankheit stoppen kann.
Du kannst dich aber auf jeden Fall um eine Vorsorgevollmacht kümmern. Macht einfach beide welche, dann fühlt er sich nicht komisch. Das ist eine sehr sinnvolle Sache, auch für völlig gesunde Menschen. Wenn es dann noch schlechter wird mit deinem Mann, hast du auf der rechtlichen Seite wenigstens Ruhe und bekommst keinen fremden Betreuer vor die Nase gesetzt.
Dir und deinem Mann alles Gute!
Lola
die Aussage von dem Neurologen finde ich echt blöd und zeigt nur, dass der keine Ahnung hat. Die fehlende Krankheitseinsicht ist doch ein typisches Symptom für Erkrankungen im Frontalbereich. Das hat mit fehlendem Leidensdruck nun aber auch gar nichts zu tun! Der wird wahrscheinlich nie entstehen. Ich weiß wie blöd das ist, wenn man seinen Mann nicht zum Arzt bekommt, obwohl er offensichtlich erkrankt ist, aber man hat doch eine andere Haltung, wenn man sein Verhalten als Teil der Erkrankung begreift.
Ich selbst habe meinen Mann irgendwann über eine gesetzliche Betreuung zwangseinweisen lassen müssen, nachdem er ziemlich verwahrlost war, um dann endlich eine Diagnose zu bekommen,
Ich denke du hast seinen Rückzug schon richtig eingeordnet, wahrscheinlich ist er einfach überfordert mit sozialen Kontakten. Es ist sehr schwer solche Veränderungen zu erleben. Ichwünsche dir liebe Menschen an deiner Seite, die dich begleiten.
Herzliche Grüße
Tina
Ich bin 19 Jahre alt, lebe noch Zuhause bei meinen Eltern und bei meinem Papa wurde mit 40 Jahren im Jahr 2008 die Diagnose Demenz gestellt.. Hauptberuflich war er Berufskraftfahrer, ist mittlerweile 46 Jahre, er baut immer mehr ab, wird immer aggressiver und kann es nicht wirklich wahrhaben, kein Auto mehr fahren zu dürfen.. In seinen Charakterzügen war er schon immer recht egoistisch und geldbezogen, das tritt jetzt natürlich noch verstärkt auf.. Gerade weil meine Mutti, über alle Vollmachten von Konto etc. verfügt.. Denkt er, dass wir ihn schickanieren wollen und er ja nur der Dumme ist..
Und meine Mutti macht so viel für ihn.. Er weiß es einfach nicht zu schätzen, ist nicht dankbar und versteht nicht, dass er krank ist und nicht mehr alleine klarkommen würde.. Er redet in letzter Zeit ständig davon auszuziehen und einen Schlussstrich zu ziehen.. Wenn das so einfach wäre.. Er macht meine Mutti nur noch fertig, sie ist nervlich am Ende.. Kann keine Nacht mehr durchschlafen.. Hat körperliche Beschwerden wie z.B. Stechen in der Brust oder sonstiges.. Ich kann und will mir das nicht mehr länger angucken.. Für sie wäre es das beste, wenn sie ihre ne Weile nicht sieht bzw. sich mal keine Sorgen macht. Sie geht auch davon aus, dass man einen 46-jährigen, der sich gänzlich dagegen wehrt in eine Tagesklinik geschweige denn in einem Heim unterzukommen.. Es ist ein einziger Zwiespalt, entweder klappt meine Mutti irgendwann zusammen.. Weil sie nicht mehr kann.. Oder mein Papa dreht komplett durch..
Meine Mutti war auch schon bei einer Beratungsstelle für Angehörige.. Aber das war nicht wirklich aufbauend für sie.. Da hat man ihr gesagt, die Angehörigen sollten sich auf die Welt der Demenzkranken einlassen und alles so hinnehmen, für die ist ja alles normal und haben eine Art Scheinwelt, in der sie leben. Aber auf Dauer hält das doch kein Mensch aus, was hat denn meine Mutti noch vom Leben..? Nichts.. Selbst wenn ich sie versuche abzulenken, kann sie nicht abschalten..
Nun ist meine Frage und ich hoffe irgendjemand hier liest meinen Beitrag, wie wären die Schritte zum Heim, gerade wenn der Betroffene sich komplett dagegen sträubt.. Oder gibt es weitere Möglichkeiten..? Man muss dazu sagen, meine Mama und ich selbst sind vollberufstätig.
Ich wäre sehr dankbar über eine oder gerne auch mehrere Antworten.
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag. :)
Das ist wirklich eine schwierige Situation, weil es irgendwie ein Teufelskreis ist. Dein Vater reagiert aufgrund seiner Verunsicherung und Hilflosigkeit mit Aggression und Abwehr. Das ist meistens schwer zu erkennen, aber es hilft wenn man sich das immer wieder klar macht. Ich fürchte aber, deine Mutter ist selbst mit ihrem Schmerz ueber die furchtbare Erkrankung und unangenehme Veränderung ihres Mannes betroffen. Das wird ihr eine Heimeinweisung gegen seinen Willen sehr schwer machen. Dazu müsstet ihr eine umfassende Betreuung und Zwangseinweisung in eine gerschlossene Einrichtun die beim Betreuungsgericht beantragen.
Ein normales Altenheim wird für ihn ohnehin nicht in Frage kommen. Erkundige dich mal welche Einrichtungen bei euch in der Nähe in Frage kommen. Gut wäre eine gerontopsychiatrische Facheinrichtung oder eine spezielle Demenzeinrichtung, auf jeden Fall geschlossen.
Wichtig ist erst einmal, dass deine Mutter Unterstützung und Entlastung für sich selbst bekommt! Zum einen natürlich damit sie selbst wieder Lebensfreude hat aber auch weil es sich umgekehrt auch auf den Erkrankten positiv auswirkt wenn der Angehörige stabil ist. Deine Mutter kann ihm nicht mehr helfen wenn sie zudsmmenklappt. Also erstes Gebot ist Selbstfuersorge!
Ich weiß, alles leichter gesagt als getan. Es ist echt schwer und deshalb braucht man ganz viel Hilfe, vor allem liebe Menschen, die einen begleiten. Vielleicht kannst du Freunde und Familie mehr einspannen. Gibt es eine passende Selbsthilfegruppe in eurer Nähe?
Alles Gute und herzliche Grüße
Tina
Da ich selber in einer ähnlichen Situation stecke wie deine Mutter möchte ich hier einige Gedanken dazu schreiben:
Meine Situation: Ich bin 44 Jahre alt, mein Mann 43 und seit 2 Jahren krank geschrieben (unbekannte Demenz, ähnlich einer Frontotemporalen Demenz, allerdings ist er nicht aggressiv, sondern sehr passiv). Wir haben zwei Kinder 13 und 16.
Dass der Kranke es nicht schätzt, was man für ihn tut, ist krankheitsbedingt. Im frontotemporalen Bereich des Hirns passiert ja gerade das emotionale, das Beurteilen, auch Selbsteinschätzung. Daher ist die Krankheitseinsicht nicht gegeben und somit, kann auch nicht verstanden werden, was man für ihn tut. Eigentlich finde ich es ja ganz gut, dass mein Mann nicht realisiert, wie schlimm seine Krankheit ist, was er alles nicht mehr kann... aber für uns Angehörige ist es auch sehr schwierig damit umzugehen.
Sich auf die Welt des Kranken einlassen. Ich denke, das ist so gemeint, dass man ihn nicht korrigieren soll, nicht versuchen soll, ihn "gesund zu biegen", man soll versuchen, seine Welt aus seiner Sicht zu verstehen. Natürlich gibt es Situationen, in denen man möchte, dass er sich an unsere Regeln hält... Aber vieles muss man wohl einfach akzeptieren und damit leben.
Es soll aber nicht bedeuten, dass es ausser dem Kranken nichts mehr gibt. Wir haben unser eigenes Leben, das im Gegensatz zu demjenigen des Kranken, auch eine langfristige Zukunft hat (gerade in unserem Alter!). Dieses Leben dürfen wir nicht vergessen! Gerade wenn man auch noch Mutter ist, kann man ja gar nicht voll und ganz nur für den Kranken da sein. Die Kinder brauchen mich auch. So selbständig sie in vielem sind, aber sie brauchen mich und ich will ihnen auch eine gute Grundlage für ihr Leben mitgeben. Dabei darf ich aber wie schon erwähnt mich selber nicht vergessen. Es dient niemandem, wenn es mir nicht mehr gut geht! Das ist auch in Gesprächsgruppen immer wieder Thema: wie viel Freiraum brauche ich? Wann/wie nehme ich mir Zeit für mich? Und wie gehe ich damit um (z.B. kein schlechtes Gewissen haben dabei...)? Dazu braucht man Unterstützung von aussen: Familie, Freunde, die einem ermuntern, auch mal was für sich zu tun, Hilfe anbieten, moralisch da sind. Eine Selbsthilfegruppe kann da sehr gut sein, oder auch professionelle psychologische Hilfe - das darf man ungeniert in Anspruch nehmen, denn eine Demenz begleiten ist eine absolute Ausnahme- und Stresssituation!
Allerdings ist das alles viel einfacher gesagt als getan! Es ist ein schwieriger Prozess! Da soll man liebevoll unterstützt werden - gedrängt zu werden ist vielleicht sogar kontraproduktiv.
Es kann auch helfen, wenn man sich verschiedene Einrichtungen ansieht und kennenlernt. So kann man es sich konkreter vorstellen. Wie es ist, jemanden gegen seinen Willen zu platzieren, weiss ich nicht. Aber selber braucht es sicher viel Mut und die Erkenntnis, dass es für das eigene Überleben, die eigene Gesundheit nötig ist.
Und noch etwas anderes: da ich ja selber Kinder habe würde es mich sehr interessieren, wie du in den letzten Jahren mit der Krankheit des Vaters umgegangen bist, wie hast du es erlebt, was hat es für dich bedeutet, fühlst du dich vernachlässigt...?
Es würde mich freuen, wenn du darüber berichten magst - evtl. auch im geschützen Forum für FTD.
Ich wünsche dir und deiner Mutter viel Kraft, mit der schwierigen Situation und den ständigen Veränderungen umzugehen.
Herzlichst Prunella
Vielen Dank für die schnellen Antworten. Das kann ja alles sein, dass dies alles mit zum Krankheitsbild gehört.. Aber ein normaler Mensch kann das einfach nicht über Jahre hinweg alleine stemmen und ohne Weiteres wegstecken. Ich weiß wirklich nicht, wie ich meiner Mutti weiterhelfen kann..
Und bei uns gibt es auch leider keine weiteren Familienmitglieder, die so nett wären uns zu unterstützen, im Gegenteil da bekommt man noch von der Oma zu hören, dass jeder seine gerechte Strafe verdient hat.. Das ist abartig. Wir stehen also ganz alleine da, meine Mutti und ich..
Eigentlich wollten wir auch über Weihnachten/Silvester zu dritt wegfliegen, zum entspannen bzw. brauch sie das auch einfach mal.. Nun ist es so, dass es mit Garantie in Anwesenheit meines Papas zu keiner wirklichen Erholung kommen kann.. Am Wochenende ging es wirklich dramatisch bei uns zu.. Gegenseitiges anschreien, sinnlose Diskussionen die auf nichts hinauslaufen.. Und hinzu kommt, dass er uns den vorderen rechten Reifen am Auto zerstochen hat, aus Wut und wahrscheinlich weil er kein Auto mehr fahren darf, dürfen wir das auch nicht.. Dann haben wir gestern einen Bekannten gebeten, den Ersatzreifen drauf zu montieren.. Tja und heute Morgen wollte meine Mutti wieder auf Arbeiten fahren bzw. im Anschluss in die Werkstatt, da war dann der hintere Rechte Reifen zerstochen... Das ist doch nicht mehr normal.. Ich will mir doch nicht ständig darüber Gedanken machen, ob es meiner Mutti gut geht.. :(
An Prunella: ich muss sagen, da mein Papa ja Berufskraftfahrer auch im Fernverkehr war, war er in meiner Kindheit meist nur am Wochenende da, deshalb lag die Erziehung bei meiner Mutti und ich war es eben von Anfang an gewohnt, klar sind wir dann früher jede Woche schwimmen gewesen und er hätte mir glaube ich jeden Wunsch erfüllt, den man so als kleines Mädchen hat..
Aber als die Krankheit anfing, spielte sich die erste Situation mit mir ab.. Er war der festen Überzeugung, dass er mir 20€ gegeben hatte, damit ich irgendsoein Kabel abhole, hat er aber nie getan, und dann war es für ihn klar, dass ich mir diese 20€ einfach so eingesteckt hatte.. Und er war dann eben ne über ne Woche wütend auf mich, ich war 13 und hatte sogar ein bisschen Angst vor ihm.. Das war auch die Zeit, als sich meine Eltern nur noch stritten..
Und da ich schon immer ein sehr enges Verhältnis/Bindung zu meiner Mutti hatte und habe, und wir immer über alles reden können, war es nie wirklich Thema für mich, ob mein Papa eine feste Bezugsperson für mich noch sein kann.. Die Anfangszeit war echt schwierig, und auch jetzt ist es immernoch ziemlich belastend, aber ich hab mich dran gewöhnt. Ich bin sowieso eher der Optimist hier, was sehr hilft, wo hingegen meine Mutti eher pessimistisch eingestellt ist..
Und natürlich tut mir mein Papa auch leid, aber ich glaube in so einer Situation muss man sich irgendwie entscheiden.. Und ich bin ziemlich davon überzeugt, dass meine Mutti die größere Unterstützung braucht und er wirklich bald nicht mehr hier leben kann.. Sonst steht sie das nicht mehr durch..
Vielleicht auch erstmal mit einer kurzzeitpflege, wenigstens in der Zeit des Urlaubs.. Also wenn dazu jmd Adressen hat, fände ich das super. :)
Und was ich auch toll finde, ist diese Homepage hier, auch wenn man nicht glaubt, dass es etwas bringt, hier über seine Probleme zu schreiben, aber doch ich finde es hilft schon sehr.
Und Prunella, wo kommst du denn her? Vielleicht könnte man ja mal ein Treffen zwischen dir und meiner Mutti vereinbaren oder so.
Bis dann!